MotoGP: Marquez über erste WM-Chance

Pecco Bagnaia: Folgt der Zerstörung die Befreiung?

Von Thomas Kuttruf
Leidet: Ducati-Werksfahrer Pecco Bagnaia

Leidet: Ducati-Werksfahrer Pecco Bagnaia

Trotz des noch dritten Ranges in der MotoGP-WM steckt Ducati-Werksfahrer Pecco Bagnaia in der härtesten Situation seiner Karriere. Der sportlichen Dominanz von Marc Marquez kann er nicht entkommen, Europa dagegen schon.

MotoGP-Vizeweltmeister Francesco Bagnaia erlebte auch auf seiner Heimstrecke in Misano eine Ergebniskatastrophe mit null Punkten. Noch hält der in Pesaro lebende Ducati-Werksfahrer Rang 3 in der WM-Tabelle. Doch das Ablaufdatum scheint bereits festzustehen. Vom einst komfortablen Vorsprung sind noch neun Punkte geblieben. Setzt sich der Trend der letzten GP-Wochenenden fort, dann wird Marco Bezzecchi in zehn Tagen auf der Honda-Hausstrecke am Landsmann vorbeiziehen.

Wie massiv das Problem des zweifachen Champs bei Ducati Lenovo ist, zeigt der Verlauf über die gesamte Saison. In den ersten vier Events oder acht Rennen kam Bagnaia auf 110 WM-Punkte und war damit noch konstanter unterwegs als 2024.  Aus den letzten vier Veranstaltungen holte er 24 Zähler.

Längst hat sich ein Kreislauf gebildet, der dem Publikumsliebling so sehr aufs Gemüt schlägt, dass auch darunter die fahrerische Leistung leidet. Bei jedem Grand Prix die gleichen Fragen – und immer gibt es keine Antwort auf die Kernfrage. Denn auch wenn die Antwort womöglich eine sehr einfache ist, so fällt es schwer, im Fahrerlager das zu thematisieren – was außerhalb an jeder Bar in Italien jeder weiß.

An dem Tag, als Marc Marquez für die Ducati-Werksmannschaft unterschrieb, gingen in den Köpfen der meisten eingefleischten italienischen MotoGP-Fans – und davon gibt es im Motorradland Italien eine ganze Menge – die Lampen aus.

«Marquez wird Bagnaia zerstören», so die kurze wie prägnante These der Italo-Community.  Was nun genauso eingetreten ist, ist allerdings in keinster Weise einem üblen Charakter des Spaniers zu verdanken. Bei aller Gnadenlosigkeit im Zweikampf ist Marc Marquez, entgegen manch verbreiteter Annahme, ein Mensch aus Fleisch und Blut, der, wie es sich für einen Rennfahrer gehört, gewinnen will. Mehr als jeder andere.

Im hochkomplexen Leistungssport MotoGP findet die Zerstörung eines Gegners anders statt. Zum Beispiel durch das bewusste Einsetzen einer besonderen Fähigkeit. Im Fall von Marc Marquez besteht diese in der einmaligen Fähigkeit, auch mit einem mies oder gar nicht abgestimmten Einspurfahrzeug irre Rundenzeiten zu erzielen. Oder wie es die internationale MotoGP-Stimme Matt Birt jüngst in einer Live-Analyse zum Ausdruck brachte: «Marc Marquez würde auch mit einem Einkaufswagen zur Pole fahren.»

In der Praxis nutzt der bald neunfache Weltmeister diese außergewöhnliche Fähigkeit aktiv, um seinen Teamkollegen langsamer zu machen. Am Ende geht es um die Zahlen auf der Stoppuhr – ob das Motorrad dabei wie ein Mustang springt oder nicht, ist Nebensache.

Pecco Bagnaia kann mit einem bockenden Untersatz allerdings nichts anfangen. Seine außergewöhnliche Stärke des Feingefühls am Kurveneingang erfordert eine ebenso präzise Abstimmung.

Weder Bagnaia noch irgendwer im MotoGP-Fahrerlager spricht der Ducati-Werksmannschaft die Kompetenz ab, dem ersten Italiener, der auf einer Ducati Weltmeister wurde, mit einem solchen Setting auszustatten. Ducati liebt Bagnaia, das galt damals wie heute. WM-Titel holt man in der Königsklasse aber nicht mit Liebe, sondern mit der Fähigkeit, das Beste aus dem herauszuholen, was man in den Fingern und unterm Hintern hat.

Francesco Bagnaia kann dennoch ein wenig aufatmen. Denn mit der Abreise nach Asien tauchen die Athleten ein Stück weit in die Isolation ab. Die «Warum-Frager» werden weniger, der Sport tritt in den Vordergrund. Auch, oder erst recht, wenn der Teamkollege in Motegi zum Matchball aufschlägt, kann sich Bagnaia wieder auf das Wesentliche konzentrieren. Oder wie es selbst auf dem Hintern seiner Lederkombi steht: «Go Free!»

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Marquez-Brüder: Barcelona-Sieg als Wendepunkt?

Von Michael Scott
Im MotoGP-Grand-Prix in Barcelona konnte Alex Marquez Bruder Marc überflügeln und einen Meilenstein erreichen. SPEEDWEEK.com-Kolumnist Michael Scott fragt sich, ob das ein Wendepunkt sein könnte.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Sa. 20.09., 15:15, Motorvision TV
    FIM Sidecarcross World Championship
  • Sa. 20.09., 15:30, Eurosport 2
    Motorradsport: 24-Stunden-Rennen Bol d'Or
  • Sa. 20.09., 16:10, Motorvision TV
    Motorradsport: FIM Superenduro World Championship
  • Sa. 20.09., 16:30, ZDFinfo
    Retro Battles - Die Trends der 90er: Kelly Family, Pokémon & Co.
  • Sa. 20.09., 16:40, Motorvision TV
    Australian Drag Racing Championship
  • Sa. 20.09., 17:25, Motorvision TV
    All Wheel Drive Safari Challenge
  • Sa. 20.09., 17:50, Motorvision TV
    EMX Quad European Championship
  • Sa. 20.09., 18:00, Das Erste
    Sportschau
  • Sa. 20.09., 18:20, Motorvision TV
    US Pro Pulling
  • Sa. 20.09., 18:30, Das Erste
    Sportschau
» zum TV-Programm
6.96 13091925 C2009054512 | 5