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Marc Márquez: Was spricht noch für Honda? Gar nichts!

Von Günther Wiesinger
Wenn Marc Márquez wieder gewinnen und regelmäßig um Podestplätze fighten will, muss er 2024 zu Gresini-Ducati wechseln.

Eigentlich ist es schwer vorstellbar, dass Marc Márquez ausgerechnet beim GP von Japan auf dem Mobility Resort Motegi, der zum Honda-Imperium gehört, seinen Abschied vom grössten Motorradhersteller der Welt verkünden wird. Aber alles andere als eine Trennung von HRC nach elf Jahren, obwohl der Vertrag bis Ende 2024 läuft, wäre ein Wunder.

Was könnte für einen Verbleib bei Honda sprechen?

- Marc Márquez erhält bei HRC eine Gage von geschätzten 18 Millionen Euro im Jahr. Bei Gresini Ducati hat er sich im Grunde kostenlos angeboten.

- Die Honda-Manager reden Marc Márquez ein, er könnte jener Pilot sein, der die Japaner wieder auf die Siegerstrasse zurückbringt. Aber er hat den Glauben an die Fähigkeiten der HRC-Ingenieure längst verloren.

Was spricht für einen Wechsel zu Gresini Honda?

- Bruder Alex lobte die aufmerksame Betreuung durch Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna bereits beim ersten Ducati-Test 2023 in Valencia. Bei Honda herrscht teilweise eine eisige Atmosphäre, eine Kommunikation, die diesen Namen verdient, findet nicht statt.

- Marc Márquez hatte vor einem Jahr kein Verständnis für die Entlassung von Technical Director Takeo Yokoyama, wusste beim Sepang-GP nicht einmal die Job-Bezeichnung des neuen Technical Managers Ken Kawauchi («Ah, Technical Manager ist er?») und weiß inzwischen, dass der Japaner eine weitere Fehlbesetzung ist.

- Jeder Ducati-Fahrer außer Di Giannantonio ist in der Lage, mit der Desmosedici aufs Podest zu fahren oder in die erste Startreihe, sogar mit Vorjahres-Modellen. Bezzecchi hat 2023 mit der GP22 schon drei Sonntag-Siege einkassiert. Auch Bruder Alex Márquez hat 2023 bei Gresini schon ein Sprint-Race gewonnen!

- Marc Márquez hat mit der Honda RC213V seit zwei Jahren keinen Grand Prix gewonnen. Der letzte Podestplatz an einem Sonntag (Platz 2 auf Phillip Island) liegt bald ein Jahr zurück.

- Marc Màrquez war schon vor einem Jahr enttäuscht, als er in Misano, Valencia, Sepang und Portimão die 2023-Honda testete und klipp und klar feststellte: «Das ist kein Sieger-Motorrad.»

- Marc Márquez hat bei HRC seit fast vier Jahren kein neues Teil gesehen, das sein Motorrad wirklich konkurrenzfähiger gemacht hat.

- Ausnahmen bestätigen die Regel: Pisten wie Texas (Sieg von Rins), der Buddh Circuit und eventuell auch Motegi bevorzugen die Honda. «Aber es waren auch in Indien vier Ducati schneller», weiß Marc.

- Auch andere wahre Superstars wie Hailwood, Agostini, Lawson und Stoner sind nach ihren Erfolgen mit einer Marke auch auf einem anderen Fabrikat siegreich geblieben.

- Marc Márquez kann bei Gresini Ducati ein Jahr lang wieder einen Teil seiner früheren Konstanz (2019: 12 Siege und 6 zweite Plätze bei 19 Grand Prix, 2014: die ersten zehn Rennen alle gewonnen) finden und dann schauen, welches Werk ihn für 2025 haben möchte.

- Erfolgschancen bei Gresini sind vorhanden, auch mit einer GP23. Denn Enea Bastianini hat dort 2022 vier MotoGP-Siege und den dritten WM-Rang errungen.

