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Toto Wolff über Lewis Hamilton: «Anarchie geht nicht»

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Toto Wolff

Lewis Hamilton und Toto Wolff

​Mercedes-Teamchef Toto Wolff ist hin- und hergerissen über das Verhalten von Lewis Hamilton: «Einem Racer sollte man lange Leine lassen. Aber Anarchie geht nicht. Ich muss gut überlegen, was wir machen.»

Heisse Köpfe bei Mercedes-Benz. Die Teamführung ist wenig berauscht von der Weigerung von Lewis Hamilton, sich an eine Anweisung zu halten.

Teamchef Toto Wolff sagt klipp und klar: «Natürlich haben wir vor dem Rennen über dieses hoch wahrscheinliche Szenario geredet, also dass Hamilton vor Rosberg liegt und dass es natürlich in Lewis’ Interesse wäre, dass Nico Druck von hinten bekommt. Und so kam es auch. Eine Überraschung war das für mich also nicht.»

«Es gab dann zwei riskante Momente für mich in diesem Rennen, in welchen wir Gefahr liefen, den Sieg zu verlieren. Bei Verstappen waren wir uns über seine Strategie nicht ganz im Klaren, später fuhr Vettel zwei Sekunden pro Runde schneller als wir.»

«Seit drei Jahren – und es ist egal, ob es sich um das erste Rennen der Saison handelt oder um das letzte – haben wir die Vorgabe: Wir wollen den Sieg absichern. Und das haben wir auch heute getan. Daher erhielt Lewis die Anweisung, bitteschön Tempo zu machen.»

«Eine Weile hatten wir die Befürchtung, dass Sebastian Vettel dieses Rennen gewinnen würde, daher kam nach Hamiltons Renningenieur dann auch noch Technikchef Paddy Lowe an den Funk. Ich bin verantwortlich für diesen Rennstall und für die Struktur, welche wir aufgebaut haben. Und mir ist wichtig, dass die Werte und die Vorgaben beachtet und geehrt werden. In jedem Rennen. Dank dieser Vorgaben haben wir Rennen und Titel gewonnen.»

«Auf der anderen Seite schlägt in meiner Brust auch ein Racer-Herz, und ich sage mir: Vielleicht hätte ich das Gleiche getan. Er hatte ja keine Wahl – in der Ferne entschwinden und gewinnen, das hätte ihm in der WM aber nichts geholfen, oder ein wenig aktiv zu werden und etwas zu versuchen. Wir müssen uns das alles in Ruhe anschauen. Ich bin mir da selber noch nicht im Klaren.»

«Uns war nicht klar, was Lewis machen würde. Aber wir haben mit so etwas gerechnet, eben weil sie freie Fahrt haben, eben weil wir keine Nummer 1 und Nummer 2 haben wollen. Aber das kommt natürlich der Vorgabe in die Quere, auf alle Fälle den Sieg abzusichern. Was ich nicht will: Dass die Interessen des einen über jene des ganzen Teams gestellt werden.»

«Vielleicht müssen wir daran denken, diese Prinzipien für das WM-entscheidende Rennen über Bord zu werfen. Aber nicht mal da bin ich mir sicher. Denn eine WM wird nicht nur in Abu Dhabi beim Finale entschieden. Es gibt in den Rennen zuvor viele Situationen, welche die Punktesituation genau so beeinträchtigen.»

«Wir würden tolle Schlagzeilen machen, aber wenige Siege einfahren und weniger Titel. Darüber müssen wir sprechen.»

Wird das Verhalten von Lewis Konsequenzen haben? Toto: «Das will ich intern behandeln. Ich habe mir noch kein klares Bild gemacht. Aber das könnte ein gefährlicher Präzedenzfall sein. Wir sind 1500 Menschen, die beim Rennstall arbeiten, wir sind 300.000 Mitarbeiter bei Daimler. Die arbeiten alle nach gewissen Werten. Eine Struktur in aller Öffentlichkeit zu unterminieren, das stellt wie gesagt den einen über alle anderen. Und Anarchie geht kein keinem Rennstall und auch in keiner Firma. Aber nochmals – das ist nur die eine Seite. Der Racer in mir versteht, dass dies seine einzige Chance war, noch Weltmeister werden zu können. Vielleicht ist es von einem Rennfahrer in so einer Situation zu viel verlangt, gegen seinen Instinkt zu handeln. Wir müssen das für künftige Situationen regeln. Und darüber muss ich eine Nacht schlafen.»

Hat Toto daran gedacht, sich selber am Funk zu melden? Der Wiener lacht: «Also zunächst einmal habe ich gar keinen Knopf, um das wirklich zu machen! Technikchef Paddy Lowe ist in so einer Situation die höchst Instanz. Ich selber kenne mich, ich würde mich wohl am Funk melden, es gab einige Situationen, und danach würde ich es bereuen. Man muss sich selber kennen, seine Stärken und seine Schwächen, und ich kenne meine Schwächen genau.»

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