MotoGP-Finale: Verschiebung, Verlegung, Absage?

2-facher Deutscher Meister Wolfgang Müller verstorben

Von Michael Sonnick
Wolfgang Müller (rechts) mit seinem Freund und Rennfahrerkollegen Gerhard Singer

Wolfgang Müller (rechts) mit seinem Freund und Rennfahrerkollegen Gerhard Singer

Wolfgang Müller, der zweifache Deutsche Meister (1977 und 1980) in der 50-ccm-Klasse, ist Ende Juni im Alter von 70 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben.

Wolfgang Müller wurde am 26. Dezember 1949 in Stuttgart Bad-Cannstatt geboren und zog mit seinen Eltern im Alter von sechs Jahren nach Stuttgart-Büsnau um. Der kleine Vorort von Stuttgart liegt direkt an der ehemaligen Solitude-Rennstrecke. Dort fanden zu dieser Zeit große internationale Motorrad- und Autorennen statt, wo er berühmte Rennfahrer wie Phil Read, Jim Redman, Dan Gurney und Jim Clark persönlich kennenlernte.

Im Alter von 14 Jahren wollte Wolfgang Formel 1-Rennfahrer werden und erkundigte sich 1962 in England, was ein Lotus 21 kostet. Die Post mit Prospekt und dem Preis von 42.000 DM (ca. 21.000 EUR) war ernüchternd und überstieg bei weitem seine finanziellen Möglichkeiten.

Mit 16 Jahren wurde dann ein Moped angeschafft. So entwickelte sich eine Liebe zu filigraner Technik und die Idee 50 ccm Rennen zu fahren. Gerade mit der Lehre als Retuscheur fertig, wurde vom ersten Gesellenlohn eine Rennmaschine angeschafft.

Wolfgang Müller nannte 1968 beim Flugplatzrennen in Mainz-Finthen. Aber die Maschine war so schlecht, dass er sich für das Rennen nicht qualifizieren konnte. Zum Glück gab es dann Ende 1968 von Kreidler den luftgekühlten Rennsatz. Für diesen Motor baute ihm sein Freund Ernst Mammen über den Winter ein eigenes Fahrgestell.

In einem DKW wurde der Beifahrersitz ausgebaut, damit die Rennmaschine reinpasste, mit einem Zweimannzelt im Kofferraum fuhren sie zu den nationalen «JUPO-Ausweisrennen». Nach anfänglich bescheidenen Erfolgen stellten sich im Laufe der Jahre und mit wachsender Erfahrung gute Platzierungen und die ersten Siege ein.

Das Ziel war, die erforderlichen Punkte zur Erlangung der internationalen Fahrerlizenz zu sammeln und an GP-Rennen teilzunehmen.

Ab 1973 gab es von Kreidler den wassergekühlten Drehschieber Rennmotor, den er zunächst mit serienmäßiger Kupplung und 5-Gang-Getriebe einsetzte. 1974 war dann für Wolfgang Müller das erste Jahr mit internationaler Lizenz. Zunächst beteiligte er sich an der Deutschen Meisterschaft und einigen internationalen Rennen in Frankreich, Holland, Belgien und Österreich.

Ab 1976 verwendete Müller ein 6-Gang-Getriebe mit Trockenkupplung vom Stuttgarter Spezialisten und späterem Projektleiter bei Van Veen, Martin Ziegler.

Für Müller war es schwierig an Grand Prix-Starts zu kommen. Seinen ersten WM-Lauf bestritt er am 16. Mai 1976 beim GP der Nationen in Mugello und qualifizierte sich als Zehnter gleich beim ersten GP. Im Rennen kämpfte Müller in einer Gruppe von Fahrern und belegte den 12. Platz. Zum ersten WM-Punkt fehlten nur 1,1 Sekunden. Klappen sollte es damit am 29. August 1976 beim Heim-GP von Deutschland auf dem Nürburgring: Vom siebten Startplatz aus ging Müller ins Rennen und holte sich mit Platz 7 seine ersten vier WM-Zähler ab. In der Endabrechnung belegte er den 21. WM-Rang.

Durch diesen Erfolg konnte Wolfgang Müller ab 1977 an allen GP-Rennen teilzunehmen. Doch auch in dieser Saison fuhr Müller nur beim GP von Assen/NL als Siebter und zweitbester Deutscher Fahrer in die Punkteränge.

In der Deutschen Meisterschaft feierte Wolfgang Müller 1977 beim ersten Rennen gleich einen Sieg. Bei den folgenden Läufen entwickelte sich ein spannender Kampf mit seinem Freund Hagen Klein und Ingo Emmerich um den Meistertitel. Von sechs Rennen gewann Müller dreimal und wurde dreimal Zweiter. Auf der Kreidler 50 ccm feierte er seinen ersten Deutschen Meistertitel.

