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Leon Camier: «Ich habe in der MotoGP viel gelernt»

Von Isabella Wiesinger
Leon Camier hat als Hayden-Ersatz in Brünn die ersten Punkte in der MotoGP gesammelt. Aber er ahnt, dass er in der Königsklasse keine grosse Zukunft hat.

Leon Camier ist ein echter Brite. Er lebt zwar in Andorra und schaut aus als wäre er alles, nur kein Motorradfahrer. Er ist stattliche 1,90 Meter gross, mit einem spitzbübischen Grinsen und guten englischen Manieren gesegnet. Und er liebt den Rennsport.

Vor kurzem hat Leon, im Alter von 28 Jahren, sein Debüt in der MotoGP gegeben. Dabei ist er beim Drive M7 Aspar Team für den verletzten Nicky Hayden eingesprungen und hat alle damit beeindruckt, wie er mit der GP-Maschine umgeht.

Für einen ehemaligen 125-ccm-Fahrer, der aber den Grossteil seiner Karriere Superbikes gefahren ist, passt er sich dem spanischen Team gut an. Er hat bei seinem zweiten MotoGP-Rennen in Brünn sogar zwei Punkte geholt. Nun kehrt er nach Silverstone zurück und will die Chance nützen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Aber beim ersten Anblick der Open-Honda erschrak der 190 Zentimeter grosse Camier. «Als ich die Honda das erste Mal sah, dachte ich mir, dass ich nicht drauf passe!»

Erste offensichtliche Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer MotoGP-Maschine und einem Superbike?

Die Elektronik in der MotoGP ist viel weiter fortgeschritten, die Anti-Wheelie-Kontrolle ist unglaublich. MotoGP ist auch körperlich viel weniger anstrengend als Superbike. Nicht nur weil das Motorrad leichter ist, sondern auch, weil die Art damit zu fahren komplett verschieden ist. Man kann sich sehr stark auf die Elektronik verlassen. Die Reifen sind auch ganz anders. In der MotoGP musst du ihr Limit suchen und herausfinden, wie du das Beste aus den Reifen herausholen kannst. Die Suspension hilft dabei, aber es gibt so viele andere Dinge, so viel Information... Aber der grundsätzliche Unterschied liegt bei der Elektronik, den Reifen und der Suspension.

Wieso hast du dich in der MotoGP so schnell zurecht gefunden?

Als ich angekommen bin, haben die Techniker von Drive M7 Aspar einen sehr präzisen Plan vorgelegt, um mir so schnell wie möglich beizubringen, wie die Maschine funktioniert. Sie kannten von Anfang an die Richtung, in die wir gehen sollten. Das hat mir sehr geholfen mich zu entwickeln. Es war auch wichtig für mich, dass kein Druck da war, keine gesetzten Ziele, und es ging eigentlich nur darum zu lernen und es zu geniessen.
Ich habe versucht fokussiert zu bleiben und mit freiem Kopf zu arbeiten und die Informationen möglichst effizient umzusetzen. Ich gewann immer mehr Selbstvertrauen und der Rest kam mit der Zeit. Das Team hat mir sehr geholfen; ohne ihre Richtlinien hätte ich es nie geschafft, mich so schnell an die MotoGP zu gewöhnen. Auch die Tatsache, dass Frankie Carchedi, ein Techniker, der mir schon in der Vergangenheit zu Siegen verholfen hat, mein Data-Recording-Techniker war, erwies sich als hilfreich.

Wie kommst du mit dem Team klar?

Das Team hilft mir bei jeder Entscheidung, was meine Fortschritte und meine Anpassung viel einfacher gemacht hat. Sie haben mich von Anfang an in die richtige Richtung gelenkt. Jedes einzelne Teammitglied war nett zu mir, was alles einfacher gemacht hat.
Ich fühle mich bei Aspar wohl und bin entspannt. Das macht es mir leichter, mich auf meinen Job zu konzentrieren. Die Stimmung war von Beginn an sehr gemütlich. In der Box und auch auf dem Grid kann ich mit Jorge, Gino und den Mechanikern gut zusammenarbeiten. Das hilft uns, eine klare Strategie für jede Session zu formen. Das fantastische Willkommen, das mir das Team bereitet hat, macht meine MotoGP-Erfahrung zu einem Genuss.

Was sind die Stärken der Honda RCV1000R? Was magst du an ihr am liebsten?

