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Das Dilemma um den fehlenden Zweirad-Nachwuchs

Stefan Bradl in Repsol-Honda-Farben: Wann gibt es den nächsten deutschen Weltmeister und MotoGP-Stammfahrer?

Stefan Bradl in Repsol-Honda-Farben: Wann gibt es den nächsten deutschen Weltmeister und MotoGP-Stammfahrer?

Das Beispiel Neuseeland zeigt eine Problematik auf, die viele Länder betrifft. Denn auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz stellt sich die Frage: Wo bleibt der nächste GP-Star?

Die einzigen Motorsport-Serien, über die in Neuseeland noch berichtet werden, sind die Formel 1 und manchmal IndyCar. Am Wochenende schrieb beispielsweise die «Bay of Plenty Times», eine der größten Tageszeitungen des Landes, auf der Rückseite über den 21. Indy-500-Start von Scott Dixon.

Abgesehen von ein paar Stücken hier und da scheint die Tatsache, dass Dixon längst zu einer Ikone des IndyCar-Rennsports geworden ist, in den neuseeländischen Medien jedoch verloren gegangen zu sein... Und das ist nur ein Beispiel für die geringe öffentliche Wahrnehmung des Motorsports am anderen Ende der Welt.

Dabei gab es eine Zeit, zu der neuseeländische Motorrad-Rennfahrer in vielen Zweirad-Serien konkurrenzfähig waren: Ronnie Moore, Barry Briggs, Ivan Mauger, Hugh Anderson, Keith Turner, Ginger Molloy, Kim Newcombe, Stuart Avant, Graeme Crosby, Aaron Slight, Simon Crafar, Darryl und Shayne King, Josh Coppins und Ben Townley, um nur einige Namen zu nennen.

Jetzt gibt es nur noch eine Weltklasse-Vertreterin aus Neuseeland: Courtney Duncan, dreifache Motocross-Weltmeisterin und aktuell wieder Spitzenreiterin in der WMX.

Unterdessen tauchen im Automobilsport aber sehr wohl neuseeländische Piloten in vielen internationalen Serien auf – Formel 1, Rallye, IndyCar und so weiter.

Der Hintergrund: Neuseeland verfügt über eine sehr gesunde und aktive Kart-Szene, mit vielen Kart-Strecken, die über das ganze Land verteilt sind. Deshalb gibt es auch viele Kinder, die mit dem Kart-Sport beginnen. Einige von ihnen bekommen dann die Chance, eine Monoposto-Karriere zu starten, andere wechseln in die australische Tourenwagen-Serie (V8 Supercars). In den vergangenen Jahren dominierten neuseeländische Fahrer diese australische Klasse.

Dem neuseeländischen Motorradsportverband scheint aber – genauso wie der britischen ACU oder der AMA in den USA – nicht einzuleuchten, warum es gerade so viele junge neuseeländische Autorennfahrer gibt, die auf internationaler Bühne gut abschneiden. Genauso wenig verstehen sie, warum es so viele spanische und italienische GP-Piloten und Superbike-Fahrer gibt.

Eine Problematik, die wir in vielen Ländern wiederfinden – auch im deutschsprachigen Raum. Oder haben sich etwa die behäbigen Funktionäre des Deutsche Motor Sport Bunds (DMSB) angeschaut, was in Spanien und Italien getan wird, um so viele gute Fahrer hervorzubringen?

Wir erinnern uns daran, dass der italienische Motorradsportverband FMI («Federazione Motociclistica Italiana») in den 1980er- und 1990er-Jahren ein Team Italia mit bis zu sechs jungen Italienern in der 125-ccm-GP-Klasse (als es noch eine offene Serie war, nicht wie heute eine geschlossene Gesellschaft) an den Start brachte – auf italienischen Aprilia-Motorrädern, mit italienischen Sponsoren für Helm, Stiefel, Rennleder… Selbst Romano Fenati kommt noch aus dieser erfolgreichen Team Italia-Nachwuchsschule. 

Und was passiert zum Beispiel in Deutschland, Österreich und in der Schweiz? 

