Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Valtteri Bottas (Mercedes): «Auswirkungen auf die WM»

Von Mathias Brunner
​Der zweifache Saisonsieger Valtteri Bottas ist davon überzeugt: «Es wird einige Fahrer geben, die vom heutigen Motorregelement bestraft werden – und das wird Auswirkungen auf die WM haben.»

In der zweiten Saisonhälfte müssen sich die Formel-1-Fans auf Einiges gefasst machen. Vor allem auf kunterbunte Startaufstellungen. Denn viele Fahrer werden mit dem Motorenkontingent 2017 nicht zurecht kommen, erste Strafen haben wir schon im Frühsommer erlebt. Pro Saison haben die Piloten nur vier Motoren zur Verfügung. Wer mehr braucht, bekommt eine Strafe.

Getriebeschäden bei Spitzenpiloten wie Lewis Hamilton oder Daniel Ricciardo zeigen – auch in Sachen Kraftübertragung arbeiten die Teams am Limit. Ein modernes GP-Getriebe muss sechs Wochenenden verkraften können.

Marc Surer, der Schweizer Formel-1-Experte der deutschen Sky: «Die Titelentscheidung 2017 wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Einer dieser Faktoren ist der Grundspeed des Autos, ein anderer die Art und Weise, wie gut ein Rennstall übers ganze Jahr entwickelt. Was gerne vergessen wird – die Standfestigkeit spielt eine ganz elementare Rolle, und da steht Mercedes einfach besser da als Ferrari und Red Bull Racing.»

Zur Erinnerung: Eine moderne Antriebs-Einheit der Formel 1 ist reglementarisch in sechs Elemente aufgeteilt:

– V6-Verbrennungsmotor
– Turbolader
– MGU-H («motor generator unit – heat»; also der Generator für jene Energie, die beim Turbolader gesammelt wird)
– MGU-K («motor generator unit – kinetic»; also der Generator für die kinetische Energie, die beim Bremsen gesammelt wird)
– Batterie-Paket
– Kontroll-Elektronik 

Generell sind pro Fahrer und Saison also vier Antriebseinheiten erlaubt. Sollte im Laufe des Jahres ein fünftes Element gebraucht werden, so muss der betroffene Fahrer in der Startaufstellung um zehn Ränge zurück. Für jedes weitere fünfte Element der verschiedenen Motorteile gibt es eine Fünf-Ränge-zurück-Strafe. Braucht ein Fahrer im späteren Verlauf der Saison beispielsweise einen sechsten Lader, dann gibt es erneut eine Zehn-Ränge-zurück-Strafe. Für jedes weitere sechste Element wieder die fünf Ränge.

Zum Ungarn-GP veröffentlichte der Autoverband FIA folgende Liste verbrauchter Teile.

Verbrennungsmotor – Turbolader – MGU-H – MGU-K – Batterie – Elektronik

Lewis Hamilton (Mercedes): 3 – 3 – 3 – 3 – 2 – 2
Valtteri Bottas (Mercedes): 3 – 3 – 3 – 3 – 2 – 2
Daniel Ricciardo (Renault): 4 – 4 – 5 – 3 – 2 – 2
Max Verstappen (Renault): 3 – 3 – 4 – 2 – 2 – 2
Sebastian Vettel (Ferrari): 3 – 4 – 3 – 3 – 3 – 3
Kimi Räikkönen (Ferrari): 3 – 4 – 3 – 3 – 3 – 3
Sergio Pérez (Mercedes): 3 – 3 – 3 – 2 – 2 – 2
Esteban Ocon (Mercedes): 3 – 3 – 3 – 2 – 2 – 2
Felipe Massa (Mercedes): 3 – 3 – 3 – 2 – 2 – 2
Lance Stroll (Mercedes): 3 – 3 – 3 – 2 – 1 – 2
Fernando Alonso (Honda): 6 – 8 – 8 – 6 – 5 – 4
Stoffel Vandoorne (Honda): 4 – 7 – 7 – 4 – 5 – 5
Daniil Kvyat (Renault): 4 – 4 – 4 – 2 – 3 – 3
Carlos Sainz (Renault): 3 – 3 – 4 – 3 – 2 – 3
Romain Grosjean (Ferrari): 3 – 4 – 3 – 3 – 2 – 2
Kevin Magnussen (Ferrari): 3 – 4 – 3 – 3 – 2 – 2
Nico Hülkenberg (Renault): 3 – 3 – 4 – 3 – 3 – 3
Jolyon Palmer (Renault): 3 – 4 – 4 – 2 – 3 – 3
Marcus Ericsson (Ferrari): 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3
Pascal Wehrlein (Ferrari): 3 – 4 – 4 – 3 – 2 – 3

Der zweifache Saisonsieger Valtteri Bottas meint: «Es wird einige Fahrer geben, die vom heutigen Motorregelement bestraft werden. Wenn du zu gierig wirst, dann bezahlst du dafür. Die Strafe fällt dem Piloten so sehr auf den Kopf wie dem Rennstall. Und selbst wenn die Regeln halt die Regeln und für alle gleich sind, so wird das ohne jeden Zweifel Auswirkungen auf die WM haben.»

2018 wird das alles noch übler. Ilmor-Gründer Mario Illien hat völlig richtig zu bedenken gegeben: «In der kommenden Saison müssen die Rennställe pro Fahrer und Saison mit drei Antriebseinheiten auskommen. Das macht den Sport nicht kostengünstiger, sondern teurer! Denn um eine solche Standfestigkeit zu erreichen, braucht ein Hersteller sehr viele Stunden auf den Prüfständen. Ich finde selbst vier Motoren zu wenig. Schaut euch doch den Stand an verbrauchten Motorteilen an – wir haben Halbzeit, und die Hälfte des Feldes ist in Schwierigkeiten!»

Tatsächlich soll der Gebrauch von Motorteilen weiter eingeschränkt werden, und damit kommen noch mehr Strafen und Verwirrung auf uns zu. Vorgesehen ist eigentlich, dass ab 2018 nur noch zwei Generatoren für die kinetische Energie (MGU-K), zwei Steuereinheiten sowie zwei Batteriepakete erlaubt sind. Dazu drei Verbrennungsmotoren, drei MGU-H sowie drei Turbolader.

Aber in Stein gemeisselt ist das noch nicht, weil innerhalb der Strategiegruppe dieser Einwand von Mario Illien diskutiert wird: Der Aufwand zum Erreichen einer besseren Haltbarkeit ist erheblich grösser als der finanzielle Nutzen von zwei gesparten Batteriepaketen.

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