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Florian Alt: Klartext über fehlenden WM-Nachwuchs

Von Esther Babel
Florian Alt gewann 2012 als bisher einziger Deutscher den Red Bull Rookies-Cup. Aus der GP-Karriere wurde nichts. Der Weg bis heute war steinig, und er sieht viele Dinge kritisch. Die Superbike-WM ist das Ziel.

Das Jahr 2012 dürfte das bisher erfolgreichste Motorsportjahr in der Karriere von Florian Alt gewesen sein, als er im jugendlichen Alter von 16 Jahren sowohl den Titel in der IDM 125 als auch im Red Bull Rookies-Cup gewann. Ging es bis dahin für den heute 22-Jährigen immer steil nach oben, folgte danach auch das eine oder andere mühsame Jahr.

Nach dem doppelten Titelgewinn ging es 2013 in die Moto3-WM mit dem Team Kiefer Racing. Alt konnte vor der saision kaum mit dem ungewohnten 250-ccm-Viertakter Kalex-KTM testen. Der Vertrag wurde nach einer punktelosen Premieren-Saison nicht verlängert.

Nach dem Vizetitel 2014 in der CEV Repsol-Moto2-Meisterschaft hinter Jesko Raffin ging es ein Jahr später mit einem Moto2-WM-Vertrag beim Team Ioda Racing weiter. Auch hier erhielt Alt nach dem Lernjahr keine zweite Chance.

2016 und 2017 kehrte Alt zurück in die IDM, dieses Mal mit einer Yamaha R1. In beiden Jahren eroberte er den Vizetitel der Superbike-Klasse. 2017 war er einer der wenigen Piloten, die dem übermächtigen Markus Reiterberger, der den Titel zum dritten Mal gewann, gelegentlich Kontra bieten konnte. Doch auch da gab es für ihn kein Weiterkommen. Die Reifenfrage war in der IDM 2018 bis März offen und Yamaha Deutschland fuhr unter dem neuen Chef Marcel Driessen das Engagement im bis dahin offiziellen IDM-Yamaha-Team um Michael Galinski drastisch zurück.

Alt setzte sich in die Langstrecken-WM ab und ist seitdem für das französische Team Viltais Experience unterwegs.

Jetzt spricht Florian Alt offen über seine Vergangenheit, über seine Wünsche für die Nachwuchsarbeit und seine eigene Zukunft.

Es ist mehr als drei Jahre her, dass du in der Moto2-WM unterwegs warst. Wie erinnerst du dich heute, mit etwas Abstand, an die Zeit?

Positiv ausgedrückt, war es eine sehr lehrreiche Zeit. Vor allem habe ich gelernt, wie es nicht funktioniert. Ich war nicht vorbereitet, weder mental noch inhaltlich, den Markenwechsel von Kalex auf die Suter haben wir vollkommen unterschätzt und die Finanzprobleme des Teams haben für das Übrige gesorgt.

Als ich nach Brünn die Reißleine gezogen und vieles geändert habe, im Team und meinem Umfeld, wurde es gleich besser und ich begann, wieder Vertrauen in mich aufzubauen. Aber da war der Zug leider schon abgefahren. Zusammengefasst wäre es besser gewesen, unter diesen Umständen nicht in die Moto2 zu gehen und auf eine bessere Gelegenheit zu warten. Die gab es später auch, aber es wurde bis dahin zu viel Geld verbrannt. Und eines ist klar, ohne Cash geht für einen Deutschen im Grand Prix Sport nichts. Es sei denn, man kann große Erfolge vorweisen. Ein Red Bull Rookies Cup-Titel oder eine Deutsche Meisterschaft zählen da gar nicht.

Jetzt fährst du Langstrecken-WM. Ist das nicht eigentlich eine Serie, die man eher zum Schluss seiner Karriere anhängt?

