Muss die Moto3 in Übersee immer im Programm sein?
Das Sterilgarda Max Racing-Team von Max Biaggi und Peter Öttl bestreitet die Moto3-Saison 2020 mit dem Italiener Romano Fenati und dem Spanier Alonso Lopez, sie bilden erstmals das offizielle Husqvarna-Werksteam. Die Zweitmarke von KTM steigt also nach den zwei Jahren 2014 und 2015 zum zweiten Mal in die 250-ccm-Viertakt-Einzylinder-Klasse ein.
Teamteilhaber Peter Öttl hoffte in den düstersten Zeiten der Coronakrise auf ein reduziertes Rennprogramm 2021, da er davon ausging, dass er es schwierig sein würde, das Rennbudget wie ursprünglich für dieses Jahr vorgesehen wieder auf das Niveau von 1,5 Millionen Euro zu pushen.
«Für die Dorna ist es unheimlich wichtig, die geplanten 20 Grand Prix zu haben, weil das mehr Einnahmen durch die Veranstalter, die TV-Rechte, die GP-Namensrechte und die Bandenwerbung bedeutet. Deshalb wird sich die Dorna bemühen, die geplante Anzahl von Rennen durchführen zu können. Und die Einnahmen werden ja teilweise an die Teams weitergegeben. Aber die zusätzlichen Rennen sind ja meistens Übersee-Rennen, deshalb decken dort die Zusatzeinnahmen der Teams die zusätzlichen Kosten für die teuren weiten Reisen nicht ab. Diese Mehrkosten kann ich auf die Sponsoren nicht umlegen.»
Für die Jahre nach 2021 werden die Teams statt maximal 20 Grand Prix im Jahr sogar maximal 22 bewältigen müssen. Deshalb werden die Anzahl der Wintertests schrittweise reduziert. 2020 findet kein MotoGP-Test in Valencia mehr statt, es wird dann nur noch in Jerez gefahren.
«Auch wenn ich mit den Teamchef-Kollegen aus anderen Rennställen rede, auch mit jenen aus Spanien, dann sagen sie das Gleiche», berichtet Öttl. «Es wird einfach immer schwieriger, die erforderlichen Sponsorsummen zu akquirieren, gleichzeitig müssen wir immer mehr Rennen finanzieren. Für die MotoGP mag das soweit okay sein, obwohl Pit Beirer jetzt auch sagt, Übersee-Rennen will er sich 2020 wegen der angespannten Budgetsituation und der erheblichen zusätzlichen Kosten lieber ersparen. Momentan wären für uns weniger Rennen besser. Denn die Qualität der Weltmeisterschaft leidet ja nicht darunter. Wenn wir 18 statt 22 Rennen haben, haben wir immer noch eine gute Weltmeisterschaft. Man muss es nicht übertreiben.»
In der Vergangenheit wurden inklusive Seitenwagen und 50 oder 80 ccm, 350 ccm sowie Seitenwagen bis zu sechs WM-Klassen ausgetragen. Die Veranstalter mussten mindestens vier Kategorien auswählen. Aber manche Veranstalter in Übersee wählten auch nur zwei Klassen (250 und 500 ccm), zum Beispiel in Laguna Seca 1988. In Buenos Aires 1981 wurde hingegen keine 500-ccm-Klasse ausgetragen. Nur in Deutschland und in den Niederlanden wurden immer alle sechs Klassen gefahren.
1992 übernahm die Dorna mit Ecclestone die Macht im GP-Sport von der FIM. Damals wurde die Anzahl der Klassen auf drei reduziert: 125, 250 und 500 ccm. Seit der Dorna-Ära werden immer alle drei Klassen ins Programm aufgenommen.
Aber besonders bei den Übersee-Events existiert in manchen Ländern kaum Interesse an der Moto3, zum Beispiel in Australien oder in Texas.
Könnte sich Öttl damit abfinden, wenn die Moto3-WM künftig bei manchen entlegenen Übersee-Rennen einfach aus dem Programm gestrichen würde?
«Das ist ein Thema, das ich nicht beeinflussen und entscheiden kann», räumt Peter Öttl ein. «Wenn man als Team in der Weltmeisterschaft mitfährt, muss man die Gegebenheiten so akzeptieren, wie sie sind. Aber für die Teams in den kleinen Klassen ist es definitiv nicht einfach. Trotzdem braucht die Dorna vielleicht künftig noch mehr Rennen, um alles zu kompensieren, was 2020 entfallen ist.»
Bisher wird jedem GP-Veranstalter ein Paket mit drei GP-Klassen zugesichert. Aber in manchen Übersee-Ländern mischen keine lokalen Fahrer in der Moto3-Klasse mit, am Publikumsaufmarsch würde sich also nichts ändern. Im Gegenteil: Mehr nationale Rahmenrennen mit heimischen Helden wären für die Zuschauer oft attraktiver.
Auch eine andere Idee zur Kostensenkung könnte debattiert werden: Man könnte die Motoren-Entwicklung in der Moto3 künftig immer gleich für zwei statt für ein Jahr einfrieren, wie es jetzt wegen der Covid-19-Seuche verordnet worden ist.
«Momentan wäre vielleicht ein guter Zeitpunkt für so ein Konzept, weil KTM und Honda ziemlich ebenbürtig sind», meint Öttl. «KTM und Husqvarna sind konkurrenzfähig. Wenn ein Hersteller technisch hinterherhinkt, wäre es sicher ein ungünstiger Zeitpunkt.»
Aber man könnte dann einem «concession team» mit wenig Podestplätzen wie in der MotoGP technische Privilegien (mehr Tests, mehr Updates, Entwicklung nicht ab dem Saisonstart eingefroren) einräumen, bis der Rückstand wieder aufgeholt worden ist.
«Jede Änderung muss gut überlegt sein», weiß Öttl. «Denn die Hersteller müssen neue Motorräder verkaufen, um ihre Kosten wieder hereinzubringen. Man muss vielleicht in Zukunft manche Kompromisse machen.»