Der stärkste Punkt ist das Chassis, das dir ein unglaubliches Feedback gibt und dir hilft, das Limit schnell zu finden. Ich habe natürlich noch Raum für Verbesserungen, aber in den ersten zwei Rennen war das Gefühl mit dem Honda-Motorrad wirklich gut. Die Elektronik hilft dir auch, das Motorrad zu verstehen. Sie zeigt dir, wie man am besten damit fährt. Wie bereits gesagt, die Anti-Wheelie-Kontrolle ist wohl das Beste, das ich je probiert habe.

Am Anfang hast du gedacht, dass du nicht auf die Honda RCV1000R passt?

Um ehrlich zu sein, das Erste, was ich dachte, als ich die Honda sah: Da passe ich niemals drauf! Aber das Motrrad war auch für Nicky eingestellt. Sobald wir es meiner Grösse angepasst hatten, war es sehr angenehm.

Jetzt hast du einen Fuss in die MotoGP gesetzt. Würdest du gerne bleiben?

Natürlich, ich würde gerne nächstes Jahr in der WM mitfahren. Aber wir müssen die Möglichkeiten abwiegen, vor allem das Gesamtpaket, das mit dem Motorrad kommt. Ich würde nicht um jeden Preis hier bleiben. Egal in welcher WM ich nächstes Jahr fahre, ich will das bestmögliche Material dafür haben. Mit genug Tests und genug Zeit auf dem Motorrad würde ich eine Chance in der MotoGP sehr gerne wahrnehmen.

Du kennst den MotoGP-Paddock aus deiner Zeit in der 125-ccm-Klasse im Jahr 2003. Was sind deine Erinnerungen an diese Zeit?

Ich war damals sehr jung, ich erinnere mich nicht an viel. Ich war zu sehr Kind, als dass ich gewisse Dinge wirklich aufgenommen hätte. Aber ich habe gelernt, dass es wichtig ist, ein gutes Team und die richtige Ausrüstung zu haben. Die MotoGP ist eine interessante Weltmeisterschaft, aber sie ist auch sehr hart.

Ein Resultat in den Punkterängen in deinem zweitem MotoGP-Rennen. Das ist eine ganz gute Leistung?

Ich bin sehr zufrieden damit, wie alles gelaufen ist, seit ich beim Drive M7 Aspar Team bin; ich habe das letzte Rennen sehr genossen. Es war cool, gegen einige Fahrer zu kämpfen und zu lernen, wie es in der Königsklasse zugeht. Ich konnte so mehr über das Motorrad lernen und die Stärken der Honda testen. Ich habe viel gelernt bei diesem Rennen. Wir haben viele Informationen gesammelt, die uns hoffentlich beim nächsten Grand Prix helfen.

Wie würdest du Leon Camier als Fahrer beschreiben?

Schwierige Frage! Im Moment, während der MotoGP-Erfahrung, versuche ich fokussiert zu bleiben und alles so schnell wie möglich aufzunehmen und Fortschritte zu machen. Ich glaube, dass die Einstellung der Schlüssel ist. Der Appetit darauf, aus jeder Situation etwas Neues zu lernen. Auf der Rennstrecke bin ich sehr entschlossen. Ich glaube, je besser ich das Motorrad kennenlerne, desto aggressiver kann ich gegen die anderen fahren.

Und wie würdest du dich abseits der Rennstrecke beschreiben?

Ich bin ein normaler Typ. Konzentriert auf das, was ich tue und immer darauf aus, so viel wie möglich daraus zu lernen. Ich glaube, je härter du abseits der Rennstrecke trainierst, desto mehr kann es dir auf dem Motorrad helfen. Ich bin glücklich und mir gefällt mein Job. Ich glaube, dass alles möglich ist, wenn man für seine Ziele kämpft. Deshalb nehme ich meinen Job sehr ernst. Ich kümmere mich um meinen Körper, damit ich so fit und gesund bin wie möglich. Ich geniesse das, was ich am liebsten mache – den Motorsport.

Am Wochenende fährst du deinen Heim-GP. Was erhoffst du dir dabei?

Ich liebe Silverstone und ich habe ein paar tolle Erinnerungen an diesen Circuit. Es wird ein hartes Wochenende, weil wir viel Arbeit vor uns haben, um weiter Fortschritte zu machen. Das Wichtigste ist aber, dass ich meine Mentalität und Arbeitshaltung bewahre. Ich glaube, das Beste ist, sich nicht zu grosse Hoffnungen zu machen, sondern einfach hinauszugehen und meinen Job zu machen. Wenn wir fokussiert bleiben und uns weiterentwickeln, werden die Resultate bestimmt kommen.

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