Marvin Fritz: «Die WM-Krone ist noch in Reichweite»
Marvin Fritz, einmal mehr bester Deutscher in der Endurance-WM
Wegen der Coronavirus-Pandemie und die damit verbundenen Reisebeschränkungen wurde der Motorsportrennkalender ordentlich ausgedünnt. So fand vor über neun Monaten in Sepang (Malaysia) zum letzten Mal ein Lauf der Langstrecken-Weltmeisterschaftssaison 2019/2020 statt. Die Rennen in Oschersleben, Suzuka und Le Castellet wurden abgesagt, kein Wunder, dass sich Marvin Fritz darauf freute, beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans endlich wieder in den Sattel der YART-Yamaha zu steigen.
Während des freien Trainings hatten Fritz und seine Teamkollegen Niccolò Canepa und Karel Hanika noch Abstimmungsprobleme mit der Elektronik, doch bis zum Qualifying waren alle Probleme beseitigt. Fritz erwies sich als Schnellster im Team. Der Deutsche trug damit nicht unwesentlich zur Pole-Position und damit zu den ersten fünf WM-Punkten bei.
Im Warm-up wurde das Set-Up der Yamaha YZF-R1 nochmals optimiert und Startfahrer Canepa übergab das Motorrad nach den ersten 50 Minuten an zweiter Stelle liegend an Fritz, der schnell seinen Rhythmus fand und sich mit flotten Rundenzeiten unwiderstehlich an die erste Stelle setzen konnte. Mit über zehn Sekunden Vorsprung auf F.C.C. TSR Honda France konnte Hanika das Motorrad übernehmen.
Der Tscheche, der diese Saison neu zur österreichischen Mannschaft gestoßen war, konnte den Vorsprung auf den ersten Verfolger weiter ausbauen, doch in der 93. Runde fiel er dem einsetzenden Regen zum Opfer. «Es waren unberechenbare Verhältnisse. Stellenweise hatte es zu regnen begonnen, eine Kurve war trocken und in der nächste war der Asphalt nass. Mit profillosen Reifen ist das eine heikle Angelegenheit», kommentierte Fritz, der den Sturz am Monitor verfolgte, das Missgeschick seines Teamkollegen.
Mit abgebrochenem Lenkerstummel und Kupplungszug sowie einem verbeulten Heck rettete der Hanika die Yamaha in die Box. «Nach einer rekordverdächtigen Reparatur konnte Niccolò wieder ins Rennen geschickt werden. Mit fünf Runden Rückstand konnte ich an 26. Stelle meinen zweiten Stint in Angriff nehmen. Der Vorwärtsdrang, der ihn an die neunte Stelle gebracht hatte, wurde jäh gestoppt. «Auf der Start- und Zielgeraden konnte ich anzeigen, dass ich zu einem unplanmäßigen Stopp kommen werde.»
«Beim Sturz hatte wohl auch das Licht und die Bremsanlage etwas abbekommen. Da die Boxencrew durch meine Handzeichen vorgewarnt war, konnte wertvolle Zeit eingespart werden, trotzdem hat es wieder einige Plätze gekostet und wir mussten erneut eine Aufholjagd starten. Trotz der schwierigen Wetterverhältnisse konnte ich am Tag und in der Nacht konstant schnelle Rundenzeiten abliefern. Im Dunkeln bin ich mit 1:37,4 Minuten sogar die Bestzeit gefahren.»
Drei Stunden vor Schluss musste Fritz nochmals das Motorrad übernehmen. Weil Teammanager Mandy Kainz in Absprache mit seinem Fahrer entschied, dass der geplante Fahrerwechsel mit Hanika doch nicht wie vorgesehen gemacht wird, blieb der Badener für einen Doppelstint im Sattel seiner Yamaha. «Ich hatte den aktuellen Streckenzustand im Kopf, ein weiterer Fahrerwechsel wäre ein Risiko gewesen.»
Für den Motorsportprofi wurde es zu einem seiner härtesten Einsätze. «Die Strecke war mittlerweile sehr rutschig geworden, der Grip war nicht mehr richtig vorhanden und der Doppelstint nach 22 Stunden Renndistanz dementsprechend kräfteraubend.» Nach einem spannenden Rennen inklusive Sturz, Reparatur, Reifenpoker, Aufholjagd und 26 Boxenstopps sahen Fritz und seine beiden Teamkollegen noch als Vierter die Zielflagge.
«Das war ein Rennen mit vielen Hürden und Hindernissen, aber letztendlich hat alles funktioniert. Danke an das ganze YART-Team und an unseren Reifenausstatter Bridgestone. Wir sind jetzt zwar 45 Punkte hinter der führenden Mannschaft in der Weltmeisterschaft. In vier Wochen könnten wir uns beim 12-Stunden-Rennen in Estoril mit ein bisschen Glück doch noch den Weltmeistertitel holen», lässt sich der Deutsche seinen Optimismus nicht nehmen.
24h Le Mans Endergebnis
1.F.C.C. TSR Honda (Hook, F.Foray, Di Meglio), Honda CBR 1000RR-R, 816 Runden. 2. Webike SRC Kawasaki France (Guarnoni, E.Nigon, Checa), Kawasaki ZX-10R, + 2 Runden. 3. Suzuki Endurance Racing Team (Masson, Black, Simeon), Suzuki GSX-R1000, + 3 Rd. 4. YART Yamaha (Hanika, Fritz, Canepa), Yamaha YZF-R1, + 5 Rd. 5. VRD IGOL PIERRET (Alt, Marino, Terol), Yamaha YZF-R1, + 17 Rd. 6. 3ART (Plancassagne, Lagrive, Berchet), Yamaha YZF-R1, + 22 Rd. 7. Wojcik Racing (Rea, Maurin, Parkes), Yamaha YZF-R1, + 23 Rd. 8. GERT56 by GS Yuasa (Kerschbaumer, Glöckner, Finsterbusch), BMW S1000RR, + 30 Rd. 9. No Limits (Scassa, Kemmer, Vitali), Suzuki GSX-R1000, + 33 Rd. 10. Moto Ain (Rolfo, Maurin, Mulhauser), Yamaha YZF-R1, + 35 Rd. Ferner: 13. Motobox Kremer (Dehaye, Ströhein, Colliaux), Yamaha YZF-R1, + 42 Rd. 14. LRP Poland (Vincon, Krzemien, Lewandowski), BMW S1000RR, + 46 Rd. 21. Team Bolliger Switzerland (Stamm, Bühn, Pellijeff), Kawasaki ZX-10R, + 61 Rd.
Gesamtwertung EWC (nach 3 von 4 Rennen)
1. Suzuki Endurance Racing Team, 127 Punkte. 2. F.C.C. TSR Honda, 87. 3. YART Yamaha, 82. 4. BMW Motorrad World Endurance Team, 82. 5. Webike SRC Kawasaki, 80.
Gesamtwertung FIM World Cup (nach 3 von 4 Rennen)
1. Moto AIN, 148 Punkte. 2. GERT56 by GS Yuasa, 122. 3. No Limits Motor Team, 96. 4. Team 33 Coyote Louit Moto, 75. 5. BMRT 3D Maccio Racing, 70.