Mit einem von Jan de Vries überarbeiteten Zylinder gelang Wolfgang Müller 1978 gleich beim ersten Grand Prix im spanischen Jarama mit dem vierten Platz das beste Grand Prix-Ergebnis in seiner Karriere. Müller holte bei allen folgenden Grand Prix WM-Punkte und beendete die Weltmeisterschaft mit 28 Punkten als Gesamtvierter und bester Deutscher Fahrer. In der Deutschen Meisterschaft wurde Müller hinter Reiner Scheidhauer aus Saarbrücken Deutscher Vizemeister.

Der Rennfahrer Wolfgang Müller wurde immer professioneller und konnte einige gute Sponsoren für sich gewinnen. Er fuhr im Nava-Team des Nava-Helmimporteurs Wolfgang Kucera zusammen mit Reinhold Roth, dies ermöglichte ihm ab 1979 als Profi zu agieren.

Leider verlief die Saison 1979 aber nicht nach Wunsch: In der DM wurde Müller Vierter und in der WM belegte er mit neun Punkten den 16. Endrang. Sein bestes Ergebnis war der fünfte Platz beim Assen-GP.

Die Saison 1980 wurde sehr gut vorbereitet in Angriff genommen. Über den Winter entstanden in Zusammenarbeit mit Werner «Mini» Koch, Redakteur bei «Motorrad», verbesserte Zylinder und verschiedene Auspuffanlagen. Diese Teile wurden dann im Frühjahr auf einer Rennstrecke in Südfrankreich eine Woche lang getestet. Müller ging hochmotiviert in die neue Rennsaison. Die Ergebnisse bei den Grand Prix waren allerdings wechselhaft. Zwei sechste Plätze in Zolder/Belgien und beim Heim-GP auf dem Nürburgring waren die besten Platzierungen. Mit 15 Punkten wurde Wolfgang Müller 1980 als bester deutscher Fahrer in der Schnapsglasklasse WM-Zehnter. In der Deutschen Meisterschaft zeigte sich früh, dass ein Titelgewinn möglich war. Bei einigen Rennen war er so überlegen, dass ihm seine Boxenmannschaft das Signal «genug» zeigte. Bei seinem letzten Rennen auf dem Flugplatzkurs Mainz- Finthen sicherte sich Wolfgang Müller zum zweiten Mal nach 1977 die Deutsche Meisterschaft.

Danach zeichnete sich ab, dass die 50 ccm Klasse nicht mehr lange bestehen würde und die 80 ccm Klasse in Planung war. Dies und ein Angebot vom Sommer 1980, eine kleine Firma zu übernehmen, einen Betrieb im grafischen Gewerbe, wo er in seinen erlernten Beruf des Fotoretuscheurs zurückkehren konnte, führte schon früh zu dem Entschluss, nach elf Jahren Motorradrennen zu neuen Zielen aufzubrechen. Der zweite Meistertitel war ein gelungener Abschluss, seine Karriere als Motorradrennfahrer zu beenden.

Mit großem Engagement machte sich Wolfgang Müller mit seiner Frau Rita dann 1981 als Illustrator selbstständig. Im Laufe der Jahre spezialisierte er sich auf die Darstellung von Autos und Motorrädern. Computerretuschen von Autos und technische Grafiken fertigte er für den Motorpresse-Verlag aus Stuttgart. Er machte sich außerdem einen Namen mit seinen Zeichnungen, Grafiken und Gemälden aus der Geschichte des Automobils und des Rennsports.

Auch dem Motorrad ist Wolfgang Müller treu geblieben. Er war auf Urlaubsfahrten und Ausflügen im nahegelegenen Schwarzwald mit einer 18 Jahre alten Honda 900 F2 – Bol d’Or unterwegs und zeigte mit unterlegener Technik den Jüngeren, wo «der Bartel den Most holt».

Mit seiner neuen alten «Auto-Liebe» nahm Müller mit einem Renault Alpine A 110 Baujahr 1975 an Oldtimer-Veranstaltungen und Club-Rennen teil.

Vor Jahren beschäftigte ihn der Gedanke um den Verbleib seiner letzten 50 ccm Rennmaschine. Es handelt sich um ein Hummel-Fahrgestell mit der Nummer 76006. Die komplette Maschine verkaufte Müller am Ende der Saison 1980 an den Frankfurter Rennfahrer Klaus Kull, der sie mit der damaligen Rennfahrerin Inge Ahrens einsetzte.

Später ging Wolfgang Müller bei Motorradklassik-Veranstaltungen in Assen/NL, Hockenheim, Sachsenring, Spa/B, usw. an den Start und war ein gern gesehener Gast. Er startete auf Maico in der 125 ccm Klasse und erwarb später von seinem früheren Rennfahrerkollegen Thomas Engl dessen 125 ccm Honda Production Racer. Zuletzt war er auf einer Suzuki RGV 250 ccm unterwegs.

Wir werden den sympathischen Wolfgang Müller in guter Erinnerung behalten, Ruhe in Frieden!

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