Wenn man mal einen Blick auf das Engagement der Werke wirft, die Besetzung der Fahrerplätze, vor allem der Top-Teams anschaut, sich das TV-Coverage von Eurosport vergegenwärtigt und die Begeisterung der vielen Zuschauer an den Strecken – vor allem in Frankreich und Japan – ansieht, dann bin ich sicher, das Richtige zu tun.

Denn hier komme ich viel besser in Kontakt mit der internationalen Szene und mit den Teams als es eine IDM jemals vermag.

So wurde ich zum Testfahrer für Dunlop und konnte wieder mehr Erfahrung gewinnen. In einem Team zu fahren bedeutet auch, ein Bike mit drei Kollegen zu teilen, also eben nicht mit optimal auf sich zugeschnittenen Bedingungen bestmögliche Leistungen zu zeigen.

Auch dass ich mich ganz bewusst für ein französisches Team entschieden habe, ist Teil der Strategie, meinen Weg zu gehen.

Nächstes Jahr wird es den nächsten Schritt geben, dann kommt das Suzuka Eight Hours und eine kleine Überraschung. Mein Fazit kann daher nur positiv ausfallen.

Warum ging es für dich und Kollegen wie Luca Grünwald oder Toni Finsterbusch nicht weiter in der WM? Hättest du dir eine zweite Chance gewünscht? Hättest du unter anderen Umständen im zweiten Jahr bessere Ergebnisse bringen können?

Was Luca oder Toni betrifft musst du sie selber fragen. Ich hatte zwei Angebote nach dem desaströsen Jahr mit Ioda-Racing für die Moto2-WM, sogar noch ein drittes von Ioda. Aber wir wurde schnell klar, dass man da nur der Goldesel ist, damit entweder der zweite Fahrer bezahlt werden kann oder das Team so dünn finanziert ist, dass es von vorneherein sehr kritisch um die Finanzen stand.

Aber so etwas kam nicht mehr in Frage. Man darf sich da auch keinen Illusionen hingeben. Welchen Grund kann es sonst für beispielsweise ein italienisches oder spanisches Team geben, einen nicht erfolgreichen Fahrer aus Deutschland zu holen, wenn nicht das Geld? Hier hat man nur die Chance ohne eine Mitgift, wenn man bewiesen hat, dass man auf diesem Niveau dem Team Erfolg bringen kann.

Das kann auch funktionieren, siehe Jonas Folger. Dann kommt aber noch erschwerend hinzu, dass sich einige Teams ganz wohl in der Rolle fühlen, dabei zu sein, fremdfinanziert von Fahrern zu werden, um einfach mitzufahren. Gewinnen steht da nicht auf der Tagesordnung.

Du bist gerade mal 22 Jahre alt. Hast du noch Ambitionen in Sachen WM, sei es Moto2-GP oder Superbike-WM?

Natürlich, das war, ist und bleibt mein Ziel. Nicht Moto2, und realistischerweise auch leider nicht MotoGP, da braucht man unglaubliches Glück, sofern man nicht auf Geldsäcken schläft. Aber die Superbike-WM ist mein erklärtes Ziel. Und wir haben für uns einen Weg entwickelt, um dahin zu kommen.

Die Superstock-EM hatten wir schon 2017 verworfen, die erschien uns nicht zielführend, da diese Serie eingestampft wird. Auch da hatte ich Angebote. Aus dem gleichen Grund bin ich auch nicht die IDM gefahren. Angebote gab es zuhauf, aber ich wäre nur gefahren, wenn es eine realistische Titelchance mit einem Top-Set-up an den Start zu gehen, gegeben hätte. Und ich wollte unbedingt bei Yamaha bleiben. Beides zu verbinden, ließ sich nicht realisieren.

Und wie schon gesagt, die IDM ist nicht die Empfehlung für eine internationale Karriere. Aber ich bin der Überzeugung, dass sie es sein könnte.

Deutsche sind bei den verschiedenen Weltmeisterschaften kaum noch zu finden. Hast du eine Idee, woran das liegt? Und was hättest du damals als Fahrer anders machen können?

