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Casey Stoner über Ducati, Fische und sein neues Leben

Von Colin Young
Begleitet von enormem Medieninteresse kehrte Ex-MotoGP-Weltmeister Casey Stoner 2016 als Testfahrer und Markenbotschafter zu Ducati zurück. Stoner sprach nun über die Desmosedici und sein Leben abseits des Rennsports.

Seit seinem Rückzug aus der MotoGP-WM Ende 2012 widmete sich der zweifache MotoGP-Weltmeister Casey Stoner neben V8-Autorennen und MotoGP-Testfahrten vor allem seiner Familie und seinen Hobbies wie dem Angeln und Kartfahren, wie er in einem ausführlichen Interview für das Akrapovic Magazin verriet. Stoner beendete 2015 die Zusammenarbeit mit Honda und wurde neuer Testfahrer und Markenbotschafter für Ducati, mit denen er 2007 seinen ersten MotoGP-Titel gefeiert hatte.

Was war der ausschlaggebende Grund, um wieder mit Ducati zusammenzuarbeiten?

Im Verlauf des Jahres 2015 dachte ich darüber nach, nicht mehr mit Honda zusammenzuarbeiten, denn ich hatte den Eindruck, dass sie meine Daten und meinen Input von den Tests nicht nutzen. Ich kenne meinen Wert als Testfahrer, denn ich habe den Entwicklungsingenieuren viel zu bieten. Ich kann für sehr schnelle Zeiten pushen und habe ein besseres Verständnis dafür, was die Maschine tut. Als Ducati im letzten Jahr auf mich zukam, entschied ich mich, dass mein Input von den Leuten bei Ducati sicher gut genutzt wird. Während meiner früheren Zeit bei Ducati (2007-2010) kam ich immer gut mit dem Team aus, ich war nur von einigen Entscheidungen enttäuscht, die getroffen wurden, während ich Rennen für sie fuhr. Doch nun habe ich eine neue Beziehung zu Ducati aufgebaut. Ich will ihnen wirklich dabei helfen, wieder an die Spitze der MotoGP-Weltmeisterschaft zurückzukehren. Ich will noch immer in einem gewissen Maß mit der MotoGP-WM zu tun haben, aber nicht auf dem sehr hohen Level zu jedem Rennen zu reisen und alles, was damit zusammenhängt, in Vollzeit zu betreiben.

Wie sehr haben sich die MotoGP-Bikes in den letzten Jahren verändert?

Das ist schwer zu vergleichen, denn das letzte Mal, als ich bei Ducati fuhr, hatten wir noch einen Karbon-Rahmen, 800-ccm-Motoren und andere Reifen (Bridgestone). Daher fühlt es sich nun nicht so an, als würde man auf derselben Art von Motorrad sitzen. Es ist ein massiver Unterschied. Ducati hat nun ein Aluminium-Chassis, 1000-ccm-Motoren und Michelin-Reifen. Das alles sorgt dafür, dass sich die Maschine komplett anders anfühlt.

Musstest du deinen Fahrstil anpassen, als du auf die aktuelle MotoGP-Ducati zurückgekehrt bist?

Eine meiner Stärken ist es, dass ich nicht einen bestimmten Fahrstil habe, ich passe mich an jedes Bike an, soweit das nötig ist. Ich denke, das ist der Grund, warum ich mit jedem Bike schnell fahren kann. Ich kann mich anpassen, statt darum zu bitten, die Maschine zu verändern, damit sie meinem Fahrstil entspricht. Der Fahrer muss auch einen Teil des Weges gehen, um sich dem Motorrad anzupassen, denn man wird nie das perfekte Motorrad finden.

Wie betrachtest du die MotoGP-WM nun im Vergleich zu deiner aktiven Zeit? Hat sie sich verändert?

Ich denke, es sollte mehr Stabilität bei den Regeln geben – zumindest für fünf bis acht Jahre. Das würde mehr Werke, wie vielleicht Kawasaki, dazu ermuntern, in den Sport zurückzukehren. Jedes Mal wenn sich die Regeln ändern, kostet es viel Geld, denn die Werke müssen neue Bikes bauen und entwickeln. Regeländerungen sorgen zudem nicht immer für besseren Rennsport. Die Einheits-ECU, die in diesem Jahr eingeführt wurde, ist ein Schritt in die richtige Richtung, obwohl ich denke, dass die elektronischen Systeme noch immer zu fortschrittlich sind. Seit ich meine letzten Rennen fuhr, hat sich die Elektronik nicht stark verändert, trotzdem sind Dinge wie die Motorbremse noch immer zu hoch entwickelt. Wenn ich nun die Ducati teste, empfinde ich die Wheelie- und Traktionskontrolle als sehr einschränkend. Wer braucht eine Wheelie-Kontrolle? Ich sage, nehmt sie raus und lasst das die Fahrer mit der Gashand kontrollieren. Das würde den Rennsport durch das Können der Fahrer aufmischen, auch wenn sie vielleicht ein paar Fehler mehr machen.

