Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Nico Rosberg (Mercedes): Rücktritt auf dem Höhepunkt

Von Mathias Brunner
​Nico Rosberg tritt als Weltmeister ab. «Ich habe mein grosses Ziel erreicht, jetzt will ich mich um meine Familie kümmern.» Rosberg hat zuvor eine bewundernswerte Karriere gezeigt – und viele Hindernisse überwunden.

Vor kurzem nahm uns Daniel Ricciardo an einen Ort mit, den Formel-1-Fans selten zu besuchen bekommen: in den Kopf eines Grand-Prix-Stars. Der Australier schrieb in seiner Kolumne für Red Bull Racing: «Ich habe schon oft darüber nachgedacht – wie lange soll ein Sportler seiner Leidenschaft treu bleiben? Soll er auf der Spitze seiner Karriere aufhören? Nur um dann darüber zu grübeln, ob nicht der Zeitpunkt vielleicht verfrüht war? Oder soll er so lange als möglich weitermachen, bis am Ende sein Ruf ramponiert wird?»

Was Nico Rosberg betrifft, kennen wir nun die Antwort: Mit dem sofortigen Rücktritt aus der Formel 1 tritt der Wiesbadener ab, um sich mehr seiner Familie zu widmen.

Rosberg ist der erste Formel-1-Champion seit Alain Prost 1993, der als Weltmeister den Helm an den Nagel hängt.

Zuvor zeigte der Sohn des 1982er Formel-1-Weltmeisters Nico Rosberg eine Bilderbuchkarriere – mit kleinen Hindernissen. Denn Nico musste sich ordentlich durchbeissen. Erst im siebten Jahr gab es den ersten GP-Sieg, in seiner elften Saison fuhr er zum Titel. Länger auf einen WM-Titel warten musste nur Nigel Mansell.

Nico Rosberg wuchs in Wiesbaden, auf Ibiza und in Monte Carlo auf. Sein Abitur legte er 2002 mit einer Durchschnittsnote von 1,2 ab. Rosberg spricht fliessend Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch und ist daher der Traum aller Marketing-Fachleute – natürlich auch wegen seiner tadellosen Erziehung und seines adretten Aussehens. Die Muttersprache seines finnischen Vaters, Formel-1-Weltmeister Keke Rosberg, beherrscht er dagegen nicht. Na ja, fast nicht, denn einige zünftige Schimpfworte hat er auf Finnisch schon drauf.

Rosberg sass mit sechs Jahren das erste Mal in einem Kart. Mit elf Jahren startete er in diversen lokalen Kart-Meisterschaften und gewann seine ersten Titel. Seine eigentliche internationale Rennkarriere begann 2000 und 2001. Er wurde Vize-Europameister in der Formel A (2000) und startete in der Weltmeisterschaft der Formel Super A (2001).

2002 fuhr er im Team seines Vaters in der Formel BMW ADAC und wurde auf Anhieb Meister. Im selben Jahr durfte er als 17-Jähriger und bis dahin jüngster Fahrer überhaupt einen Formel-1-Boliden des Williams-Teams testen.

Es folgten zwei Jahre mit zahlreichen Siegen in der Formel-3-Euroserie. Das beste Resultat in dieser Klasse war der vierte Schlussrang 2004 (ein gewisser Lewis Hamilton wurde Gesamtfünfter).

2005 wechselte Rosberg in die GP2-Serie und wurde mit dem Team ART Grand Prix auf Anhieb Meister (Lewis Hamilton tat es ihm ein Jahr später gleich). Im Oktober 2005 unterschrieb Rosberg seinen ersten Formel-1-Vertrag – beim Traditionsrennstall Williams.

Im März 2006 gab Rosberg sein Formel-1-Debüt beim Grossen Preis von Bahrain. Von der zwölften Position startend musste er nach einer Kollision in der ersten Runde einen frühzeitigen Boxenstopp einlegen. Er kämpfte sich jedoch mit einer furiosen Aufholjagd zurück, erreichte noch Platz 7 und damit seine ersten WM-Zähler. Bemerkenswert war dabei vor allem, dass Rosberg die schnellste Runde des Rennens gefahren hatte als sei dies das Selbstverständlichste der Welt.

2007 fuhr Nico Rosberg weiter für das Williams-Team, das sich nun mit Toyota-Motoren ausgerüstet hatte. Direkt zu Saisonbeginn war deutlich zu sehen, dass Williams sich verbessert hatte. Zahlreiche Defekte kosteten Rosberg wertvolle Punkte, wie schon im Vorjahr. In der zweiten Saisonhälfte erwies sich der Williams als zuverlässiger und Rosberg konnte regelmässig unter die ersten Acht fahren. Nico Rosberg schloss das Jahr als Neunter der Fahrerwertung ab.

