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Sandro Cortese (Kalex): «Von Tiefpunkt zu Tiefpunkt»

Von Günther Wiesinger
«Für mich beginnt die Moto2-WM in Indy neu», sagt Sandro Cortese. Er fuhr zuletzt zu verkrampft. «Jetzt will ich noch ein paar Topergebnisse einfahren.»

Sandro Cortese (25) verbrachte die Sommerpause als WM-Fünfzehnter, durch die Nuller in Barcelona und Assen war er in der Tabelle abgerutscht, beim GP von Deutschland gelang dem Kalex-Fahrer aus dem Dynavolt Intact-GP Team immerhin Rang 11.

Der Moto3-Weltmeister von 2012 nahm im Interview mit SPEEDWEEK.com zur verpatzten ersten Saisonhälfte Stellung.

Sandro, du hast bei den letzten drei Rennen nur fünf WM-Punkte kassiert. Das war keine Performance, die für eine entspannte Sommerpause gesorgt hat? Wie baust du dich wieder auf?

Ja, wir haben ja schon gesagt, dass die Ergebnisse 2015 echt unter unseren Erwartungen geblieben sind. Das waren nicht nur die letzten Rennen, sondern es war generell die erste Saisonhälfte so. Von Doha weg, wo ich mit Platz 7 noch gut gestartet bin. Das war eigentlich das beste Rennen in dieser Saison. Wir waren dort nicht weit weg von den Top-Jungs. Aber von da an ging es für uns eher rückwärts.
Ich bin nach dem Sachsenring daheim geblieben in Berkheim, ich war nicht im Urlaub. Ich habe die Zeit daheim genossen, was auch mal ganz gut tut.
Ich habe trainiert, ich bin Rennrad gefahren und habe die Tage teilweise mit Freunden verbracht.

Du hast auf dem Sachsenring über «arm pump» geklagt, dich aber nicht operieren lassen? Warum?

Ich habe mich von einem Spezialisten untersuchen lassen. Er hat mir von einer Operation abgeraten. Er sagte, es ist bei mir nicht das Compartement-Syndrom. Auch ein Neurologe hat mich untersucht, da ging es um Nervenströme, auch von der Halswirbelsäule weg, da war alles in Ordnung.
Ich bin in Sachsen einfach zu verkrampft gefahren. Deshalb ist das «arm pump» bei mir aufgetreten, zum ersten Mal – und nur links. Vielleicht auch durch die vielen Linkskurven.
Alex Rins hat die Beschwerden auch links gehabt.
Mein Arzt sagte auf jeden Fall: Eine Operation ist der letzte Ausweg. Zwei Ärzte haben mir empfohlen, momentan nicht zu operieren.

Und durch die verkrampfte Fahrweise hat dich dann beim deutschen WM-Lauf auch die Kraft verlassen? Du warst nach vier Runden Fünfter, im Ziel Elfter.

Ja, dieses Problem hat sich wie ein roter Faden durch das Rennen gezogen. Von meiner Seite her hat die Lockerheit gefehlt.
Ich wollte unbedingt ein Highlight setzen. In den ersten fünf, zehn Runden war ich ja dabei. In Runde 12 lag ich noch an achter Stelle.
Anfangs habe ich gedacht: «Heute geht was.» Ich habe gepusht und gepusht, statt einfach locker mitzufahren. Ich wollte zuviel, deshalb ging es wieder rückwärts.
Ich habe mich jetzt daheim erholt. Für mich beginnt in Indianapolis sozusagen die Saison wieder neu. Ich will jetzt angreifen.
Wir müssen jetzt nicht mehr auf das Endergebnis schauen, sondern gute Rennen fahren. Das heisst, wir schauen von Rennen zu Rennen und bemühen uns, Topergebnisse einzufahren. Alles andere bringt nichts.

Wie willst du vermeiden, dass du wieder in den alten Trott fällst – zu nervös, zu verkrampft?

Ich habe versucht, jetzt ein bisschen abzuschalten. In der Meisterschaft ist es schwierig, jetzt noch diesen oder jenen Platz anzustreben.
Mein Ziel ist es, auf die einzelnen Rennen hinzuarbeiten. Den Druck habe ich ja nicht mehr. Ich muss zeigen, dass ich gut fahren kann. Ich möchte Spass haben am Fahren und die Leistung dann auch im Rennen umsetzen.

Bei dir fehlt auch in der dritten Moto2-Saison die Konstanz. Du fährst oft extrem starke freie Trainings, im Quali und im Rennen bringst du es oft nicht auf den Punkt. Zwischendurch passieren häufig Stürze.

Das ist schwierig. Wir arbeiten echt hart. Wir versuchen unser Bestes.
Für mich und für das Team fehlt einfach ein Highlight, auf dem wir aufbauen können.
Wenn man von einem Tiefpunkt in den nächsten stolpert, ist es schwierig zu sagen: Jetzt hauen wir ein Topresultat raus.
Wenn mal der Fluss drin ist, fällt das leichter.

Du verwendest Gabel und Federbeine von Öhlins Suspension. Viele Gegner vertrauen auf WP-Produkte aus Österreich. Hat dich das verunsichert?

Nein. Siméon hat den Deutschland-GP mit Öhlins gewonnen, Rabat ist mit Öhlins WM-Zweiter. Wir haben in diesem Punkt keine Nachteile, besonders seit wir die neue Gabel erhalten haben.

Hast du dich im Winter zu stark unter Druck gesetzt? Du hast vom Titelgewinn geredet, du wolltest konstant um Podestplätze fighten?

Ja, ich denke, das haben wir uns alle vorgenommen. Nicht nur ich als Fahrer, sondern auch das Team.
Die Zielsetzung von uns allen war hoch. Das hat uns alle unter einen gewissen Druck gesetzt. Wenn es dann von Anfang an nicht läuft, versucht man es im nächsten Rennen und beim übernächsten. Wenn es dann immer noch nicht läuft, wird es umso schwieriger.
Die Realität ist einfach so, dass wir in der WM dort stehen, wo wir nicht sein wollen.
Aber wir haben noch neun Rennen Zeit, um zu zeigen, dass wir trotzdem eine starke Truppe sind. Wir können in Indy gleich damit anfangen.

Du bist WM-Fünfzehnter. Aber der neunte WM-Rang von Kallio ist nur zwölf Punkte entfernt? Das ist noch ein Ziel?

Ja, es ist auf jeden Fall die Zielsetzung da, in der WM-Position wieder einstellig zu werden. Das muss auch erreicht werden. Da dürfen wir nicht drum rum schwätzen.

Du warst 2014 Dritter beim Brünn-GP. Von Podestplätzen willst du vorläufig nicht mehr reden?

Jetzt fangen wir mal in Indy wieder an. Wir möchten dort ein gutes Wochenende haben, mitsamt Qualifying und Rennen.
Wir müssen uns von Rennen zu Rennen steigern
Wir können jetzt nicht nach Indy gehen und sagen: Jetzt ist alles super, wir greifen an und gewinnen das Rennen. Wir müssen gut in die zweite Saisonhälfte starten. Jetzt kommen lauter Rennstrecken, auf den ich auch in der Vergangenheit immer gut gefahren bin. Darum denke ich, dass wir jetzt gute Ergebnisse erzielen können.

Also immer punkten und auf diese Weise schrittweise mehr Selbstvertrauen aufbauen?

Genau. Ich bin in den letzten drei Rennen nicht gestürzt. Aber wir müssen einfach viel weiter vorne sein.

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