Vettel (Ferrari): «Alles unter Kontrolle? Eine Lüge!»
Sebastian Vettel: Zwei Rennen, zwei Siege
Ferrari-Star Sebastian Vettel hatte vor dem Bahrain-GP vermutet: «Das Reifen-Management wird eine ganz entscheidende Rolle spielen.» Und genau so war es: Zum Schluss des packenden Bahrain-GP rettete der WM-Leader den Sieg mit Ach und Krach vor Valtteri Bottas ins Ziel – nach einem taktischen Krimi der Sonderklasse.
Vettel musste die Führung mit abgefahrenen Weichreifen verteidigen, die er seit Runde 18 am Wagen hatte. Ferrari reagierte mit dem Wechsel auf einen Einstopper auf eine entsprechende Taktik von Mercedes, allerdings hatten die Silbernen die mittelharten Pirelli aufgeschnallt.
Am Ende war die Vorgehensweise von Rot und Silber fast gleich schnell, Vettel rettet 0,6 Sekunden über die Ziellinie: 49. Formel-1-Sieg im 200. Grand Prix, sein zweiter in Serie nach Australien, sein vierter in Bahrain nach 2012 und 2013 (mit Red Bull Racing) und 2017 mit Ferrari.
«In den letzten zehn Runden waren diese Reifen komplett im Eimer – mamma mia!» sagte Vettel. Die hinteren Walzen boten keinen Grip mehr aus den Kurven heraus, vorne rechts spürte der Heppenheimer starke Vibrationen, nachdem er sich eine leichte Bremsplatte eingehandelt hatte. Aber es reichte.
Vettel liegt in der WM nun sieben Punkte vor Valtteri Bottas und zehn vor Lewis Hamilton.
Selten haben wir Vettel so erleichtert gesehen: «Ich sagte dem Team am Funk – keine Sorge, ich habe alles unter Kontrolle. Eine glatte Lüge! Die Wahrheit war, dass meine Reifen hinüber waren. Ich dachte wirklich, die Mercedes-Strategie zwingt uns zu einem weiteren Stopp, aber es hat gereicht. Noch nie war ich so erleichtert, eine karierte Flagge zu sehen.»
«Eine ganze Weile lang war mir nicht klar, was Mercedes machen will. Als mir das dämmerte, wusste ich – jetzt geht es um alles. Wir wussten: Wenn wir nochmals reinkommen, ist der Sieg futsch. Ich hatte nichts zu verlieren, also blieb ich draussen.»
Wir müssen bis auf 1982 zurückblättern, dass ein Pilot, der die ersten beiden Rennen der Saison gewann, am Ende nicht Weltmeister geworden ist. Seb grinst: «Mit Statistiken ist es immer so eine Sache, einige laufen für dich, andere gegen dich. Ich gebe nicht viel darauf, im Moment will ich mich einfach freuen. Aber die Freude ist getrübt – einer unserer Mechaniker ist beim Boxenstopp verletzt worden. Ich hoffe, es geht ihm bald wieder besser.»
Der Mechaniker zog sich gemäss Informationen von Ferrari einen doppelten Beinbruch zu – Schien- und Wadenbein.
«Eine Runde mehr, und Valtteri hätte mich gekauft! Wir sind am Anfang ein wenig eingebrochen, Mercedes hat da gut reagiert. Mercedes hatte nichts zu verlieren und uns gezwungen, ebenfalls umzustellen. Als mir das Team sagte, was auch mch zukommt, war mir klar – das wird eng. Die letzten paar Runden waren wirklich extrem. Aber es hat gereicht, ich bin unheimlich erleichtert.»
«Im Testwinter hatte ich den Eindruck, dass Mercedes stärker ist. Nun stehen wir mit zwei Siegen da. Das nehmen wir gerne mit, aber das täuscht nicht darüber hinweg – es ist ein sehr langer Weg bis zum Titel, und das Rennen hat gezeigt, wie eng das an der Spitze zugeht.»
«Eine solche Strategie wie heute hatte ich gestern sicher nicht auf dem Radar. Das zeigt einfach, dass man auch flexibel bleiben muss, das haben wir heute geschafft, ein wenig Glück des Tüchtigen war auch dabei. Heute haben wir es aus eigener Kraft geschafft, der Sieg ist uns nicht in den Schoss gefallen, das macht auch Laune.»
«Der WM-Kampf scheint komplett offen zu sein. Wir haben einen tollen Saisonstart erleben dürfen, mir ist aber auch klar, wie schwierig das bleibt.»