Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Gerhard Berger: «Verstappen macht alles richtig»

Von Günther Wiesinger
Gerhard Berger erklärt im Detail, warum ihn Max Verstappen sehr stark an Ayrton Senna erinnert. Er hat nur einen Kritik am Niederländer – in Zusammenhang mit Abu Dhabi.

Gerhard Berger nannte den Niederländer Max Verstappen in letzter Zeit mehrmals in einem Atemzug mit dem legendären dreifachen Formel-1-Weltmeister Ayrton Senna, der 1994 in Imola im Williams tödlich verunglückte.

Obwohl Gerhard Berger «bloss» drei seiner 14 Formel-1-Jahre an der Seite von Senna fuhr, verband den Tiroler eine Freundschaft mit der GP-Ikone, die über den Rennplatz hinaus ging. Die beiden Piloten lernten sich auch lange vor der gemeinsamen McLaren-Zeit (1990 bis 1992) kennen: 1981 liefen sie sich erstmals über den Weg, ab 1985 vertiefte sich die Freundschaft.

?Gerhard, du hast gesagt, Max Verstappen sei der erste Formel-1-Fahrer, der sich deiner Meinung nach mit Senna vergleichen lässt. Was hat dich zu dieser Überzeugung und zu diesem Lob auf höchster Ebene veranlasst? Gab es vor Verstappen auch schon einen Rennfahrer, der dich an Senna erinnert hat.

Nein.?

Und wann hat dich Max Verstappen erstmals auf diese Idee gebracht? Schon zu seiner Toro-Rosso-Zeit? Oder erst nach dem Wechsel zu Red Bull Racing?

Nein, in Wirklichkeit erst beim Rennen in São Paulo, als er die unterschiedlichen Linien im Regen gefahren ist und dabei nicht abgeflogen ist.   ?

Was erinnert dich sonst nach an Senna? Dass er mit seinen 19 Jahren nicht nach links und rechts schaut, unbeirrbar seinen Weg geht und sich nicht um die Kommentare und Kritiken der arrivierten Starts und Ex-Rennfahrer schert?

Genau. Genau. Da kann die GPDA (GP-Fahrervereinigung Grand Prix Drivers' Association, Anm.) so viele Meetings machen wie sie will, da können die Gegner diskutieren, was sie wollen, er zeigt nicht die geringsten Anzeichen, dass er sich biegen lässt, sondern dass er seine Linie weiter fährt und durchzieht. ?

Und ist das die richtige Linie? Oder wird es manchmal zu gefährlich, zu brenzlig?

Absolut. Ich bin ein Riesenfan von dieser Linie. Wenn einer diese Stärke hat und diese Leistung bringt, dann muss er seinen eigenen Weg gehen. Dann kann er sich nicht abhören, was einem Felipe Massa oder einem Sebastian Vettel gerade nicht so gut in den Kram passt. So einer wie Max muss nur auf sich selbst und auf sein Team schauen.?

Michael Schumacher ist ja in seinen ersten WM-Jahren auch regelmäßig angeeckt, bei den Fights gegen Jacques Villeneuve, Damon Hill und so weiter. Seine Aktionen haben auch nicht überall Begeisterung hervor gerufen.

Ja, ja, der Michael Schumacher kommt dem Ganzen nahe. Er war auch so ähnlich. ?

Das ist alles so eine gemeinsame Linie – Senna, Schumacher, Verstappen. Das sind die besonders herausragenden Piloten.

Und in der MotoGP-WM fällt mir auch so ein Kaliber ein – Marc Márquez, der hat sich in seiner ersten MotoGP-Saison auch gleich mit Dani Pedrosa, Valentino Rossi und Jorge Lorenzo heftig angelegt und das Risiko-Niveau nach oben geschraubt.

Wahrscheinlich, ja, das kann ich nicht so genau abschätzen. Aber wahrscheinlich hast du Recht.

Der Max Verstappen macht bisher alles richtig. Er sollte sich auch von seinem Weg nicht abbringen lassen.

Das Einzige, was ich nicht für gut befunden habe, war der Zweikampf, den er zuletzt in Abu Dhabi im Zuge des WM-Finales geführt hat.

Denn Verstappen selbst wird auch irgendwann einmal in der Lage sein, die Weltmeisterschaft zu gewinnen oder ganz knapp zu verlieren.

Und das Letzte, was er dann beim letzten Rennen brauchen kann, ist ein Gegner, der ihm zwischen den Rädern rumturnt.

Der Vettel ist viermal Weltmeister gewesen, er hat diese Situation verstanden. Er hat gesagt: Ich kann den Rosberg jetzt angreifen, aber nur mit dem Risiko, dass einer von uns beiden rausfliegt. Und unter Umständen wäre es Nico gewesen, der dann die Weltmeisterschaft verloren hätte. Und dieses Risiko wäre in keinem Verhältnis zu diesem möglichen dritten Platz im Rennen in Abu Dhabi gestanden.

Das ist das Einzige, bei dem ich bei Verstappen sage: Das hat er noch nicht kapiert. 

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