Nach zwei Seuchenjahren: Van der Mark ist wieder da
Michael van der Mark
Nach dem Titelgewinn in der Supersport-Weltmeisterschaft 2014 stieg Michael van der Mark in die Superbike-Klasse auf. In den folgenden Jahren eroberte er zuerst mit Honda und ab 2017 mit Yamaha die Gesamtränge 7, 4, 6, 3, 4 und 5. Seit 2021 steht er bei BMW unter Vertrag und wurde in seiner Premierensaison Sechster – 2022 und 2023 erlebte der Niederländer verletzungsbedingte Seuchenjahre.
Wenige Tage bevor BMW im März 2022 mit den Testfahrten begann, hatte sich van der Mark beim Training mit dem Mountainbike oberhalb des Sprunggelenks mehrfach das rechte Schien- und Wadenbein gebrochen. Die Brüche waren so verschoben, dass sie mit externen Fixateuren geradegestellt werden mussten. In einer zweiten OP bekam er Platten und Schrauben eingesetzt, um die Brüche zu fixieren.
Der WM-Dritte von 2018 verpasste sämtliche Wintertests sowie den Saisonstart 2022 in Aragon Anfang April. Keine sechs Wochen nach den schweren Verletzungen fuhr van der Mark bei seinem Heimrennen in Assen wieder und wurde für den heroischen achten Platz im zweiten Hauptrennen wie ein Sieger gefeiert.
Dann kam Estoril. Für FP1 am Freitagvormittag (20. Mai 2022) baute ihm BMW einen neuen Motor ein, weshalb er die erste Runde gemächlich anging. In der zweiten Runde hatte er in Kurve 10 einen Highsider. In den Datenaufzeichnungen war zu sehen, dass ihm erst das Hinterrad wegrutschte, dann drehte er reflexartig etwas das Gas zu und die Motorbremse setzte ein. Die Elektronik hatte ordnungsgemäß gearbeitet, das war ein simpler, doch sehr schmerzhafter und folgenreicher Fahrfehler. Van der Mark brach sich im bereits zweimal operierten rechten Bein den Oberschenkelhals.
Im August 2022 kehrte er für den Barcelona-Test zurück und gab Anfang September in Magny-Cours sein Comeback. Van der Mark fuhr die Saison zu Ende, brachte aber nur ein einstelliges Resultat zustande.
Die Wintertests für 2023 liefen nach Plan, vom zweiten Übersee-Event in Mandalika/Indonesien kehrte der Niederländer aber erneut verletzt zurück. Bei einem Highsider hatte er sich die mittlere Phalanx am Ring- und kleinen Finger der linken Hand gebrochen.
Nach den Plätzen 13 und 10 in den ersten beiden Rennen in Assen hatte Michael am Sonntagnachmittag im zweiten Hauptrennen einen fürchterlichen Highsider. Als er neben der Strecke im Gras lag, war das unnatürlich abgewinkelte linke Bein augenscheinlich, der BMW-Pilot brach sich erneut den Oberschenkel.
«Magic Mickey» überstand jede Tortur und kehrte immer wieder auf die Rennstrecke zurück. In der Saison 2024 kämpfte sich der inzwischen 32-Jährige zurück in die Weltspitze und fuhr in der Hälfte der 36 Rennen in die Top-7. In Magny-Cours konnte er am Samstag bei einsetzendem Regen nach über fünf Jahren endlich wieder ein Hauptrennen gewinnen, im letzten Lauf der Saison schaffte er es in Jerez als Dritter hinter Teamkollege Toprak Razgatlioglu und Nicolo Bulega wieder im Trockenen aufs Podium und fuhr zum 42. Mal in seiner Karriere in dieser Klasse in die Top-3.
Die Weltmeisterschaft 2024 beendete van der Mark als Sechster, mit neuer M1000RR will er Weltmeister Razgatlioglu im nächsten Jahr deutlich näherkommen. Obwohl Toprak bei sechs Rennen gefehlt hat, eroberte er mehr als doppelt so viele Punkte.
«Wenn ich mir anschaue, wo ich die vergangenen zwei Jahre war, dann war das ein gutes Jahr», hielt der Mann mit der Startnummer 60 im persönlichen Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Im Superbike-Feld liegen alle so eng beisammen, da musst du jedes Wochenende bei der Musik sein. Ich hatte mehrere Stürze in der Superpole, die mich später in den Rennen einige Positionen gekostet haben. Das muss ich loswerden – es geht in die richtige Richtung. Ich gewann ein Rennen, das ist gut. Aber natürlich will ich mehr.»
Angesichts der Dominanz von Toprak in dieser Saison, der Türke trat in 30 Rennen an und gewann 18 Mal, könnte man die Saison für eintönig halten. Doch wir sahen acht verschiedene Sieger – so viele wie seit 2012 nicht mehr.
«Ich höre immer wieder Kommentare, die Superbike-WM wäre langweilig», ist van der Mark aufgefallen. «Das stimmt aber nicht, nur die vorne sind ein bisschen schneller. Dahinter liegen alle sehr eng beisammen, es gibt Action ohne Ende und alle sind sehr wettbewerbsfähig.»