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Silverstone: Formel-1-Aerodynamik auf dem Prüfstand

Von Otto Zuber
In Silverstone können die 2017er-Renner zeigen, was in ihnen steckt

In Silverstone können die 2017er-Renner zeigen, was in ihnen steckt

Der Silverstone Circuit fordert Mensch und Maschine bis an die Belastungsgrenze. Der Highspeed-Kurs ist damit das ideale Pflaster, um die Auswirkungen der neuen Aerodynamik-Regeln zu erkennen.

Auf dem Highspeed-Kurs von Silverstone werden die 2017er-Renner zeigen können, was in ihnen steckt. Denn die Strecke in Northamptonshire umfasst mit Abbey, Copse, Maggots und Becketts, Stowe einige der spektakulärsten Kurven des WM-Kalenders.

Auf einer Strecke wie dieser ist Abtrieb Trumpf, und dank der neuen Aerodynamik-Regeln für 2017 besitzen die Autos jede Menge davon. Entsprechend hoch sind die Erwartungen, was die Kurventempi angeht. So rechnen Experten etwa damit, dass die GP-Stars mit rund 290 km/h durch die Copse-Kurve jagen werden. Dort wurde 2016 mit 265 km/h die höchste Scheitelpunkt-Geschwindigkeit der Saison gemessen.

Die Pole-Runden waren 2017 bislang im Durchschnitt 5,8 km/h schneller als 2016. Die durchschnittliche schnellste Rennrunde war 5,5 km/h schneller. In Silverstone betrugen die durchschnittlichen Geschwindigkeiten 238 km/h (Qualifying) sowie 222 km/h (Rennen) und diese werden sicherlich weiter ansteigen.

Das Plus an Abtrieb durch die neuen Regeln und die Stabilität, die dieser mit sich bringt, sind der Schlüssel zur stark verbesserten Performance in schnellen Kurven. Die Fahrer wünschen sich ein Auto, in das sie Vertrauen haben. Ein Auto, das quasi auf der Strecke klebt. Wenn sie das erhalten, gehen sie umso härter mit den Reifen um. Das spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.

Wurde eine Kurve bislang als Highspeed-Herausforderung angesehen, sollte sie mit dem Abtrieb der 2017er-Autos nun einfacher zu durchfahren sein. Genau genommen werden die Fans die 2017er-Autos vor allem in mittelschnellen Kurven kämpfen sehen. Die Fahrer können mehr Geschwindigkeit in den Scheitelpunkt und dann durch die Kurve hindurch mitnehmen als je zuvor. Stowe, am Ende der Hangar-Geraden, wird unheimlich schnell durchfahren und verlangt deshalb volle Konzentration von den Fahrern.

In diesem Jahr dürfen die Fans damit rechnen, dass der fantastische Abbey-Abschnitt im Qualifying mit Vollgas durchfahren wird. Das hat es bisher noch nie gegeben. Es wird nicht ganz mit Vollgas sein, da die Fahrer durch den Richtungswechsel etwas an Geschwindigkeit einbüssen, aber man sollte nicht damit rechnen, dass sie vom Gas gehen. Auch die Copse wird in diesem Jahr wahnsinnig schnell durchfahren und die Autos nehmen diese Geschwindigkeit in die berüchtigte Maggots-Becketts-Kombination bis hinauf zur Stowe mit.

Das ist eindeutig spektakulär. Aber es sei angemerkt, dass diese schnellen Kurven das Auto und die Reifen zusätzlich belasten. Will heissen: In Silverstone fordern die Kräfte, die auf Chassis und Gummi wirken, ihren Tribut. Sehen wir uns einmal ein kleines Teil an, zum Beispiel ein Radlager. Die Zeit, in der hohe Belastungen und g-Kräfte wirken, ist viel länger als auf einer Strecke wie Baku oder Montreal.

Die Abfolge von schnellen Kurven in Silverstone stellt aber nicht nur das Auto und die Reifen auf den Prüfstand. Es ist auch eine Herausforderung für den Menschen. Wenn sie die klassischen Kurven in Silverstone durchfahren, sind sie extremen g-Kräften ausgesetzt. Dabei werden sie durch beinahe 30 Prozent mehr aerodynamischen Downforce auf die Strecke gepresst als noch 2016.

Im nun mit Vollgas durchfahrenen Abbey-Abschnitt zu Beginn einer Runde überschreiten die Fahrer die 300-km/h-Grenze. Dabei halten sie durchschnittlich Kräfte von 4,5 g aus (bis zu 4,2 g im letzten Jahr) und erreichen kurzzeitig einen Höchstwert von 5,5 g seitlicher Belastung. Das ist beinahe die doppelte Belastung, die Astronauten bei einem Raketenstart aushalten müssen!

Trotz all der Veränderungen und Erneuerungen über die Jahre hat sich Silverstone seinen Retro-Charakter erhalten. Die Zuschauer erwartet ein ganz besonderer Leckerbissen, wenn die 2017er-Boliden auf dem Highspeed-Kurs unterwegs sind. Da ist Spannung garantiert.

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