MotoGP-Cockpit: Es müssen elf Knöpfe bedient werden
MotoGP-Cockpit: Die Fahrer müssen elf Knöpfe bedienen
Das seit dem Sepang-Test im Februar von Ducati an den GP22-Werksmaschinen von Bagnaia, Miller, Zarco, Martin und Marini verwendete «Front Ride Height Device» wird nach der Entscheidung der Grand Prix Commission (GPC) von letzter Woche für die ganze Saison 2022 erlaubt bleiben. Ducati-Chefkonstrukteur Gigi Dall‘Igna ließ das System zwar bei vier Fahrern in Indonesien abbauen, Johann Zarco setzte aber zumindest im Training eine modifizierte Version ein.
Ob irgendein andere MotoGP-Hersteller 2022 noch so ein FRHD einsetzen wird, ist fraglich. KTM, nach den ersten zwei Rennen mit 45 von 50 möglichen Punkten in der Marken-WM an erster Stelle, lehnt dieses Device kategorisch ab. Es wurde bei KTM schon als «Steinzeit-Technologie» bezeichnet.
Außerdem macht KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer auch die Sicherheit und die steigenden Kosten geltend. Vier weitere Hersteller (Honda, Yamaha, Suzuki und Aprilia) bildeten und bilden in der Hersteller-Vereinigung MSMA eine klare Front gegen Ducati.
«Wir haben inzwischen einen Brief des Bremsenherstellers Brembo, in dem uns mitgeteilt wurde, dass die MotoGP-Höchstgeschwindigkeit jetzt über dem Limit der Bremsen liegt», erzählt Pit Beirer im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Wir haben einen Top-Speed von 362 km/h. Was wollen wir dann mit einem 'Front Ride Height Device' erreichen? Wir gehen damit vorne noch etwas tiefer, damit wir noch besser beschleunigen und noch etwas mehr Top-Speed aufnehmen. Aber wir sind beim Top-Speed bereits zu schnell. Die Sturzräume sind nicht für 362 km/h entworfen worden; sie sind da am Limit. Deshalb wollen wir im Top-Speed nicht schneller werden.»
«Dazu kommt, dass wir jetzt schon mehr als zehn Knöpfe und Verstellmöglichkeiten am Lenker haben», ergänzte Beirer. «Inzwischen vergleichen hochrangige MotoGP-Techniker unsere Fahrer mit den Formel-1-Piloten. Von den Fähigkeiten her gebe ich ihnen recht. Nur hängen die MotoGP-Fahrer im Gegensatz zu den Autorennfahrern in den Kurven neben ihrem Fahrzeug, während sie diese Knöpfe bedienen müssen. In einem Rennauto hast du eine andere Fahrdynamik, du kannst dich anders auf diese Situation einstellen. Im Automobilsport ist der Körper in einer stabilen Lage.»
SPEEDWEEK.com hat sich eine Computer-Animation vom Cockpit einer MotoGP-Maschine besorgt, das nicht weniger als elf Bedien-Elemente zeigt.
Hier die Übersicht:
1, 8, 11: Front/Rear Start Device
2: Bremshebel
3-7: Strategien für Motor-Mapping, Traction Control, Engine Brake, Torque Control und Wheelie Control, alle frei belegbar je nach Fahrer.
Schwarz: Launch Control
Blau: Pit Limiter
Rot: Kill Switch rechts
(Rechts ist auch noch der Hebel zum Einlegen des Leergangs zu sehen.)
«In der MotoGP liegst du mit dem Knie und mit dem Ellbogen bei mehr als 200 km/h neben dem Motorrad», betont Pit Beirer angesichts der Vielzahl an Knöpfen, die die MotoGP-Piloten bedienen müssen. «Wir müssen also aufpassen, dass wir diese Fahrzeuge nicht zu weit weg holen von der Basis. Wir sollten uns immer noch auf das Motorradrennfahren konzentrieren. Da geht es ums Gas geben, ums Bremsen und Beschleunigen und die Fahreigenschaften. Wir sind deshalb aus Sicherheitsgründen eindeutig gegen dieses neues Device. Ob das System bei der Rundenzeit wirklich etwas bringt oder nicht, werden wir im Laufe des Jahres erfahren. Wir bei KTM wollen so ein System definitiv nicht aufs Motorrad bauen.»