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Jonathan Rea: «Ich verstehe Marc Márquez und Rossi»

Von Ivo Schützbach
«Ich hätte auch in anderen Sportarten Weltklasse werden können», glaubt Jonathan Rea

«Ich hätte auch in anderen Sportarten Weltklasse werden können», glaubt Jonathan Rea

Seit seinem Titelgewinn plaudert Superbike-Weltmeister Jonathan Rea frei von der Seele. Im exklusiven Interview verriet er, wie er zu Márquez und Rossi steht und was er sich in der Formel 1 zutrauen würde.

Im ersten Teil des großen Interviews mit SPEEDWEEK.com verriet Kawasaki-Werksfahrer Jonathan Rea, wer sich um sein Vermögen kümmert und wen er fragen muss, wenn er Geld ausgeben will. Außerdem wissen wir jetzt, dass Werbeplätze auf seiner Lederkombi früher um 150 Pfund pro Rennen zu bekommen waren.

Genießen Sie den zweiten Teil.

Jonathan, würde es dich freuen, wenn deine beiden Söhne auch Rennfahrer werden?

Ehrlich gesagt nicht. Mein Älterer Jake liebt Fahrräder und Motorräder, er ist gerne auf der Rennstrecke. Wenn er Rennen fahren möchte, dann werde ich ihn unterstützen. Als ich drei Jahre alt war, wollte ich Rennen fahren. Ich musste warten bis fünf, bis ich meine erste Lizenz bekam. Das war die beste Entscheidung meines Lebens und meine Familie hat mich immer dabei unterstützt.

Über Geschäft und Beziehungen habe ich auf der Rennstrecke mehr gelernt als in der Schule. Auch über Respekt. Wobei mir schon klar ist, dass ich einer von wenigen bin, der den Sport zu seinem Beruf machen konnte.

Ich bin heute auf der sicheren Seite. Aber nicht so sicher, dass ich für meinen Sohn 300.000 Euro pro Jahr bezahlen könnte, damit er zum Hobby Rennen fährt.

Wie beurteilst du die Schlammschlacht zwischen Márquez und Rossi in der MotoGP-WM letztes Jahr? Da sind zwei starke Charaktere aufeinander gekracht.

Darüber könnten wir Stunden reden. Der größte Fehler passierte nicht in Argentinien oder Assen, sondern bei der Pressekonferenz in Sepang. Als Rossi den dummen Kommentar über Phillip Island abgab, den es wirklich nicht brauchte. So etwas ist für jeden Fahrer schwer zu akzeptieren.

Wenn das der Fahrer sagt, der im Fahrerlager den meisten Respekt genießt, an dessen Zunge alle Journalisten hängen. Wenn der vielleicht beste Fahrer dich einfach respektlos behandelt... Äußerlich lachte Márquez... Aber während des Sepang-Rennens...

Ich dachte mir während des Rennens, dass das wirklich aggressiv war in den ersten paar Runden. Letztlich hat Rossi einfach das Spiel verloren.

Ich verstehe beide Seiten. Ich bin Rennfahrer, der Typ mit dem Helm auf dem Kopf. Ich bin mir sicher, dass Rossi Márquez nicht getreten hat. Sicher hat Márquez aber auch nicht nachgegeben. Wenn du in dieser Kurve in voller Schräglage auf den Schmutz neben der Ideallinie kommst, ist es einfach zu stürzen. Das war’s.

Mir tut es für beide leid. Beide lieben den Sport, geben immer 100 Prozent. Rossi hat Millionen Fans. Was immer er sagt, seine Fans sind von seinen Worten geblendet. Leider sind viele Fans zu Márquez-Hassern geworden. Rossi hatte es aber auch nicht verdient, das Rennen in Valencia aus der letzten Startreihe in Angriff nehmen zu müssen.

Keine Ahnung. Alle meinten danach, das wäre so schlecht gewesen für den Sport. Aber es war großartig, jeder hat über den Sepang-Vorfall geredet. Beim Pitwalk in Valencia ging es zu, wie normal nur bei der Formel 1.

Wer Márquez vorwirft, er habe in Valencia nicht versucht Lorenzo zu überholen, unterschätzt wie stark dieser war. Vielleicht hat er auch etwas aus den vorhergehenden Vorkommnissen gelernt, als er in den sozialen Medien verrissen und sein Haus von Reportern belagert wurde.

Nach Valencia änderten viele Journalisten in Großbritannien ihre Sichtweise, sie schrieben nicht mehr so arg gegen Márquez. Als Rossi die Pressekonferenz boykottierte, stand er nicht mehr mit weißer Weste da.

Gibt es Motorsportarten wie Formel 1, Rallye oder Speedway, wo du dir denkst, dass du so etwas niemals leisten könntest? Oder denkst du dir als Weltmeister, dass du auch in anderen Sportarten sehr gut sein könntest?

Schwer zu sagen. Heute nicht mehr, ich bin zu alt. Hätte ich erst mit 16 Jahren angefangen Rennen zu fahren, und keine Erfahrungen in den zehn Jahren zuvor gesammelt, wäre ich heute nicht Weltmeister.

Dürfte ich heute einen Formel-1-Wagen testen, glaube ich nicht, dass ich erfolgreich sein könnte.

Mit meiner Mentalität, und wie mich meine Familie zum Sport gebracht hat, glaube ich, dass ich auch in anderen Sportarten hätte Weltklasse werden können. Ich habe genügend Hingabe. Wenn ich weiterhin Motocross gefahren wäre, wer weiß, was ich hätte erreichen können.

Aber ich habe meinen Weg gewählt.

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