Welchen der aktuellen MotoGP-Fahrer respektierst du am meisten und warum?

Wenn nach Respekt gefragt wird, kann ich Jorge Lorenzo nicht übergehen. Ich trat gegen Jorge an. In den letzten Jahren hat er bewiesen, dass er bei weitem der stärkste und konstanteste Fahrer ist. Wenn er die Weltmeisterschaft nicht gewinnt, ist er der erste Herausforderer des jeweiligen Siegers. Sein Titelgewinn 2015 war sehr beeindruckend. Nach drei Rennen hatte er noch keinen Podestplatz erreicht, aber er kam zurück und gewann den Titel. Es gab ein paar Regenrennen, in denen die Dinge nicht nach seinem Geschmack liefen, aber am Ende der Saison ließ er sich nicht wie andere Fahrer in irgendwelche alberne Dinge verwickeln, jagte den WM-Leader und gewann den Titel. Das war fantastisch. Man kann Jorge nichts absprechen. Und ich hatte immer riesigen Respekt vor Dani Pedrosa, der mehr als nur Pech hatte. Er ist ein talentierter, hingebungsvoller und unterbewerteter Fahrer.

Wie sehen deine Erwartungen für den MotoGP-Titelkampf 2016 aus?

Ich kann es nicht wirklich sagen. Jorge ist der Favorit, weil er den Titel verteidigt, aber Marc Márquez hat die beiden Jahre zuvor gewonnen (2013 und 2014) und auch Rossi ist wieder dabei. Zudem ist Dani immer eine unbekannte Größe. Andrea Iannone machte im letzten Jahr einen sehr guten Job und hat viel gelernt. Wenn er die Ducati der Spitze noch näher bringt, kann er für eine große Sensation sorgen. Das Wichtigste ist, wer sich am besten an die Michelin-Reifen anpasst. Es wird hart.

Was ist die eine Sache, die du aus der Rennsportwelt am meisten vermisst?

Eine Sache ist, Zeit im Paddock zu verbringen und sich mit Freunden und Mechanikern zu treffen. Und eine schnelle Runde im Qualifying zu fahren, war auch ein gutes Gefühl. Doch ich vermisse den Stress des Rennsports in Vollzeit nicht, denn er nimmt einen sehr großen Teil deines Lebens ein.

Hast du jemals in Erwägung gezogen, dein eigenes Rennteam zu gründen?

Sicher kein Team in der MotoGP-WM. Ich habe über andere Meisterschaften nachgedacht, vielleicht Motocross, aber es existieren keine Pläne dafür.

Wie sieht es damit aus, dein Wissen mit jungen Fahrern zu teilen und vielleicht eine Riding School zu eröffnen?

Ich halte die Augen offen, um den richtigen jungen Fahrer zu entdecken. Wenn der richtige Fahrer kommt, werde ich ihm gerne ein paar Ratschläge geben. Doch ich werde keine Riding School eröffnen, um Kinder mit Talent zu suchen. Um die richtige Haltung zum Rennsport zu entwickeln, braucht es mehr als nur puren Speed auf dem Bike.

Wer war dein Rennfahrer-Idol und warum?

Mick Doohan. Und das nicht nur wegen seiner fünf WM-Titel. Es war mehr wegen dem, was er durchmachen musste, um sie zu bekommen. Es ist unglaublich, wie er nach seiner schweren Verletzung zurückkam und den Sport dominierte. Ich glaube, er ist der größte Rennfahrer aller Zeiten. Und das hat nichts mit der Statistik zu tun.

Fährst du öfter zum Spaß Straßenmaschinen oder Dirt Bikes?

Ich fahre wann immer ich kann mit einem Dirt Bike, ich genieße Enduro fahren sehr. Einfach das Zelt hinten auf das Bike packen und ein paar Tage weg sein. Draußen auf meiner Farm habe ich viel Spaß, wenn ich mit Freunden fahre.

Und Straßenmaschinen?

Wenn ich Zeit habe, liebe ich es, mit meiner Frau Adriana zu fahren. Einfach zum Frühstück oder Mittagessen cruisen, während unsere Tochter Ally in der Schule ist.

Verfolgst du die Entwicklungsarbeit bei Akrapovic? Was weißt du über diese Marke?

Ich kenne diese Firma seit vielen Jahren. Sie haben beeindruckende Arbeit geleistet. Ich freue mich schon sehr darauf, in diesem Jahr ihr Werk zu besuchen und alles aus erster Hand zu erfahren. Bei Ducati haben sie mir vom hohen Standard der Akrapovic-Produkte berichtet. Wenn du sie dir ansiehst, dann kannst du den Aufwand sehen, den sie betreiben. Egal, ob es sich um Teile für Straßenmaschinen oder MotoGP-Bikes handelt. Ihre Auspuffanlagen sind Kunstwerke.

