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Was bringt die neue Ausrichtung der LMP1-Klasse?

Kolumne von Oliver Müller
Wurde von allen anderen Herstellern im Stich gelassen: Toyota mit dem TS050 Hybrid

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SPEEDWEEK.com machte sich Gedanken zum überarbeiteten Auftritt der LMP1-Kategorie, welcher ab 2018 in Kraft tritt. Hybrid-Renner sollen dann genauso schnell sein, wie die Fahrzeuge ohne zusätzliche Elektro-Power.

2015 Nissan, 2016 Audi und zum Ende der Saison 2017 dann auch Porsche. Nach Einführung der so gehypten neuen LMP1-Regeln im Jahre 2014, ballerten die Ausstiege der Werksteams nur so auf die Sportwagen-WM (FIA WEC) herein. Das zunächst als bahnbrechendes Konzept bejubelte Hybrid-Reglement stellte sich inzwischen als Rohrkrepierer heraus. Ganz einfach schon deswegen, weil es aufgrund der technologischen Komplexität Unmengen an Resourcen (und hier sind nicht nur die finanziellen gemeint) benötigte, um an der Spitze mitfahren zu können. Mehr noch: Private Teams (die über Jahrzehnte das Rückgrat der Klasse bildeten) machten sich mangels Erfolgsaussichten entweder aus dem Staub oder stiegen erst gar nicht in die LMP1-Kategorie ein.

Während nach dem Abschied Audis im letzten Herbst bereits die für 2018 beschlossene Hybrid-Aufstockung (drei Systeme und zehn Megajoule an rekuperierende Energie) verworfen wurde, kloppten ACO und FIA nun gleich noch das gerade erst im Juni in Le Mans vorgestellte 2020er Reglement in die Tonne. Dieses sollte die neue LMP1-Generation bis zu einen Kilometer voll elektrisch fahren lassen. Ganz klar: Die Regelhüter haben bei der Reglementserarbeitung zuletzt alles andere als ein gutes Händchen bewiesen. Ihnen ist es nicht gelungen, ein Konzept auf die Beine zu stellen, welches nachhaltig Bestand hat.

Ab 2018 sollen LMP1-Renner mit und ohne Hybrid-System über die 'Equivalence of Technologies' nun auf ein vergleichbares Zeiten-Niveau gebracht werden. Vom Grundsatz her ist diese Idee natürlich schon mal keine schlechte Herangehensweise, da Toyota (als einzig verbliebener Hybrid-Vertreter) sonst ohne wirkliche Konkurrenz dagestanden hätte - und die Rennen eigentlich schon in Vorhinein entschieden gewesen wären.

Jedoch wurde die jetzt wieder ausgegrabene Gleichbehandlung beider Konzepte auch bereits zur Einführung des Reglements im Jahre 2014 propagiert. Dass damals überhaupt nur eine Extra-Wertung für die Nicht-Hybriden aufgemacht wurde lag daran, dass jene Wagen im Wettbewerb komplett chancenlos gegen die Elektro-Renner dastanden - und den Privatteams durch eine eigene Podiumszeremonie wenigstens etwas an Anerkennung zukommen sollte. Bleibt also zu hoffen, dass die angekündigte Gleichstellung diesmal auch tatsächlich umgesetzt wird.

Eine performancemäßige Gleichbehandlung bringt jedoch eine neue Schwierigkeit mit sich: Da Werke zukünftig auch ohne zusätzliche Elektro-Power antreten dürfen, ist das Hybrid-Konzept der FIA WEC eigentlich komplett hinfällig. Denn warum sollten Autohersteller überhaupt noch exorbitant teure Hybrid-Renner auf Kiel legen, wenn diese genauso schnell um die Rennstrecken fahren, wie ein Standard-LMP1? Zwar wird den Hybrid-Modellen ein kleiner Vorteil bei der Reichweite eingeräumt, doch rechtfertigt dieses Zugeständnis die zusätzlichen hohen Millioneninvestitionen in die Renntechnik?

Clever war die Entscheidung zur Gleichstellung jedoch vor einem ganz anderen Hintergrund. Denn sie gräbt dem DPi-Konzept der amerikanischen IMSA-Serie das Wasser ab. Dort können Werke einen eigenen Motor in eines der vier erlaubten LMP2-Modelle verpflanzen, leicht das Bodywork abändern und somit kostengünstig um die Gesamtsiege bei Klassikern wie in Daytona oder Sebring fahren.
Wenn zukünftig mit einem LMP1 ohne Hybrid-System auch wieder das 24-Stunden-Rennen von Le Mans (genauso wie die Weltmeisterschaft) gewonnen werden kann, haben Hersteller neben der DPi auf einmal wieder zwei Möglichkeiten, kostengünstigen Prototypen-Sport zu betreiben. Mehr noch: In der LMP1-Klasse dürfte ein Hersteller seinen Rennwagen dann sogar komplett alleine aufbauen, wohingegen er in der DPi-Kategorie auf einen LMP2 von Oreca, Dallara, Ligier oder Riley als Basis zurückgreifen müsste.

Jubelstürme wird die Verkündung vom Wochenende auf jeden Fall bei den kleinen Chassis-Konstrukteuren ausgelöst haben. Denn Fahrzeuge, wie beispielsweise der gerade in Entwicklung befindliche Ginetta LMP1, haben ein zusätzliches ultimatives Verkaufsargument erhalten, da sie nun um den Le-Mans-Sieg fahren können. Dies sollte neben Ginetta und BR/Dallara in den kommenden Wochen auch wieder andere Konstrukteure über die LMP1-Klasse nachdenken lassen. Denn zahlungskräftige Kunden, die davon träumen den Klassiker an der französischen Sarthe zu gewinnen, sind reichlich gesät.

Grundsätzlich ist die Rückbesinnung auf die kleineren Konstrukteure positiv zu bewerten, da somit an der Spitze des FIA-WEC-Feldes mittelfristig wieder eine breitere Basis geschaffen werden könnte. Reglementstechnische Notoperationen sollten somit sehr viel seltener von Nöten sein. Wie lange dieser Weg beschritten wird, muss sich jedoch noch herausstellen. Denn Events wie die 24 Stunden von Le Mans (oder auch die FIA WEC als Ganzes) werden heutzutage von den Investitionen der großen Autohersteller getragen. Und Ginetta, BR/Dallara & Co. werden sicherlich nicht die selben Beträge für Hospitality-Flächen, Bandenwerbung etc. ausgeben, wie es zuletzt Nissan, Audi oder Porsche getan haben.


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