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Sensation: Kehrt Casey Stoner zu Ducati zurück?

Von Günther Wiesinger
In der MotoGP-WM bahnt sich der nächste Knalleffekt an. Honda dürfte seinen prominenten Testfahrer Casey Stoner an Ducati verlieren.

Nach dem Sepang-Drama herrscht in der MotoGP-Weltmeisterschaft kein Mangel an Gesprächsstoff. Und demnächst könnte die nächste Bombe platzen. Werden aus den «Fantastischen Vier» bald die «Glorreichen Fünf»?

Bahnt sich ein sensationelles GP-Comeback des zweifachen Weltmeisters Casey Stoner an?

Es sprechen einige Fakten dafür.

Und die wahre Sensation: Dieses Comeback würde auf der Ducati Desmosedici stattfinden, also mit jener Rennmaschine, mit welcher der 30-jährige australische Ausnahmekönner 2007 erstmals Weltmeister wurde, ehe er Ende 2010 zu HRC wechselte und 2011 auf Anhieb den zweiten MotoGP-WM-Titel gewann.

Stoners Rückkehr zu Ducati ist kein ganz neues Thema. SPEEDWEEK.com hat schon im Juni exklusiv über dieses Vorhaben berichtet.

Jetzt haben wir handfeste Hinweise dafür, dass längst konkrete Verhandlungen stattfinden. Und die Roten haben triftige Gründe für dieses vielversprechende und sinnhaftige Projekt.

Im Juni war es vielleicht nur eine Idee, eine Vermutung, ein Gerücht, das von Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti auf der Stelle glaubhaft dementiert wurde.

«Stoner will doch keine Rennen mehr fahren. Wenn er seine Meinung ändert, kann er uns kontaktieren», entgegnete Ciabatti damals auf die Frage von SPEEDWEEK.com, was an den Comeback-Gerüchten von Stoner bei Ducati dran sei.

Aber die Idee klang schon damals reizvoll.

Und bei der Honda Racing Corporation ist man sich längst bewusst, dass Stoner nach fünf Jahren wieder nach Borgo Panigale zurückkehren könnte.

Es geht in erster Linie um die MotoGP-WM-Saison 2017.

Andrea Dovizioso ist ausser Tritt geraten. Bei den ersten Rennen 2015 sah es so aus, als könnte er den Fantastischen Vier (Márquez, Lorenz, Rossi, Pedrosa) fahrerisch Paroli bieten. Inzwischen hat er viel Selbstvertrauen verloren. «Dovi» fährt seit 2008 in der MotoGP-WM, er hat bei 141 MotoGP-WM-Rennen einmal gewonnen – im Regen von Donington auf der Repsol-Honda 2009.

Ducati will spätestens 2017 wieder um die Weltmeisterschaft kämpfen.

Dazu wird ein Fahrer vom Kaliber der «Fanta 4» benötigt. Aber Rossi und Pedrosa hören dann womöglich auf, Lorenzo und Márquez werden bleiben, wo sie sind.

Deshalb macht die Stoner-Rückholaktion von Ducati sehr viel Sinn.
Und momentan ist der Zeitpunkt günstig.

Stoner hat sich im Frühjahr masslos geärgert, als ihn HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto bei Repsol-Honda nicht als Ersatz für Dani Pedrosa (unterarm-Operation) für die Rennen in Austin, Las Termas und Jerez in Betracht zog und dem nicht mehr wettbewerbsfähigen Japaner Hiroshi Aoyama den Vorzug gab. «Hiro» kassierte in drei Rennen vier Punkte, keine Überraschung.

Die Vermutung von Stoner und vielen Experten: HRC wollte Weltmeister Marc Márquez durch die Verpflichtung von Casey nicht die Show stehlen. Dieser Stachel sitzt tief bei Stoner. Nakamoto machte damals seltsame Bemerkungen über den Ex-Weltmeister, die ihn verletzt haben. Nakamoto hielt es nach eigenen Aussagen nicht für notwendig, Stoner seine Entscheidung persönlich mitzuteilen und zu erklären.

Und dann passierte Stoners schwerer Sturz beim Acht-Stunden-Rennen im Juli in Suzuka, hervorgerufen durch einen Elektronik-Defekt. HRC brauchte fast zwei Tage, um diesen Fehler einzugestehen. Ein PR-Desaster ersten Ranges.

Es war der perfekte Zeitpunkt für Ducati, mit Casey Stoner in Kontakt zu treten.

Bei Honda gibt es nur Gnadenbrot

Casey Stoner ist bei HRC seit Januar 2015 in Malaysia nicht mehr für MotoGP-Testfahrten aufgeboten worden. Meistens sollte er sowieso nur die Open-Bikes entwickeln. Márquez hat Stoners Testaufgaben abschätzig als nicht besonders wertvoll beschrieben.

