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Stefan Bradl (15.): «Als wäre ich der Deppertste»

Von Ivo Schützbach
Honda-Teammanager Ronald ten Kate (li.) und Stefan Bradl

Honda-Teammanager Ronald ten Kate (li.) und Stefan Bradl

Der Superbike-WM-Saisonstart wurde für Red Bull Honda mit der neuen Fireblade zu einem Desaster. Nicky Hayden verlor als Elfter auf Phillip Island 19,3 Sekunden auf den Sieger, Stefan Bradl (15.) noch fast 10 mehr.

Vor der Abreise nach Australien war jedem bei Honda klar, dass fünf Wochen Vorbereitungszeit mit dem neuen Motorrad nicht reichen würden, um gegen die Besten aufzugeigen. Erst am 6. Januar bekam das Team die CBR1000RR in seine Hände.

Doch intern gab es bei Honda eine einfache Kalkulation: Da sich das Bike grob nur durch den Motor vom letztjährigen unterscheidet, dachte man, dass man die Rundenzeiten von letztem Jahr wiederholen könne – und dank einigen PS mehr, würden diese automatisch besser.

Doch schnell zeigte sich: Die neue Fireblade ist von der alten Stand heute weit entfernt. Zu Sieger Jonathan Rea (Kawasaki) verlor Nicky Hayden als der Bessere der beiden Honda-Piloten fast 20 Sekunden – für den ehemaligen MotoGP-Weltmeister eine unerträgliche Situation.

Superbike-Rookie Stefan Bradl erging es noch schlimmer. Der Bayer büßte 9,6 sec mehr ein, als 15. erhaschte er einen mickrigen WM-Punkt.

Einige Runden lang kämpfte Bradl gegen Markus Reiterberger (12./Althea BMW) und Randy Krummenacher (10./Kawasaki Puccetti), konnte aber beide nicht halten. In den letzten Runden hatte er auch Roman Ramos (GoEleven Kawasaki) und Alex De Angelis (Pedercini Kawasaki) nichts entgegenzusetzen.

2011 gewann De Angelis auf Phillip Island das Moto2-Rennen vor Bradl, Marc Márquez wurde damals Dritter. Im heutigen Rennen lief es so miserabel, dass ohne die Stürze von Marco Melandri und Lorenzo Savadori beide punktelos geblieben wären. Im Ziel lagen nur noch Russo, Badovini und Jezek hinter Bradl.

«Es hat sich dramatisch herausgestellt, dass wir von der Elektronik so etwas von hinten dran sind», fasste Bradl das Dilemma zusammen. «Bei uns fehlt es an großen Baustellen. Wir haben absolut keinen Grip am Hinterrad. Das ist ein bisschen ein mechanisches Problem, wir konnten ja auch noch keine Zeit investieren, um Grip zu finden. Wenn ich in die Kurve hineinfahre und ein bisschen ans Gas gehe – das ist so etwas von unbeständig. Ich muss aufpassen, dass mir das Hinterrad nicht schlagartig ausbricht und wegschmiert, irgendwo muss ich aber auch schauen, dass ich Speed aufbaue. Da passt etwas hinten und vorne nicht zusammen.»

«Die Renndistanz hat gezeigt, dass das mit abbauendem Reifen noch extremer wird, ich habe absolut kein Vertrauen», schilderte der Bayer SPEEDWEEK.com. «Was ich mit meinem Handgelenk mache, und was am Hinterreifen ankommt, ist desaströs. In Kurve 3 fahre ich rein, da bricht das Hinterrad schlagartig aus, dann mache ich die nächste Runde das Gleiche, und alles ist in Ordnung. So verlierst du das Vertrauen ins Motorrad, in die Mannschaft und in dich selbst, weil etwas ganz grob faul ist. Nicky hat das gleiche Problem, auch er sagt, dass die Elektronik sehr unbeständig sei. Die langen Kurven zermürben uns, wo du lange auf der Flanke des Reifens fährst, sie machen uns kaputt. Wir haben keine Kontrolle, was am Hinterrad passiert. Du willst den Hinterreifen ja dazu bringen, dass er bereit ist, wenn du das Motorrad aufrichtest, aber es passiert halt nichts. Wenn wir die Power einsetzen, löst sich alles in Rauch auf, es dreht nur durch. Unser Motorrad ist ziemlich langsam auf der Geraden, obwohl ich gut aus der letzten Kurve hinauskomme. Das ist aus allen Beschleunigungskurven hinaus so, wo du versuchst, möglichst viel Speed mitzunehmen.»

«Wir werden auf der Geraden zerstört. Sobald wir in den fünften Gang schalten – ich will nicht sagen, da geht es rückwärts. Aber da ist einiges, was verbessert werden muss. Topleistung ist aber nicht unser großes Problem. Nicky meinte, dass Krummenacher in seinem ersten Superbike-Rennen wie nichts an ihm vorbeifuhr, ohne dem Randy etwas weg zu tun. Er hat eine Klasseleistung gebracht. Ich glaube aber nicht, dass das Ergebnis heute unser fahrerisches Potenzial in irgendeiner Weise wiederspiegelt.»

«Das Motorrad gibt mir null das Gefühl, um etwas zu riskieren. Übertrieben gesagt kann ich nicht mein Leben riskieren, wenn ich null Komma null Vertrauen in irgendwas habe, was da unter mir ist. Positiv ist, auf der Bremse bin ich nicht schlecht, da bin ich auf dem Niveau der anderen, wenn nicht sogar einen Ticken besser. Nicky meinte, dass er auf der Bremse den Abstand nach vorne in Grenzen hielt, dadurch konnte er sich in der Gruppe halten. Ich muss Nicky als Maßstab nehmen, ich bin neu hier und es schaut aus, als wäre der Bradl der Deppertste überhaupt, was fahren in der Superbike-WM angeht. Nicky meint, dass im Vergleich zu letztem Jahr alles schlechter sei: Gefühl für und Vertrauen zum Motorrad, die Elektronik. Lediglich die Bremsstabilität sei einigermaßen gleich und das Einlenkverhalten, wenn du Erste-Gang-Kurven hart anbremst.»

Wie erklären sich die 10 Sekunden, die du auf Hayden verloren hast? Bradl: «Einiges liegt sicher daran, dass ich viel weniger Vertrauen habe als er. Er kann das vielleicht noch ein bisschen managen. Zehn Sekunden sind ein Haufen, in den letzten vier Runden hätte ich dir sagen können, wie viele Zuschauer draußen rumstehen. Ich habe nur noch versucht das Rennen fertig zu fahren und nur noch am Gasgriff gespielt.»

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