Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Weltmeister Lewis Hamilton: Ganz anderes Training

Von Mathias Brunner
Modellathlet Lewis Hamilton

Modellathlet Lewis Hamilton

​Die Regelmacher der Formel 1 hatten endlich ein Einsehen, die Rennfahrer müssen 2019 nicht mehr hungern. Das wird sich auf das Training der Piloten auswirken, wie Weltmeister Lewis Hamilton sagt.

Die Formel 1 ist eine Neidgesellschaft, in welcher jedem das eigene Hemd am nächsten ist. Die Entscheidungsstruktur im Sport bedeutete in den vergangenen Jahren meist: Irgend jemand sagt immer nein, weise Vorschläge wurden jahrelang im Keim abgewürgt. Unter der neuen Führung von Formel-1-Grossaktionär Liberty Media ist viel in Bewegung. Und die GP-Fans atmen auf: Sogar die üblichen Streithähne in den Entscheidungsgremien Strategiegruppe und Formel-1-Kommission haben sich zu weitsichtigen, von gesundem Menschenverstand geprägten Beschlüssen durchgerungen.

Zur Erinnerung – die Entscheidungsfindung in der Formel 1 ist kompliziert und verkrustet: Verschiedene Arbeitsgruppen reichen ihre Ideen der so genannten Strategiegruppe weiter. Sie besteht aus Vertretern von sechs Rennställen (gegenwärtig Ferrari, Red Bull Racing, Mercedes, McLaren-Honda, Williams und Force India), des Autoverbands FIA (Jean Todt) sowie von «Formula One Management» (mit Formel-1-CEO Chase Carey). Jede dieser drei Parteien besitzt sechs Stimmen. Die weiteren Teams dürfen an Sitzungen teilnehmen, haben aber kein Stimmrecht. Ideen der Strategiegruppe gehen nach einem Mehrheitsentscheid an die so genannte Formel-1-Kommission weiter. Die Formel-1-Kommission hat nur die Möglichkeit, einen Vorschlag abzunicken oder abzulehnen. Ist ein Vorschlag durchgewunken, geht er zur Verabschiedung vor den FIA-Weltrat. Die Erfahrung zeigt: Nur ganz selten wird dort ein Vorschlag gestoppt.

Der Titanschutzbügel Halo samt seiner Anlenkpunkte und aller notwendigen Verstärkungen am Chassis fügte dem Gewicht eines GP-Boliden rund 14 Kilogramm hinzu, das Mindestgewicht der Autos 2018 wurde aber nur um sechs Kilo angehoben (von 728 auf 734 Kilogramm).

Im Laufe der Jahre hat sich das Mindestgewicht der GP-Boliden dramatisch verändert. Hier eine kleine Übersicht:

1961 bis 1965: 450 Kilo
1966 bis 1968: 500
1969 bis 1971: 530
1972: 550
1973 bis 1980: 575
1981: 585
1982: 580
1983 bis 1986: 540
1987 bis 1993: 500
1994: 515
1995 bis 2008: 595
2009: 605
2010: 620
2011/2012: 640
2013: 642
2014: 690
2015/2016: 702
2017: 728
2018: 734

Für die Rennställe bedeutete die Einführung des Halo: Sie haben weniger Spielraum beim Platzieren von Ballast am Fahrzeugboden, und das wiederum heisst – grössere und schwerere Fahrer sind im Nachteil. Einmal mehr werden die Fahrer im Winter eine Balance finden müssen aus Kraft tanken, also Muskelmasse bewahren, und gleichzeitig so leicht als möglich zu sein. Ein schwieriger Spagat.

Renault-Pilot Nico Hülkenberg verriet: «Wir Fahrer sind uns dieses Problems überaus bewusst.» Der Emmericher ist einer der längeren Piloten im Feld, mit 184 Zentimetern. «Ich bin grösser als viele anderen Fahrer und damit schwerer, und das ist 2018 ein Nachteil. Das Team hatte mir bereits im letzten Sommer gesagt, dass das Gewicht ein Thema sein wird und ob ich nicht ein paar Kilo verlieren könne. Ich habe gesagt: „Nein, kann ich nicht.“»

Für 2019 wird das Fahrergewicht vereinheitlicht (80 Kilo) und vom Gesamtgewicht abgelöst. Damit fällt der Vorteil weg, den leichtere Fahrer bisher hatten. Denn ihre Ingenieure haben derzeit mehr Spielraum bei der der Gewichtsverteilung des F1-Fahrzeugs.

Gemäss Formel-1-Champion Lewis Hamilton wird diese Regeländerung das Training verändern. Der Mercdes-Star sagt gegenüber den Kollegen von Autosport: «Ich werde in der kommenden Saison ein ganz anderer Athlet sein, und ich freue mich darauf. Ich werde meine gesunde Ernährung nicht aufgeben, aber mein Idealgewicht ist eigentlich höher als heute. Ich weiss, wie meine Fahrerkollegen, die grösser und natürlich schwerer sind, unter Druck standen. Sie wurden immer dünner, bis zum Punkt, an dem es ungesund wurde. Auch ich kann ein wenig Gewicht zulegen, ich kann stärker werden. Gleichzeitig will ich agil bleiben und am Oberkörper nicht zu viel Muskeln zulegen, weil dies schlecht für den Schwerpunkt des Fahrzeugs ist.»

«Auch ich habe meine Unsicherheiten. Die Leute sehen in den sozialen Netzwerken die Menschen im Rampenlicht und erhalten die falschen Vorbilder. Ich habe zwar ein Six-Pack, aber ich denke manchmal auch, es könnte ein wenig ausgeprägter sein. Ich habe die gleichen Unsicherheiten wie jeder andere Mensch auch. Und das geht allen so, die im Internet auf den ganzen sozialen Plattformen scheinbar perfekt aussehen.»

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