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Pit Beirer über die Motorsport-Finanzierung bei KTM

Von Ivo Schützbach
Die KTM-Speerspitze Mike Leitner, Stefan Pierer und Pit Beirer (v.l.)

Die KTM-Speerspitze Mike Leitner, Stefan Pierer und Pit Beirer (v.l.)

«Wir mussten auf die harte Tour lernen, wie viel Einsatz man bringen muss, um ein MotoGP-Team zu betreiben», sagt KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer. 2019 setzt der österreichische Hersteller erstmals vier Bikes ein.

Für das Red-Bull-Werksteam hat KTM den Vertrag mit dem Spanier Pol Espargaró bis Ende 2020 verlängert, an seiner Seite wird der momentane WM-Zweite Johann Zarco fahren, der von Yamaha Tech3 kommt.

Das Tech3-Team von Hervé Poncharal tritt nach 18 Jahren mit Yamaha ab nächster Saison mit Rennmaschinen von KTM an, der Hersteller aus Österreicher wird insgesamt vier MotoGP-Bikes an den Start bringen. Der Portugiese Miguel Oliveira ist bei Tech3 fix, der zweite Platz ist offen.

SPEEDWEEK.com sprach mit KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer über die zukünftigen Herausforderungen.

Pit, wer trifft die Auswahl für die Tech3-Piloten?

Das entscheiden wir gemeinsam. Ich will nicht einen Fahrer verpflichten, der für Tech3 fahren soll, wenn Hervé ihn nicht haben will.

Wir sind in einer guten Position, an unserem Tisch sitzen die Experten aus dem Red Bull Rookies Cup zusammen mit Aki Ajo von unserem Moto2-Projekt, Hervé Poncharal und Mike Leitner. Bei uns gibt es einige Leute, die viel über den Rennsport wissen. Wir entscheiden zusammen, wer unsere zukünftigen Fahrer sein werden. Unser Traum ist, dass unsere zukünftigen MotoGP-Fahrer alle Klassen mit KTM durchlaufen. Damit sind wir im Offroad-Sport sehr erfolgreich. Wir binden schon sehr junge Fahrer an unsere Firma und sorgen dafür, dass sie sich gut aufgehoben fühlen. Sie sollen sich nicht durch einen Vertrag gebunden fühlen, wir wollen ihnen in den verschiedenen Abschnitten ihre Karriere ein guter Partner sein. Wenn es um Verträge geht, dann sollen sie unterschreiben, weil sie das wollen. Und nicht, weil wir ihnen verrückt hohe Verträge vorlegen.

Deshalb ist es auch so wichtig, Partner wie Hervé zu haben, die offen in Diskussionen gehen. Wir müssen schauen, dass wir für alle Beteiligten die besten Resultate in allen Klassen erzielen.

Mit vier statt bislang zwei MotoGP-Maschinen: Wie stark erhöht das die Investitionen?

Wir mussten auf die harte Tour lernen, wie viel Einsatz man bringen muss, um ein MotoGP-Team zu betreiben. Man braucht viel Material und für dieses den entsprechenden Lagerraum. Die Motoren und die Motorräder sind groß, sie bestehen aus zirka 3000 Einzelteilen. Diese müssen gezeichnet und aus dem richtigen Material gefertigt werden.

Ein zweites Team auf diesem Level verdoppelt beinahe den Einsatz. Es ist nicht damit getan, dass du vier Motorräder mehr baust und diese Tech3 gibst. Wir brauchen deutlich mehr Personal, um für Tech3 ein guter Partner sein zu können. Personal zuhause, aber auch Personal, das bei Tech3 arbeiten wird.

Es ist nicht so, dass sich Tech3 glücklich schätzen kann, dass sie mit KTM arbeiten werden. Vielmehr ist es so, dass wir glücklich sind, dass wir ein starkes Team wie Tech3 bekommen.