Das erste Rennen 2008 begann für Rosberg beim Grand Prix von Australien mit einem dritten Rang. Es folgten zahlreiche Top-10-Plätze. Die Saison 2008 beendete Rosberg mit 17 Punkten und dem 13. Platz in der Fahrer-Weltmeisterschaft.

Nach einem weiteren Jahr bei Williams wurde Rosberg 2010 Teamgefährte des wieder in die Formel 1 zurückgekehrten Michael Schumacher, im neuen Mercedes-Werksteam, das aus der BrawnGP-Trupp entstanden war.

Rosberg stand in Malaysia, China und Grossbritannien als Dritter auf dem Podium. Am Saisonende belegte er Platz 7 in der Fahrerwertung und schlug Michael Schumacher mit 142 zu 72 WM-Punkten.

2011 wurde Nico Rosberg zum dritten Mal in Folge Siebter der Fahrerwertung und setzte sich intern abermals mit 89 zu 76 Punkten gegen Michael Schumacher durch.

2012 war Nico Rosbergs drittes Jahr mit Michael Schumacher als Teamkollegen. Beim Grand Prix von China stand der zum ersten Mal in seiner Formel-1-Karriere auf der Pole-Position und feierte einen Tag später in seinem 111. Rennen in der Königsklasse seinen ersten Sieg. In Monaco stand er als Zweiter wieder auf dem Podium. Am Saisonende war Rosberg mit 93 WM-Zählern Neunter der Fahrerwertung und war zum dritten Mal besser platziert als Michael Schumacher, der sein letztes Jahr in der Formel 1 als Dreizehnter abschloss.

2013 blieb Nico Rosberg bei Mercedes und bekam mit Lewis Hamilton einen neuen Teamkollegen. Beim Grand Prix von Malaysia gab es bereits dicke Luft, als Rosberg vom Team angewiesen wurde, den vor ihm fahrenden Hamilton in der Schlussphase des Rennens nicht anzugreifen. Rosberg wurde Vierter und nahm die Team-Entscheidung knirschend hin.

In Bahrain, Spanien, und Monaco stand Nico Rosberg drei Mal in Folge auf der Pole-Position, konnte diese gute Ausgangslage aber erst im Fürstentum auch in einen Sieg ummünzen. Zwei Rennen später, in Großbritannien, folgte der zweite Saisonsieg. In der zweiten Saisonhälfe konnte Rosberg in Greater Noida/Indien (Platz 2) und Abu Dhabi (Platz 3) weitere Highlights setzen. Die Saison beendete er als Sechster.

2014 lieferte sich Rosberg beim Schritt in die neue Turbo-Ära der Formel 1 mit seinem Mercedes-Stallgefährten Lewis Hamilton ein atemraubendes Duell: Zur Verblüffung der Fachwelt war der Deutsche in den Abschlusstrainings öfter vorne (mit 12:7), doch fünf Siege waren gegenüber elf GP-Triumphen zu wenig. Im WM-Finale von Abu Dhabi wurde Rosberg überdies von der Technik im Stich gelassen. Nico wurde WM-Zweiter.

Ein Jahr später setzte Lewis Hamilton zu einem beispiellosen Erfolgslauf an. Mit beinharter Fahrweise nach den Starts von Suzuka und Austin setzte er sich jeweils an die Spitze und eroberte seinen zweiten Titel in Folge (den dritten insgesamt). Die WM-Niederlage mit dem Schubser in Austin und dem berüchtigten Kappenwurf von Hamilton lösten in Rosberg etwas aus: So eine Niederlage würde er nie wieder erleiden, schwörte sich der Wiesbadener.

Zum Schluss der Saison 2015 gewann Nico drei Rennen, da fuhr Hamilton mit angezogener Handbremse, weil es für ihn um nichts mehr ging. Zu Beginn des Jahres 2016 glänzte Rosberg mit vier Siegen, Hamilton haderte mit Speed und Standfestigkeit seines Autos. Im Sommer hatte Lewis ein Hoch und machte sich zum WM-Leader, nach der Sommerpause aber konterte Rosberg und ging erneut in Führung – eine Führung, die er nach dem Sieg in Japan mit zwei vierten Rängen in Folge klug verwaltete und in Abu Dhabi zum WM-Titel umsetzte.

Nico Rosberg hat all seine motorsportlichen Ziele abgehakt. Sein Rücktritt ist für alle bedauerlich, die ihn fahren gesehen haben, die ihn kennen, die ihn mögen.

Sein Rücktritt ist aber gleichsam so perfekt getimt wie viele seiner Rennen. Insofern bleibt sich Nico Rosberg bis zuletzt treu.

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