Die Landesverbände beschäftigen sich seit zwei Jahrzehnten mit personellen Querelen, die Nachwuchsarbeit wurde privaten Teams oder Fahrern wie Stefan Bradl mit den «Stefan Bradl Rookies Days» überlassen. Vom DMSB hören wir nur, wenn sich die GP-Fahrer wegen der hohen Lizenzgebühren aufregen. Die nationalen Rundstrecken-Straßenmeisterschaften in der DACH-Region sind schon gestorben oder dem Tode geweiht. Die IDM liegt auf der Intensivstation, der Promoter verzichtet seit mehr als zehn Jahren auf alle GP-Klassen, deshalb hat sich die IDM von einer einst respektablen Rennserie zu einem Auffangbecken für ehemalige Talente entwickelt, die in namhaften internationalen Rennserien vom Red Bull Rookies-Cup über die Moto3-WM, die Moto3-Junioren-WM und diverse «Talent Cups» bis zur Supersport-WM gescheitert sind. 

Die IDM lebt längst nicht mehr von den Zuschauern, sondern von den Nenngeldern, sie hat keine TV-Präsenz mehr, es sieht nach Inzucht aus. Immer mehr Hersteller ziehen sich von ihr zurück, und die meisten Fans wissen nicht einmal, wie man den IDM-Superbike-Star Ilya Mikhalchik aus der Ukraine buchstabiert.

Deutschland verfügt mit Lukas Tulovic nur noch über einen einzigen GP-Fahrer, der sich aber von den Top-Ten bisher ferngehalten hat und offenbar nicht annähernd das Kaliber von Bradl, Folger oder Cortese mitbringt.

In Österreich bahnt sich bisher kein neuer GP-Stammfahrer an, ein Nachfolger für Michi Ranseder und Max Kofler ist nicht in Sicht, trotz des seit zwei Jahren durchgeführten Austrian Junior Cups, dessen Zuspruch dank so manch dilettantischer Manöver und Maßnahmen stark zu wünschen übrig lässt, weshalb er im dritten Jahr schon im Northern Talent Cup versteckt werden musste. 

Erfolge deutschsprachiger Rennfahrer passieren seit 20 Jahren oder länger fast ausschließlich auf Initiative von Rennfahrer-Eltern, leidenschaftlichen Teamchefs von Kiefer über Freudenberg bis zu Öttl. Das Liqui Moly-Team und PrüstelGP haben bisher einen deutschen Eigenbau-Fahrer in die WM gebracht.  

In der Schweiz schaut es nach dem tragischen Tod von Jason Dupasquier 2021 in Mugello nicht viel besser aus. Bald werden wir uns wehmütig an die Jahre erinnern, als die Eidgenossen mit Tom Lüthi, Randy Krummenacher, Domi Aegerter, Robin Mulhauser und Jesko Raffin gleich fünf Fahrer gleichzeitig für die Moto2-WM aufboten und drei Schweizer GP-Teams mitmischten: Technomag, Café Latte und Grand Prix Team Switzerland.

Der dreifache 500-ccm-Weltmeister Kenny Roberts erzählte einmal, wie er vor Jahren von der Spanischen Föderation engagiert wurde und dort eine 250-ccm-GP-Serie mit überschaubaren Kosten aufbaute. Er betonte: «Wenn du die Basis der Pyramide breit hältst, bekommst du letztendlich einige richtig gute Fahrer, die sich an der Spitze durchsetzen.»

Schade nur, dass selbst die heimische AMA nicht auf ihn hörte…

Kenny mag ein großmäuliger Ami gewesen sein, aber er hat dem Motorradsport viel zurückgegeben. Als sein modernes Äquivalent gilt wohl Valentino Rossi, der mit seiner VR46 Riders Academy schon viele Talente gefördert und hervorgebracht hat.

Aber auch Agostini, Rainey, Pons, Gresini, Martinez und viele andere Ex-GP-Fahrer haben nach ihrer aktiven Karriere als Teambesitzer für großartige Erfolge gesorgt.

Aber in den deutschsprachigen Ländern existiert kein vernünftiger Breitensport und keine attraktive nationale Meisterschaft mehr. 

Deshalb kann man sich ausrechnen, dass die Halbwertszeit der Landesverbände überschaubar geworden ist. 

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