- Marc Márquez ist ehrgeizig, aber er macht sich keinen übertriebenen Druck mehr. «Ich muss überlegen, was die beste Lösung für mich ist. Ich brauche ein Motorrad, mit dem ich überall um Plätze zwischen 5 und 8 kämpfen kann», sagte er in Misano.

- Marc Márquez hat nach den völlig verunglückten Grand Prix in Sachsen und Assen (er konnte am Sonntag zweimal nicht am Rennen teilnehmen) seit dem Silverstone-GP seine Risikobereitschaft deutlich zurückgeschraubt, wie er fast täglich bestätigt. Das deutet darauf hin, dass er seine Situation bei Honda als hoffnungslos betrachtet.

- Marc Márquez hat bei HRC im Sommer klare Forderungen gestellt und zum Beispiel verlangt, dass Top-Ingenieure von Ducati und Aprilia abgeworben werden. Aber bisher sind keine Verpflichtungen von namhaften Technikern bekannt geworden. KTM hingegen hat in den letzten Jahren viel Know-how von Ducati und Aprilia und sogar von Honda abgezapft. Auch Aprilia hat sich mit renommierten Ducati-Spezialisten verstärkt.

- Selbst wenn es Honda mit einem Riesengeldbetrag gelingen würde, Ducati-Corse-Chef Gigi Dall’Igna mit ein paar Topleuten von Ducati zu HRC zu locken: Für 2024 lässt sich die japanische Schnecke nicht mehr in ein Sieger-Motorrad verwandeln. Gigi kam im Oktober 2013 zu Ducati, das erste Rennen wurde 2016 im August durch Iannone gewonnen, der erste WM-Titel durch Bagnaia 2022. So viel Zeit hat der 30-jährige Márquez nicht.

- Mit dem hoffnungslosen neuen Chassis, das Testfahrer Stefan Bradl in Misano drei Tage lang als Wildcard-Pilot einsetzte, vergeudete Marc Márquez beim Montag-Test in Misano wenig Zeit. «Ich fahre weiter auf dem 2023er Bike. Wie ich bereits beim Misano-Test gesagt habe, fühle ich mich auf dem 2024er Prototyp nicht wohl. Deshalb halte ich es nicht für nötig, diesen weiter zu testen.»

- «Viel Interesse an der Weiterentwicklung des Motorrads hat Marc nicht mehr», ist seit Wochen aus dem Repsol-Honda-Team zu hören.

- Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti erklärte in Indien: «Gresini hat die Gelegenheit; sie warten auf die Entscheidung von Marc. Er wird in Japan mit dem Honda-Management reden und sich dann entscheiden.»

- Die HRC-Topmanager von Ishikawa über Kuwata bis zu Puig haben seit der Dutch-TT Ende Juni unmissverständlich klar gemacht: «Wenn Marc Márquez gehen will, werden wir ihn nicht zum Bleiben zwingen.» Der 59-fache MotoGP-Sieger kann ablösefrei gehen, wenn er für ein MotoGP-Kundenteam unterschreibt. 

Wie gesagt: Ich kann nicht in den Kopf von Marc Márquez hineinschauen.

Aber ich rede mit vielen Menschen im Fahrerlager und achte auf die Zwischentöne bei den Aussagen von Marc Márquez. Er betonte am Tag vor dem ersten Misano-Training: «Ich habe mich entschieden, der Montag-Test mit dem 2024-Prototyp wird meine Entscheidung nicht mehr beeinflussen.»

In Indien betonte er am Sonntag: «Ich fahre die restlichen Grand Prix auf dem 2023er Bike. Denn wie ich es bereits beim Misano-Test gesagt habe, fühle ich mich auf dem 2024er Prototyp nicht wohl, weshalb ich es nicht für nötig halte, diesen weiter zu testen.»

Tut mir leid: Aber viel Begeisterung für Honda ist da nicht mehr herauszuhören.

Dass Marc Márquez am Tiefpunkt seiner Karriere aufhört oder sich ein Sabbatical gönnt, kann ich mir nicht vorstellen. Dazu ist er zu ehrgeizig.

Und verdächtigerweise haben Ducati und Gresini seit dem Spielberg-GP eigentlich gar keinen Ersatz-Kandidaten mehr bei Gresini für den Fall, dass Marc nicht kommt.

