Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Sebastian Vettel vor Ungarn-GP: Ferrari ohne Plan?

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel vor Lewis Hamilton: Wie lange noch?

Sebastian Vettel vor Lewis Hamilton: Wie lange noch?

​Die Ferrari-Zwischenbilanz aus den letzten vier Rennen sieht nicht gut aus. WM-Leader Sebastian Vettel beteuert, dass sein Team unter Wert geschlagen worden sei. Hat der Machtwechsel bereits stattgefunden?

Nach dem britischen Grand Prix von Silverstone, exakt Halbzeit der Formel-1-Saison 2017, ist fast alles auf null gestellt: Ferrari-Star Sebastian Vettel führt zwar noch immer in der Fahrer-WM, doch sein Vorsprung auf Mercedes-Pilot Lewis Hamilton ist bis auf einen Punkt verdampft – es steht 177:176 für den Heppenheimer.

Wer sich die Markenwertung und die vergangenen vier WM-Läufe in Kanada, Aserbaidschan, Österreich und Grossbritannien angeschaut hat, der kommt unweigerlich zum Schluss: Vettel mag zwar seine Führung konserviert haben, aber in der Formel 1 haben wir einen Machtwechsel erlebt.

Mercedes ist in der Markenwertung gemessen an Ferrari auf 330:275 enteilt. Aus den letzten vier Rennen in Montreal, Baku, Spielberg und Silverstone hat Mercedes drei Siege gemacht, Ferrari ist seit Ende Mai ohne GP-Triumph. Mercedes hat in diesen vier Rennen sechs von acht möglichen Podestplatzierungen erkämpft, Ferrari nur zwei. Das schlägt sich in den Punkten nieder – von Montreal bis Silverstone hat Mercedes sein Konto um 151 Zähler erhöht, Ferrari nur um 79 Punkte.

Natürlich haben die Medien in Italien längst Alarm geschlagen. Aber Sebastian Vettel und Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene beschwichtigen. Sie führen ins Feld, dass ihr Team aus verschiedenen Gründen unter Wert geschlagen worden sei, dass Ferrari einfach mehr Pech gehabt habe als Mercedes.

Das ist zweifellos richtig, siehe Reifenschäden von Vettel und Kimi Räikkönen in England. Aber Fakt ist auch, dass der gegenwärtige Höhenflug von Mercedes weitere Gründe hat: So verstehen die Fahrer und Ingenieure von Mercedes ein Auto immer besser, das Teamchef Toto Wolff als eine Diva bezeichnet hatte. Elementar war die Schlappe in Monte Carlo, woraufhin in den Mercedes-Werken nachts das Licht nicht mehr ausging. Die Weltmeister von 2014 bis 2016 suchten nach Mitteln und Wegen, die Reifen besser zum Arbeiten zu bringen, und diese Plackerei macht sich jetzt bezahlt.

Fragezeichen bleiben: Vielleicht haben die vergangenen vier Rennstrecken auch die Qualitäten des langen Radstands am Silberpfeils betont. Möglicherweise macht sich auch bemerkbar, dass die jüngste Ausbaustufe des Ferrari-Motors nicht ganz das gebracht hat, was sich die Techniker davon erwartet hatten.

Sebastian Vettel stellt sich vor sein Team, wenn es um den Vorwurf geht, Ferrari entwickle nicht so effizient wie die Gegner – was wir in den vergangenen Jahren schon ein paar Mal erlebt haben. «Alle Verbesserungen haben etwas gebracht», beteuerte der vierfache Champion bei verschiedenen Gelegenheiten.

Verschwörungstheoretiker haben Hochkonjunktur. Wenn die FIA in Sachen Verwindung der Unterböden genauer hingucke, dann habe das vor allem Ferrari geschadet, so sind die Gerüchteverbreiter überzeugt. Tatsächlich musste Ferrari nachbessern. Die ständig verschärften Vorschriften in Sachen gezielter Ölverbrennung ziele vor allem auf Ferrari, geistert im Internet herum. Das bestätigt niemand, weder bei Ferrari und schon gar keiner bei der FIA. Also bleibt das Hörensagen.

Insofern wird das kommende Rennwochenende auf dem Hungaroring ein besonderer Leckerbissen: Ob Ferrari in den letzten vier Rennen unter den Möglichkeiten geschlagen worden ist oder ob die Italiener keinen Plan haben, das werden wir in Ungarn erleben.

Denn auf dem engen Kurs ausserhalb von Budapest gibt es für den berühmtesten Rennstall der Welt keine Ausreden. Das üblicherweise heisse Wetter und der winkelige Charakter des Kurses sollten theoretisch Ferrari in die Hände spielen. Und ein Power-Nachteil macht sich auf dem Hungaroring nicht so bemerkbar wie etwa in Baku.

Anders gesagt: Ferrari muss in Ungarn gelingen, was Firmenchef Sergio Marchionne bei seiner flammenden Rede vor der Rennabteilung betont hat – er will eine starke Reaktion sehen.

Das wäre in Sachen Moral ganz wichtig: Ein positives Ergebnis hebt drei Wochen lang die Stimmung, bis die WM Ende August in Belgien weitergeht. Eine weitere Schlappe wird hingegen wochenlang am Nervenkostüm nagen.

Ferrari steht mit dem Rücken zur Wand.

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