Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Ross Brawn: «Die Formel 1 reagiert nur»

Von Rob La Salle
 Der Formel-1-Branchenkenner Ross Brawn weiss, was dem GP-Zirkus fehlt

Der Formel-1-Branchenkenner Ross Brawn weiss, was dem GP-Zirkus fehlt

Formel-1-Branchenkenner Ross Brawn weiss, warum im GP-Zirkus in den letzten Jahren nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen wurden und erklärt, was man dagegen machen kann.

In einem sind sich die Formel-1-Experten einig: Ross Brawn ist eine der vernünftigsten Stimmen im GP-Zirkus. Der frühere Teamchef von Benetton, Ferrari, Honda, BrawnGP und Mercedes hat sich durch seine Erfolge – unter anderem sieben Fahrer-WM-Titel mit GP-Ikone Michael Schumacher – einen Platz in den Geschichtsbüchern der Königsklasse gesichert. Er geniesst derzeit seinen Ruhestand, der mit seinem Mercedes-Abgang 2013 seinen Anfang nahm. Doch er schliesst eine Rückkehr ins Fahrerlager der Königsklasse nicht aus.

Im Gespräch mit ESPN-Reporterin Jennie Gow bestätigt der ruhige Brite, dass er die neuen Formel-1-Anteilseigner des Liberty Media-Konzerns als Branchenkenner beraten hat. Der vom amerikanischen Medien-Mogul John Malone kontrollierte Konzern hat im Oktober 18,7 Prozent der Anteile des Unternehmens Delta Topco von der Investment-Gruppe CVC Capital Partners übernommen Im nächsten Jahr soll schrittweise die komplette Übernahme der Mutter-Holding der Formel 1 von der aktuellen Mehrheitseignerin erfolgen.

Ob er dann eine feste Rolle in der Führungsstruktur der neuen Rechteinhaber einnehmen wird, kann der 61-Jährige noch nicht sagen. Er weiss aber, was passieren muss, um künftige Fehlentscheidungen in der Formel 1 zu vermeiden. Er erklärt: «Ein Problem ist, dass es offenbar keinen Plan gibt und Entscheidungen nur als Reaktion auf gewisse Ereignisse getroffen wurden.»

Deshalb kommt der leidenschaftliche Fischer und Rosenzüchter zum Schluss: «Es würde der Formel 1 gut tun, wenn man eine Strategie festlegt, in welche Richtung man sich entwickeln und wo man in drei oder fünf Jahren stehen will.»

Als Beispiel nennt Brawn die Motorenentwicklung: «Nehmen wir beispielsweise die aktuellen Formel-1-Antriebseinheit, die sehr beeindruckend ist. Aber ist sie auch der Antrieb der Zukunft und wo soll die Entwicklung in diesem Bereich hingehen? Wie sieht der Formel-1-Motor in fünf Jahren aus? Wird es ein neues Triebwerk geben und wissen wir, wie es aussehen wird?»

«Sollte es in fünf Jahren einen neuen Motor geben, dann muss man bald mit dem Entwicklungsprozess beginnen – und man muss dabei das Hauptaugenmerk auf etwas andere Aspekte legen als bei der Entwicklung des aktuellen Motors. Denn die aktuelle Antriebseinheit ist unglaublich, aber sie ist auch ziemlich teuer und deshalb für kleine Teams kaum tragbar. Deshalb lautet die Frage: Kann man einen Motor bauen, der technisch eine entsprechende Herausforderung darstellt und gleichzeitig auch für die kleineren Teams bezahlbar ist?», fügt der Formel-1-Ingenieur an.

Und Brawn erklärt: «Solche Dinge müssen festgelegt werden, und wenn man das jetzt macht, dann lässt sich das natürlich nicht alles schon im nächsten Jahr umsetzen. Aber in drei oder fünf Jahren hat man Erfolg damit. Wie alle Pläne könnte auch diese Strategie angepasst werden, doch es ist wichtig, dass alle Beteiligten – die TV-Stationen, Strecken-Promoter, Teams, Medienschaffenden und Fans – ihre Wünsche darüber äussern, wie die Formel 1 aussehen soll. Daraus sollte dann ein Plan entstehen, der diskutiert und strukturiert wird.»

Brawn ist überzeugt: «Ich denke nicht, dass dies in der Formel 1 schon passiert ist, ich denke, bisher hat man nur auf Probleme reagiert. So hat man etwa das Qualifying angepasst, weil die Zuschauerzahlen nicht mehr so hoch waren. Und wir haben gesehen, dass dies kein grosser Erfolg war.»

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