Dazu kommt: Bei Repsol-Honda ist das Haus voll. Marc Márquez wird Casey niemals neben sich dulden, HRC muss den Spanier gnädig stimmen, im kommenden Frühjahr werden die Verhandlungen für die Jahre nach 2016 beginnen.

Bei HRC stehen die talentierten MotoGP-Kandidaten Schlange. Für die Zukunft sind genügend Talente von Alex Rins bis zu Alex Márquez und Jack Miller vorhanden, auch Maverick Vinales wird wohl ein Angebot erhalten.

Stoner wird bei HRC mit einer Art Gnadenbrot abgespeist. Die Nr. 27 hat bei Honda keine Zukunft.

Ausserdem hat Repsol-Honda-Teamprinzipal Livio Suppo 2012 in Le Mans, als Stoner seinen Rücktritt per Saisonende ankündigte, eine klare Aussage getätigt. «Die Nachfolgerin von Sharon Stone ist nicht Sharon Stone.»

Das war damals Suppos Antwort auf die Frage, ob Rossi bei HRC als Stoner-Nachfoger in Frage komme.

Es sollte heissen: Rossi ist zu alt, wir brauchen junge Talente. Márquez ist 22, Stoner 30.

Es ist zu bezweifeln, dass Ducati Stoner bei einer Rückkehr sofort ins kalte Wasser werfen würde. Erstens existieren Verträge mit Dovizioso und Iannone für 2016. Diese werden aller Voraussicht nach eingehalten, «Dovi» hat sich bei Ducati grosse Verdienste erworben.

Aber Stoner könnte als Testfahrer zur Weiterentwicklung der Desmosedici beitragen. Er könnte 2016 einzelne Wildcard-Einsätze absolvieren, nicht zuletzt beim Phillip-Island-GP, den er sechsmal in Serie gewonnen hat.

Und er könnte dann 2017 bei Ducati wieder als Full-time-MotoGP-Racer auf die grosse Bühne treten.

Dovizioso macht sich bereits ernsthafte Sorgen. Er stellt ein bekümmertes Gesicht zur Schau. Sein Teamkollege Iannone hat ihm den Rang abgelaufen.

Casey Stoner und Ducati – das passt perfekt zusammen. Der Australier könnte irgendwann dort sogar seiner Automobil-Leidenschaft frönen und für Audi, Lamborghini oder Porsche Sportwagenrennen fahren, im VW-Audi-Konzern stehen ihm alle Türen offen.

«Ich persönlich habe das Gefühl, Casey will keine Motorradrennen mehr fahren. Ihm gefällt sein Leben, so wie er es jetzt führt», wiegelte Gigi Dall'Igna, General Manager von Ducati Corse, am Samstag in Sepang im Exklusiv-Gespräch mit SPEEDWEEK.com ab. «Vielleicht fährt er zwischendurch gerne Rennen wie die Eight Hours in Suzuka. Das ist eine nette Abwechslung für ihn, vielleicht hat er manchmal noch Freude mit den Bikes. Aber ich glaube nicht, dass er in die MotoGP zurückkommen will.»

Klar, Ducati will die Verhandlungen nicht an die grosse Glocke hängen. Das ist verständlich. Aber HRC hat längst Wind davon bekommen.

Auch als Testfahrer wäre Casey bei Ducati nicht willkommen? Gigi Dall'Igna: «Im Moment haben Michele Pirro als Testfahrer. Wir werden sehen, was in Zukunft passiert. Wr sind sehr zufrieden mit Pirro. Er hat grossartige Leistungen gebracht, er hat bei den Michelin-Tests sehr hilfreiche Informationen geliefert. Dadurch verstehen wir die Reifen bereits sehr gut. Er ist beim Misano-GP als Wildcard-Fahrer auf dem fünften Startplatz gestanden. Im Rennen hatte er kein Glück.»

Gigi Dall'Igna räumt aber gerne ein: «Ich wäre sehr stolz, wenn ich mit Casey zusammenarbeiten könnte. Es wäre fantatisch, ihn wieder in der Ducati-Familie zu haben. Er ist ein wirklich besonderer Fahrer. Er ist der einzige Pilot, der in der jüngsten Vergangenheit für Ducati eine GP-Weltmeisterschaft gewonnen hat. Es gibt viele Gründe, ihn willkommen zu heissen. Aber wenn du einen Deal vereinbaren willst, müssen beide Parteien zustimmen...»

Bei Ducati wird Stoner gebraucht, bei Honda nicht. Das wird der Seele des sensiblen Superstars gut tun.

Am Schluss fügte Gigi Dall'Igna vielsagend an: «Nichts ist unmöglich.»

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