Ja, natürlich habe ich das. Zum einen sind die deutschen Motorradsportler national, aber vor allem auch international nicht entsprechend vertreten. In der FIM haben die Deutschen einfach keine Lobby. Dann kommt hinzu, dass es keine entsprechende Struktur der Leistungsförderung gibt. Hier müsste viel mehr geschehen, allein z.B. der Standortnachteil durch Klima- und Wetterbedingungen bedürfen ein viel größeres Engagement, um jungen Talenten den Weg zu ebnen.

Ich bin doch das beste Beispiel, ich habe so ziemlich alles gewonnen, was es als Kind und Jugendlicher zu gewinnen gibt.

Meine Familie hat sich dafür aufgeopfert und alles gegeben. Aber wenn es in das Haifischbecken Profisport geht, fehlt es an jedem Support und Beratungsleistung oder Netzwerkunterstützung seitens der Institutionen hier in Deutschland. Und dann passieren eben die genannten Fehler.

Das ist in Spanien ganz anders. Unsere Effizienz ist einfach schlecht, viele Talente bleiben daher auf der Strecke. Und das mache ich auch an unserer fehlenden Struktur fest. Das wäre die Grundlage, um die Situation nachhaltig zu ändern.
Aber auch damit ist und bleibt die Luft oben ganz dünn, darüber muss man sich auch im Klaren sein. Und ein Jahrhunderttalent wie z.B. Marc Marquez wäre auch als Deutscher erfolgreich.
Mit dem Wissen von heute hätte ich schon während meiner Rookies-Zeit bei Red Bull entsprechende Weichen gestellt, hätte bereits zu diesem Zeitpunkt ein entsprechendes Management, wäre noch früher ernsthafter an die Materie herangetreten und hätte vor allem genauer hin geschaut und mir mehr Zeit gelassen, bei der Überlegung der nächsten Schritte.

Stell' dir vor du hättest beim Thema Motorsport-Nachwuchs einen Wunsch frei. Was stünde da ganz oben auf dem Zettel?

Ich würde mir wünschen, dass der DMSB mit dem ADAC eine entsprechende Struktur, wie oben angedeutet, entwickelt. Ich würde mich gerne da einbringen. Erfahrungen, gute wie schlechte, habe ich zuhauf gemacht. Und ich würde mir wünschen, dass wir in Deutschland wieder ein nationales Format entwickeln, welches zusammen mit der Struktur wieder ein Schaufenster unserer Leistungsfähigkeit abgibt. Die IDM hat es verdient, wieder viel stärker unterstützt zu werden.

Wir dürfen doch nicht vergessen, dass der Motorradmarkt in Deutschland rückläufig ist. Ich halte es übrigens für vollkommen falsch, immer mit dem Finger auf die Hersteller zu zeigen. Die engagieren sich sehr stark für die IDM, angesichts der Verkaufszahlen der Superbikes ist das keine Selbstverständlichkeit.

Auch viele Teams müssen sich anders aufstellen, immer darauf zu setzen, dass die Hersteller oder die «pay rider» das schon machen, ist keine Lösung. Da leidet mittelfristig die Qualität drunter, und dann haben wir wieder das Problem des Anschlusses an internationale Serien. Darauf habe ich schon mehrfach hingewiesen.

Hast du schon Pläne für die kommende Saison und werden wir dich neben der Langstrecken-WM noch woanders zu sehen bekommen?

Ja, natürlich. Ich werde mir wieder Angebote der nationalen Klassen anschauen, und wenn da eines dabei ist, bei dem ich um den Titel fahren kann, würde ich auch starten.

Dann werde ich wohl weiter einige Gaststarts im Zuge meiner Reifentesttätigkeit unternehmen. Wir arbeiten auch an der einen oder andern Überraschung, u.a. arbeiten wir gerade an Starts in der Superbike-WM.

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