Wie bewertest du die Rolle von Auspuffanlagen bei einem Rennmotorrad, was Speed und Gefühl betrifft?

Auspuffanlagen spielen im Motorradrennsport eine riesige Rolle. Das Auspuff-Design und der Ausstoß der Abgase können beeinflussen, wie sich die Gaskontrolle des Bikes anfühlt und ob es mehr Drehmoment oder Topspeed hat. Die Technologie der Auspuff-Entwicklung, auch was den Kraftstoffverbrauch betrifft, spielt eine große Rolle im Rennsport.

Was ist aufregender, Rennsport oder einen kapitalen Fisch fangen?

Als ich in der MotoGP-WM begann, hätte ich gesagt, dass ein besonderer Fisch weit oben auf meiner Liste steht, denn im Rennsport kann es sehr stressig sein. Später habe ich gelernt, den Rennsport und meine Siege viel mehr zu genießen. Doch man kann auch sehr viel Spaß dabei haben, einen Fisch zu fangen, der wie eine Trophäe ist.

Hast du einen denkwürdigen Moment beim Angeln erlebt?

Meinen ersten Barramundi zu fangen. Er war 1,3 Meter lang. Ich fing ihn in der Nähe von Bundaberg in Queensland. Das ist sicher eine gute Erinnerung. Meine wahrscheinliche schönste Herausforderung war aber der Fang eines Knochenfisches auf den Cookinseln beim Fliegenfischen.

Erzähl uns von einem bestimmten Kunstköder in deiner Sammlung.

Das Fischen auf Stachelmakrelen ist etwas, das ich wirklich genieße. Dafür benutze ich einen diesen bestimmten Köder. Es ist eine große Anstrengung sie zu fangen, wofür man eine starke Angelrute und einen guten Köder braucht. Man muss schnell sein. Wenn man sie gehakt hat, schwimmt eine Stachelmakrele sofort zurück nach unten zu den Steinen, um die Schnur zu durchtrennen. Man muss sie mit Pumpbewegungen so schnell wie möglich nach oben holen. Es ist ein schönes Gefühl, einen solchen Fisch zu fangen, denn sie können Angelruten in zwei brechen. Sie sind sehr kraftvoll.

Worin besteht für dich der Reiz, viel in der Natur zu sein?

Ich bin in der Natur aufgewachsen. Ich mag keine großen Städte und begrenzt zu sein. Draußen in der Natur zu sein, war schon immer ein Teil meines Lebens.

Abgesehen von deiner Aufgabe als Ducati-Testfahrer, welche Arbeit beschäftigt dich?

Ich habe ein paar Mietobjekte und meine Viehfarm. Damit bin ich neben meiner Tätigkeit als Ducati-Markenbotschafter und Testfahrer beschäftigt. Mein Kalender ist ziemlich voll.

Werden wir dich je in der Rolle eines ständigen MotoGP-Kommentators im TV erleben?

Nein, ich kann mir nicht vorstellen, das dauerhaft zu machen.

Als du dich Ende 2012 aus der MotoGP-WM zurückgezogen hast, bist du eine Saison lang V8 Supercars gefahren. Wie lief es und warum hast du damit aufgehört?

Ich fuhr V8, weil ich nicht einfach mit der MotoGP-WM aufhören und im nächsten Jahr gar nichts machen wollte. Und es war nicht die Hauptserie der V8-Meisterschaft, daher waren es nur sieben Rennen, was keinen vollen Kalender bedeutete. Leider veränderte sich die Lage, da die Rennen kürzer waren als gedacht und die Promotion-Arbeit sehr, sehr aufwendig wurde, da mein Name und mein Profil dazu genutzt wurden, die Serie bekannter zu machen. Es lief nicht so, wie ich es erwartet hatte, also nahm ich mir 2014 frei und begann dann mit den MotoGP-Tests für Honda und nun für Ducati. Ich stehe Autorennen aber noch immer aufgeschlossen gegenüber, wenn sich in Zukunft etwas Interessantes ergibt.

Wie würdest du Rennsport auf zwei und vier Rändern vergleichen, gibt es Ähnlichkeiten?

Nicht wirklich viele, um ehrlich zu sein. Das Einzige, was sich von Motorrädern auf Autos übertragen lässt, ist das Verständnis für Reifen, Speed und Grip-Verhältnisse. Die Bremspunkte und die Linien durch die Kurven sind ganz anders, daher gibt es nicht viel, was sich aus der MotoGP-WM übertragen lässt. Sehr oft werden gute Motorradfahrer nicht automatisch auch gute Autorennfahrer.

Kartfahren war immer dein Hobby. Magst du es noch immer?

Ja, ich habe viel Spaß beim Kartfahren. Vor allem die Karts mit Schaltung machen viel Spaß, sie halten dich auf Zack und fit. Ich liebe es, mit einigen Freunden Tage auf der Strecke zu verbringen. Und wenn ich wieder Autorennen fahren sollte, ist das Kartfahren eine gute Vorbereitung dafür.

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