Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Marc Surer zu Sebastian Vettel: «Einfach ruhig sein»

Von Rob La Salle
​Zwischenbilanz von Marc Surer (65) zur Sommerpause der Formel 1. Der Schweizer Grand-Prix-Experte der deutschen Sky analysiert das Kräfteverhältnis und spricht über die grössen Aufreger.

Elf von zwanzig Formel-1-WM-Läufen 2017 sind gefahren, der GP-Tross macht Kurzurlaub, bevor es mit dem Klassiker-Duo Spa-Francorchamps (Belgien) und Monza (Italien) weitergeht. Der Basler Marc Surer, Formel-1-Experte der deutschen Sky, sagt als Zwischenbilanz über ...

... den Titelkampf:
«Sebastian Vettel wird nicht davonfahren. Wer die Nase vorn haben wird, das ist jeweils streckenspezifisch. Auf engen Kurven hat Ferrari einen Vorteil, schnelle Kurven oder lange Geraden hingegen sind eher auf Mercedes zugeschnitten. Das Ganze ist noch längst nicht entschieden. Ich würde auch Valtteri Bottas nicht abschreiben. Vielleicht hat er Glück, wenn Lewis Hamilton mal ausfällt. Das Glück könnte bei der Titelentscheidung eine grosse Rolle spielen. Dieses WM-Duell ist eine ganz andere Geschichte als ein stallinterner Zweikampf wie in den drei Jahren zuvor. Hamilton gegen Rosberg, das war harmlos im Vergleich damit, was wir jetzt sehen. Das sind jetzt zwei Interessengruppen, Ferrari und Mercedes. Die gehen auch mal aufeinander los. Da muss man keine Rücksicht nehmen. Deswegen sehen wir viel härtere Bandagen.»

... Sebastian Vettel:
«Ich finde, er tut sich selber mit dem ständigen Meckern keinen Gefallen. Wir in der Schweiz sagen, das ist ein „Jammeri“, einer, der sich immer beschwert. Die anderen Piloten nehmen ihn schon nicht mehr ernst. Er sollte einfach mal ruhig sein.»

... Kevin Magnussen:
«Kevin Magnussen ist bekannt dafür, dass er unfair fährt. Ich habe schon viele Fahrer über ihn schimpfen gehört. Über Funksprüche, aber auch im Gespräch mit anderen Piloten. Nico Hülkenberg ist nun der erste Prominente, der sich lauthals beklagt hat, und deswegen wird es jetzt zum Thema. Magnussen ist wirklich ein linker Hund.»

... das Thema Stallorder:
«Bei Ferrari ist das so: Dass Kimi Räikkönen seinem Teamkollegen Vettel in Ungarn gegen Hamilton den Rücken freihält, war eine normale Geschichte. Natürlich wollte Kimi gewinnen, aber er war auch nicht so schnell, dass er hätte vorbeifahren können. Wenn der Ferrari-Kommandostand es erlaubt hätte, Vettel anzugreifen, wäre Hamilton vielleicht der lachende Dritte gewesen. Wir haben keine Rundenzeiten von Räikkönen gesehen, die überzeugt hätten. Er konnte schneller fahren, gewiss, aber nicht so schnell, dass es mehr als eine Sekunde ausgemacht hätte. Nein, Ferrari hat in Ungarn alles richtig gemacht.»

«Bei Mercedes sehe ich das so: Kompliment an Technikchef James Allison, der den Deal mit den Piloten durchzieht. Er hat sich nach dem Rennen ja nochmals bedankt bei Hamilton. Allison ist der technische Direktor bei Mercedes-Benz und hat das letzte Wort. Wie Hamilton seinem Teamgefährten Bottas den Platz zurückgegeben hat, das kann sich gegen Ende des Jahres noch positiv auswirken. Dann wird Hamilton die Hilfe von Bottas brauchen. Ich sehe die Situation also entgegen vieler Schlagzeilen. Bottas wird sich an die Geste erinnern und deswegen am Ende Hamilton mit vollem Einsatz helfen. Das ist mehr wert als die drei Punkte, die Hamilton in Budapest hergeschenkt hat.»

... die 2017er Autos:
«Die Rennwagen sind wirklich attraktiv. Sie sehen wieder aus wie richtige Formel-1-Autos: breit, dicke Schlappen. Es ist einfach geil. Die Fahrer mögen sie auch, weil sie jetzt wieder gefordert sind. Die Autos haben Grip in den Kurven, der bessere Fahrer kann sich wieder absetzen. Wir sehen auch viel grössere Unterschiede zwischen einzelnen Piloten. Diese Autos trennen wirklich die Spreu vom Weizen. Es ist genau die Formel 1, die wir brauchen.»
«Was Ferrari sicherlich geschafft hat – dass ihr Auto zu den Reifen passt. Alle haben die gleichen Reifen. Nun geht es darum: Wer kann am meisten aus den Pirelli herausholen? Da war Ferrari eindeutig besser. Die breiten Reifen erfordern eine andere Behandlung als in der Vergangenheit, und Mercedes hat das nicht so im Griff wie früher.»

«Generell wird hart gefahren. Mit diesen Autos wird mehr in Kurven überholt als in der Vergangenheit. Da geht öfter was schief. Wir haben viele Kollisionen und Berührungen erlebt, auch unter Teamkollegen. Das liegt schon ein bisschen an den Autos, die in den Kurven schwieriger zu fahren sind. Ich bin froh, dass die Rennkommissare in diesem Jahr weniger durchgreifen und das eine oder andere beinharte Duell tolerieren. Man darf die Fahrer ruhig machen lassen. Keiner fährt dem Anderen mit Absicht ins Auto. Man braucht nicht immer gleich die Polizei, die da Strafen ausspricht. Das ist dieses Jahr besser geworden. Zum Glück für uns alle.»

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