Wir stampften unser MotoGP-Team aus dem Boden. Natürlich ist dort viel Erfahrung aus dem Werk und dem Fahrerlager vorhanden, aber das ist eine neue Truppe. Tech3 ist ein über die Jahre natürlich gewachsenes Team mit viel Erfahrung. Man muss sich ja nur die Resultate anschauen, die sie jedes Jahr mit jungen und unerfahrenen Piloten abgeliefert haben. Dazu braucht es viel Wissen in einem Team, deshalb werden wir stark von ihnen profitieren. Ich kann es nicht erwarten, mit ihnen zu arbeiten.

Es ist seltsam: Wir arbeiten bereits für sie, Tech3 darf aber nicht für uns arbeiten. Aber wenn wir jetzt nicht arbeiten, dann können wir ihnen nichts liefern. Die nächste Saison startet am Dienstag nach Valencia. Bis dahin müssen wir alles Material parat haben.

Braucht ihr mit einem größeren Team mehr als einen dauerhaften Testfahrer?

Ich glaube nicht. Wir arbeiten ja jetzt schon mit verschiedenen Fahrern und buchen ab und zu Fahrer nur für einen Test. Das werden wir auch weiterhin so handhaben.

Wenn wir ein komplettes Testteam auf die Beine stellen, dann ist das ein noch größerer Einsatz. Dafür braucht es einen Lkw und 15 oder 17 Leute, die auch im Werk einen Arbeitsplatz und Büros brauchen.

Wir werden nicht mit vier Piloten Rennen fahren und auch noch ein Testteam installieren, das ist klar.

Musst du zukünftig mehr Zeit für den Straßenrennsport aufwenden? Deine Wurzeln liegen ja im Motocross.

Ich bin für alle Motorsportaktivitäten bei KTM zuständig, mein Job ist es, die richtigen Leute an Bord zu holen. Ich muss nicht der Schlauste am Tisch sein, ich muss die richtigen Experten verpflichten. Deshalb funktionieren unsere Projekte. Wenn wir ein neues Projekt aufbauen bedeutet das nicht, dass wir unser Engagement deswegen woanders reduzieren.

Motocross, Supercross und Rallye haben wir aufgebaut, jetzt machen wir MotoGP. Wir haben die Experten und Budgets in den genannten Serien gelassen und nichts wegen MotoGP reduziert.

Aber manchmal blutet mir schon das Herz. Wenn ich zu drei MotoGP-Rennen in Folge gehe, dann ruft mich Jeffrey Herlings an und fragt mich, ob ich die Motocross-Jungs nicht mehr mag. Zeit ist ein einschränkender Faktor, aber ich versuche das Gleichgewicht zu wahren.

Besteht nicht die Gefahr, dass ihr euch mit den vielen Projekten übernehmt? Verglichen mit Honda ist KTM eine kleine Firma.

Sicher ist das eine große Last für unser Firma. Wir wachsen in allen Disziplinen, wie auch die Firma wächst. Als wir in den USA den Supercross-Titel gewannen, wurden wir größer. Jedes Wachstum stand aber immer in einem guten Verhältnis zur Firmengröße. Die Firma ist heute doppelt so groß wie in der Krise 2008. Wir sind bereit für alle Projekte.

Wir finanzieren den Rennsport über großartige Sponsoren, aber auch über die Verkäufe in den jeweiligen Segmenten. Geld, das wir im Motocross ausgeben, verdienen wir auch im Motocross. Dasselbe gilt in den USA und auch im Straßenrennsport.

Seit über drei Jahren verkaufen wir mehr Straßen- als Offroad-Maschinen. Viele Leute wissen das nicht, sie denken, wir sind eine Offroad-Firma. Es kommt nicht nur auf die Firmengröße an, sondern auch darauf, ob man im richtigen Maß wächst. So wie die Firma wuchs, nahmen unsere Aktivitäten im Motorsport zu.

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