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Tech3-Chef Poncharal: Kein Interesse für Open-Class?

Von Günther Wiesinger
Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal erklärt, warum er kein Open-Bike einsetzt und wieso Ducati so viele Zugeständnisse bekam.

Aleix Espargaró (25) wollte in den letzten Monaten unbedingt eine reinrassige MotoGP-Werksmaschine für 2015. Die Forward-Yamaha YZR-M1 in der Open-Class-Konfiguration reichte ihm nicht, obwohl sie ihn 2014 immerhin auf den sechsten WM-Rang brachte.

Deshalb machte Forward-Yamaha-Teambesitzer Giovanni Cuzari dem französischen Tech3-Yamaha-Teambesitzter den Vorschlag, er solle doch 2015 eine Factory-Maschine für Pol Espargaró einsetzen und eine Open-Yamaha für den zweiten Fahrer, der zumindest in diesem Jahr Bradley Smith heisst.

Aber Poncharal winkte ab.

Dann wäre eventuell eine Werks-Yamaha für Forward und Aleix Espargaró verfügbar gewesen.

«Ich kann so etwas nicht einmal selber entscheiden. No, no, no. Das hat überhaupt nichts mit mir zu tun», beteuert Poncharal. «Mein Vertrag für 2014 und 2015 ist längst unterschrieben. Und Yamaha hat mich informiert, dass ich in diesen beiden Jahren zwei Fahrer auf Factory-Spec-Maschinen einsetzen werde. Wenn Yamaha jetzt entschieden hätte, eine der beiden Factory-M1 für 2015 an Forward zu geben und nur eine an mich, wäre das möglich gewesen. Aber mehr als vier Prototypen pro Hersteller erlauben die Vorschriften nicht.»

«Es gibt also zwei Gründe: Mehr als vier Factory-Option-Maschinen darf kein Werk einsetzen, und unser Vertrag mit Yamaha ist längst abgeschlossen. Es geht also beim besten Willen nicht. Aber Forward sollte sich die Situation einmal genauer anschauen. Bei den ersten neun Rennen war das Paket von Aleix manchmal besser als unseres – wegen der Open-Class-Vorteile. Darüber könnten wir ewig diskutieren.»

Poncharal betont auch, zwei unterschiedliche M1-Yamaha für zwei Fahrer mit Factory-Spec und Open-Class-Version seien von einem Kundenteam logistisch kaum zu bewältigen. «Du hast hier einen Tank mit 20 Liter, dort mit 24, du hast eine andere Sitzbank, du brauchst für die weicheren Open-Hinterreifen ein anderes Set-up und so weiter. Es ist unmöglich», meint er.

Gresini-Team: Factory und Open – es geht

Aber das Gresini-Team hat so ein Konzept mit einem Prototyp und einem Open-Bike (vormals Claiming-Rule) seit zweieinhalb Jahren in Betrieb.

Poncharal wird kurz nachdenklich. «Ja, aber es ist nicht dasselbe. Er hat zwei komplett unterschiedliche Motorräder, während die Motorräder von Forward und unsere dieselben sind. Natürlich, theoretisch könnten wir so eine Übung auch machen. Aber es würde uns nur zusätzliches Kopfweh verursachen – wozu?»

Poncharal: «Yamaha setzt seit vielen, vielen Jahren vier MotoGP-Werksmaschinen ein, zwei im Werksteam, zwei bei Tech3. Das war die sinnvollste Lösung. Letztes Jahr stiess mit Forward ein Newcomer dazu, er hat die Vorschriften akzeptiert. Er war sehr happy damit. Sie konnten das eigene Chassis nicht rechtzeitig bauen, wie es angekündigt wurde. Also bekam er Extra-Support. Jetzt wollte Forward ein Factory-Bike... Würde Aleix auf einer Factory-Yamaha bessere Resultate erzielen? Ich weiss es nicht...»

Hat es Hervé Poncharal nie gereizt, mit einem Fahrer die Open-Class Vorteile auszukundschaften?

«Nein, nein», entgegnet der Teamchef. «Vielleicht wäre es interessant gewesen. Aber wir haben bereits genug Sorgen. Ausserdem halten wir uns an Verträge. 2016 wird dann sowieso alles klar sein.»

Damit meint er: Dann müssen alle Teams und Werke mit der Einheits-ECU von Magneti Marelli ausrücken, die Open-Class-Vorteile entfallen dann. Sie gelten ja nur, um die Lücke zu den Factory-Teams zu verringern, die auch 2015 noch auf ihre eigene High-Tech-Software vertrauen und dadurch Vorteile erzielen dürfen.

Ducati geniesst als Werk 2014 die Open-Class-Vorteile (mehr Sprit, mehr Motoren, weichere Reifen usw.), weil sie 2013 kein Rennen gewonnen haben.

Warum die Italiener diese Vorzüge auch 2015 geniessen dürfen, versteht niemand. Auch Poncharal nicht? «Am Ende des Tages wissen wir alle, dass Ducati eine sehr wichtige Marke ist, sie waren jetzt jahrelang der dritte Hersteller neben Honda und Yamaha in der MotoGP. Ducati gehört zur Audi-Gruppe, dazu haben sie Philip Morris als Hauptsponsor. Alle Beteiligten haben ein Interesse daran, den Werken zu helfen, die momentan ein kleines Defizit bei der Performance haben. Damit sie den Anschluss wieder schaffen.»

Aber gleich für zwei Jahre?

Poncharal: «Im Moment gewinnen sie nicht, trotz der Open-Vorteile. Sie sind keine grosse Bedrohung. Okay, Dovizioso hat in Assen ein grossartiges Rennen gezeigt. Aber die Bedingungen waren nicht alltäglich.»

Aber das Yamaha-Werk gewinnt auch nicht – und erhält für 2015 keine Open-Vorteile, wenn sie 2014 nie einen Grand Prix-Sieg erobern.

Und wenn Ducati saisonübergreifend drei Siege erobert, verlieren sie nur 2 Liter Sprit (24 auf 22, die andern Werke bekommen nur 20) und die weichen Hinterreifen. Keine echte Strafe. Sondern Wettbewerbsverzerrung.

Poncharal: «Und warum sind wir in dieser Situation? Weil das Hersteller-Bündnis MSMA nicht vor 2016 auf die Einheits-Elektronik umsteigen wollte. Sonst wäre nie über diese Open-Class-Geschichte gesprochen worden. Die MSMA hat zugestimmt und vereinbart, dass mit 20 Liter Sprit gefahren wird und mit fünf Motoren pro Saison, dazu wurde die Motorenentwicklung eingefroren, die Testverbote wurden verstärkt. Sie sagten, das geht alles. Und sie haben sich nicht geirrt – denn die Factory-Maschinen gewinnen.»

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