Denn Joan Mir kommt genau so wenig in Frage wie Franco Morbidelli (bei Pramac) und Tony Arbolino (wieder bei Marc VDS in der Moto2). Und den WM-Sechsten Johann Zarco hat Ducati nicht zuletzt wegen Marc Márquez zu Honda gehen lassen.

MotoGP-Ergebnisse, Buddh Circuit (24.9.):

1. Bezzecchi, Ducati, 21 Rdn in 36:59,157 min
2. Martin, Ducati, + 8,649 sec
3. Quartararo, Yamaha, + 8,855
4. Binder, KTM, + 12,643
5. Mir, Honda, + 13,214
6. Zarco, Ducati, + 14,673
7. Morbidelli, Yamaha, + 16,946
8. Viñales, Aprilia, + 17,191
9. Marc Márquez, Honda, + 19,118
10. Raúl Fernández, Aprilia, + 26,504
11. Nakagami, Honda, + 28,521
12. Oliveira, Aprilia, + 29,088
13. Pol Espargaró, KTM, + 29,728
14. Miller, KTM, + 31,324
15. Bradl, Honda, + 35,782
16. Pirro, Ducati, + 49,242
– Di Giannantonio, Ducati, 2 Runden zurück
– Bagnaia, Ducati, 8 Runden zurück
– Aleix Espargaró, Aprilia, 10 Runden zurück
– Augusto Fernández, KTM, 15 Runden zurück

MotoGP-Ergebnisse Sprint, Buddh Circuit (23.9.):

1. Martin, Ducati, 11 Rdn in 19:18,836 min
2. Bagnaia, Ducati, + 1,389 sec
3. Marc Márquez, Honda, + 2,405
4. Binder, KTM, + 2,904
5. Bezzecchi, Ducati, + 3,266
6. Quartararo, Yamaha, + 4,327
7. Miller, KTM, + 7,172
8. Viñales, Aprilia, + 8,798
9. Raúl Fernández, Aprilia, + 10,530
10. Di Giannantonio, Ducati, + 10,826
11. Augusto Fernández, KTM, + 11,456
12. Oliveira, Aprilia, + 15,415
13. Nakagami, Honda, + 17,437
14. Pirro, Ducati, + 23,714
15. Morbidelli, Yamaha, + 36,468
– Aleix Espargaró, Aprilia, 4 Runden zurück
– Zarco, Ducati, 5 Runden zurück
– Mir, Honda, 8 Runden zurück
– Marini, Ducati, 1. Runde nicht beendet
– Pol Espargaró, KTM, 1. Runde nicht beendet
– Bradl, Honda, 1. Runde nicht beendet

WM-Stand nach 26 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 292 Punkte. 2. Martin 279. 3. Bezzecchi 248. 4. Binder 192. 5. Aleix Espargaró 160. 6. Zarco 157. 7. Viñales 138. 8. Marini 135. 9. Miller 109. 10. Alex Márquez 108. 11. Quartararo 105. 12. Morbidelli 77. 13. Oliveira 69. 14. Augusto Fernández 58. 15. Rins 47. 16. Marc Márquez 45. 17. Di Giannantonio 43. 18. Nakagami 40. 19. Pedrosa 32. 20. Raúl Fernández 29. 21. Bastianini 25. 22. Mir 16. 23. Pol Espargaró 11. 24. Savadori 9. 25. Folger 9. 26. Bradl 6. 27. Pirro 5. 27. Petrucci 5.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 453 Punkte. 2. KTM 253. 3. Aprilia 228. 4. Yamaha 125. 5. Honda 123.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 436 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 383. 3. Ducati Lenovo Team 327. 4. Red Bull KTM Factory Racing 301. 5. Aprilia Racing 298. 6. Monster Energy Yamaha 182. 7. Gresini Racing 151. 8. CryptoDATA RNF 102. 9. LCR Honda 91. 10. GASGAS Factory Racing Tech3, 78. 11. Repsol Honda 61.

 

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