Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Sebastian Vettel (Ferrari) riskierte Sperre Brasilien

Von Mathias Brunner
Um ein Haar hätte Sebastian Vettel zuschauen müssen

Um ein Haar hätte Sebastian Vettel zuschauen müssen

​SPEEDWEEKipedia: Leser fragen, wir finden die Antwort. Heute: Was wäre passiert, hätte sich Mexiko-Schandmaul Sebastian Vettel nicht für seine Entgleisung entschuldigt? Was wäre eine mögliche Strafe der FIA gewesen?

In loser Reihenfolge gehen wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» auf Fragen unserer Leser ein. Dieses Mal will Lara Haller aus Salzburg wissen: «Die FIA hat doch erklärt, dass es keine Strafe für die Beschimpfungen von Sebastian Vettel während des Mexiko-GP geben werde, dass der Autoverband aber so ein Verhalten nicht noch einmal tolerieren werde. Ich möchte wissen – auf welcher Grundlage hätte der Autoverband Vettel bestrafen können und womit?»

Was bisher geschah, in ein paar Sätzen: Ferrari-Star Sebastian Vettel griff im Mexiko-GP Max Verstappen an, der 19jährige Niederländer fuhr übers Gras, behielt so seinen dritten Platz, Vettel war fassungslos, dass der Red Bull Racing-Fahrer ihm die Position nicht preisgab. Er zeterte am Funk über die Rennleitung («Ich habe eine Nachricht für Charlie, fuck off») und fand nach dem Rennen auch für Verstappen wenig schmeichelhafte Worte.

Nach dem Rennen entschuldigte sich Vettel bei Whiting zunächst mündlich, am Montag dann auch schriftlich. Das hat ihn vor einem Gang vors internationale Tribunal des Automobilverbands FIA bewahrt.

Die FIA hielt am Dienstag fest: «Angesichts der aufrichtigen Entschuldigungen sieht der FIA-Präsident ausnahmsweise davon ab, Mr. Vettel zur Bestrafung vor das internationale FIA-Tribunal zu zitieren. Die FIA verurteilt beleidigende Kraftausdrücke im Motorsport – vor allem, wenn sie sich an Offizielle oder Kontrahenten richtet – und erwartet von allen Teilnehmern ihrer Meisterschaften, dass sie mit Respekt und dem Wissen um ihre Wirkung speziell bei den jüngeren Zuschauern.»

Grundlage für eine mögliche Vorladung von Sebastian Vettel nach Paris: Artikel 151c des Internationalen Sport-Kodex, ein Gummiparagraph, der sich vielfältig anwenden lässt. Denn dieser Artikel besagt, dass die FIA alles bestrafen kann, was als «betrügerisches Verhalten oder Vergehen, die dem Ansehen des Sports abträglich sind», ausgelegt werden kann.

Die Anwendung von Artikel 151c ist gar nicht mal selten.

So wurden 2005 Reifenhersteller Michelin sowie deren sieben Partner-Rennställe ins Visier genommen, weil sie nach der Aufwärmrunde im Indy-GP an die Box fuhren. Nur die sechs Bridgestone-bereiften Autos nahmen damals den Start zum USA-GP auf. Michelin und die Rennställe wurden nicht bestraft, weil sie darlegen konnten – wären sie zum Rennen angetreten, wäre es zu Unfällen gekommen, bei welchen die Reifen der Grund waren, so hätten sie im Bundesstaat Indiana angeklagt werden können.

2007 gab die FIA vor dem Belgien-GP bekannt, dass McLaren sämtliche WM-Punkte aberkannt werden und der Rennstall eine Rekordbusse von 100 Millionen Dollar bezahlen muss. Der Chefdesigner von McLaren, Mike Coughlan, erhielt im Mai 2007 interne Informationen des Ferrari-Teams – von Nigel Stepney, dem damaligen Ferrari-Chefmechaniker. Als im Juni 2007 die Ehefrau von Coughlan die Unterlagen in einem Copyshop kopieren wollte, meldete ein dort angestellter Verkäufer den verdächtigen Vorgang. Darauf erstattete Ferrari bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Stepney.

Renault erhielt 2009 eine Formel-1-Sperre von zwei Jahren (auf Bewährung), Teamchef Flavio Briatore und Technikchef Pat Symonds wurden entlassen. Dies, nachdem bekannt geworden war, dass Nelson Piquet junior im Singapur-GP 2008 absichtlich in eine Mauer fuhr, um eine Safety-Car-Phase zu erwirken, die seinen Renault-Stallgefährten Fernando Alonso an die Spitze spülte. Alonso gewann. Briatore wurde auf Lebenszeit gesperrt (ein Urteil, das später vor einem Gericht in Frankreich als nichtig erlärt wurde), Symonds erhielt eine Sperre von fünf Jahren Dauer.

McLaren wurde 2009 für drei GP gesperrt (ebenfalls auf Bewährung), weil Lewis Hamilton von Sportchef Dave Ryan angewiesen worden war, vor den Rennkommissaren die Unwahrheit über einen Pistenvorfall gesagt hatte (angeblich hatte Jarno Trulli Hamilton bei einer Safety-Car-Phase überholt). Ryan wurde entlassen.

«Verwarnung für Formel-1-Alleinausrüster Pirelli, Verwarnung für den Formel-1-Rennstall Mercedes, darüber hinaus dürfen die Silberpfeile nicht am Nachwuchsfahrer-Test Mitte Juli in Silverstone teilnehmen.» So lauten die Urteile im Test-Skandal 2013 um die Probefahrten von Mercedes und Pirelli im Mai in Barcelona – nachdem Mercedes mit einem aktuellen Rennwagen drei Tage lang in Spanien getestet hatte. Viele Kritiker kreideten dem Autoverband FIA jedoch an, am ganzen Schlamassel nicht unschuldig zu sein – aufgrund einer mangelhaften Kommunikation und eines löchrigen Reglements.

Das mögliche Strafmass für Vettel würde dem FIA-Tribunal obliegen. Es umfasst die Bandbreite Geldstrafen, Sperren für ein oder mehrere Rennen, Abererkennung von WM-Punkten, Ausschluss aus der WM.

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