Formel 1: Knall bei Aston Martin

Vom 30 PS-NSU Prinz bis zum 1300er-Spiess-TT

Kolumne von Uwe Mahla
​Unser Kolumnist hat Zeit seines Berufslebens über den Rennsport berichtet. Bisweilen hat er auch selbst ins Lenkrad gegriffen – mit meist mäßigem Erfolg, aber oft mit erstklassigem Gerät.

Als Motorsport-Reporter und später als BMW-Pressesprecher habe ich im Motorsport jahrelang mittendrin gearbeitet, zwischen den Großen unseres Sports, den Managern und der Renn-Assen; habe Enttäuschungen und Frust, Begeisterung und unglaublichen Jubel miterlebt, ja mitgelebt. Dabei hatte ich ja ursprünglich davon geträumt, selber einmal Rennfahrer zu werden. Daraus ist zwar nichts geworden, aber ein paar Begebenheiten hinter dem Lenkrad sind mir doch in Erinnerung.

In unserem Marburger Motorsport-Club gab es ein paar Slalom-Koryphäen, Fritz Rechberg, Dr. «Michel» Bischoff (2015 HTGT-Meister mit seinem BMW 2002), Dr. Helmut Mander (1972 Tourenwagen-Europameister am Berg), um nur ein paar zu nennen. Jungs, die mit ihren schnellen, selbstfrisierten NSU TT und TTS immer für Slalom-Gesamtsiege in der näheren und weiteren Umgebung gut waren.

Das war – schon finanziell – nicht meine Liga. So erstand ich für gute 800 Mark einen NSU Prinz 4 mit Sporterfahrung. Dazu für 30 Mark einen Satz Racingreifen auf Stahlfelgen, Intermediates würde man heute sagen. Wenn ich damit durch die Pylonen wedelte, sagten die Leute immer, da kommt ’ne Straßenbahn angerumpelt.

Naturgemäß hatte ich mit meinen 30 PS gegen die kraftstrotzenden Fiat 850 S (mit 47 PS) nicht die Spur einer Chance – nur einmal, bei strömendem Regen, habe ich sie alle nass gemacht.

Das war’s dann schon eigentlich, wenn ich von ein paar zaghaften und erfolglosen Einsätzen auf einem untermotorisierten Gruppe 2-NSU TT und einem chronisch defekten, aber ganz heißen original-englischen Mini Cooper S absehe, der im Stand, aber sonst kaum, so um die 127 PS hatte.

Da schien mir das Chronisten-Dasein im Motosport schon zukunftsorientierter zu sein, und so endete meine Karriere als Rennfahrer frühzeitig.

Erst einige Jahre später, es muss Mitte der 70er gewesen sein, lockte mich ein Angebot aus der Reserve, das ein Tourenwagen-Freak wie ich einer war, nicht ablehnen konnte. Mittlerweile kannte man meinen Namen von zahlreichen Rennberichten, überwiegend über das Geschehen in den kleineren Klassen. Zudem hatte ich einen guten Draht zu den Männern, die die schnellsten NSU TT fuhren: Willi Bergmeister, Wolfgang Wolf und auch den Chef, «Sigi» Spiess persönlich.
Letzterer war nicht nur ein exzellenter Rennfahrer, wovon sechs Meistertitel erzählen, sondern er hatte auch ein besonders feines Händchen in der Präparation des kleinen, noch nicht einmal 700 kg leichten Heckmotor-Renners aus Neckarsulm. In seiner ultimativen Form brachte es der luftgekühlte Vierzylinder-Zweiventiler dank 1300 ccm Hubraum mit Einspritzung und Doppelzündung auf 140 PS. Und das bei für so einen hochgekitzelten Motor guter Standfestigkeit und – jetzt wird es interessant – Fahrbarkeit.

Das ist in diesem Zusammenhang deshalb interessant, weil ich eines Tages im Herbst, ich war mitten in den Vorbereitungen für mein zweites Jura-Staatsexamen, einen Anruf meines Freundes Wolfgang Wolf erhielt: «Sigi Spieß fragt, ob du Lust hast, in Hockenheim beim traditionellen Akademischen Renntraining seinen Werkswagen zu fahren.»

Und ob ich hatte; von zwei frühzeitig beendeten Versuchen abgesehen zum ersten Mal auf der Rundstrecke, und das mit dem Spieß-TT!

Da stand er, blitzsauber in weiß, mit dem damals für das Spieß-Auto typischen roten Frontdesign, niedrig, breit und vom Meister persönlich aufgewärmt. Ich ließ mich mit schlotternden Knien anschnallen und schon ging es los. Aber wie!

Mindestens 15 Autos um mich rum; ich machte bis zur ersten Kurve bereits ordentlich Meter gut und auf der Bremse kam ich noch mal an Einigen vorbei. Das ging ja klasse. Und, wirklich: jede Menge Leistung, aber gut beherrschbar.

Das erste Mal mit Gas durch die Opelkurve, unglaublich wie gut das zu fahren geht. Ich fühlte mich schnell wohl und fuhr meine Runden ohne Zwischenfälle, die Spiess-Leute an der Box machten zufriedene Mienen. Mir war heiß in meinem geliehenen Overall und der Balaklava unter dem Helm.

Als ich nach gefühlten 30 Runden merkte, dass meine Konzentration nachließ, rollte ich an die Box – mit einem Glücksgefühl aus dem soeben Erlebten und der Erleichterung, nichts kaputt gemacht zu haben an dem edlen Stück.

Und dann klopfte mir noch der NSU-Guru mit den Worten «du bist aber nicht das erste Mal auf der Rundstrecke» anerkennend auf die Schulter.

Es fühlte sich an wie ein Ritterschlag.


Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Es kam ganz anders: Die verrückte MotoGP-Saison 2025

Von Thomas Kuttruf
Alle MotoGP-Fans fieberten der Saison 2025 entgegen. Ein sensationeller Dreikampf mit Marc Marquez, Pecco Bagnaia und Jorge Martin war vorprogrammiert. Doch für zwei Piloten lief das Jahr komplett aus dem Ruder.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mi. 26.11., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Mi. 26.11., 19:25, Spiegel Geschichte
    Ultimate Processes
  • Mi. 26.11., 19:55, Motorvision TV
    King of the Roads
  • Mi. 26.11., 20:45, Motorvision TV
    Australian Boat Racing
  • Mi. 26.11., 21:45, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 26.11., 22:20, Motorvision TV
    Motorbootsport: F1H2O-Weltmeisterschaft
  • Do. 27.11., 01:45, Hamburg 1
    car port
  • Do. 27.11., 03:00, ORF Sport+
    Formel 1 Motorhome
  • Do. 27.11., 03:30, SPORT1+
    The Front Row
  • Do. 27.11., 03:45, Hamburg 1
    car port
» zum TV-Programm
6.98 07100916 C2611054512 | 6