Ecclestone: Schumacher ein Leader, Vettel ist anders
Bernie Ecclestone und Sebastian Vettel
Der langjährige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone ist nach Abu Dhabi gereist, auf Einladung von Scheich Khalifa bin Zayed al Nahyan. Der inzwischen 88jährige Baumeister des modernen Grand-Prix-Sports hat die Hand am Puls des Formel-1-Geschehens behalten, wie er meinem Kollegen Pino Allievi von der Gazzetta dello Sport verrät. «Ich halte mich über alles auf dem Laufenden, was mit den Piloten läuft und mit den Technikern. Sie rufen mich alle an.»
Zum WM-Duell zwischen Mercedes und Ferrari meint der Engländer: «Ich weiss nicht, was passiert ist. Ich glaubte wirklich, dass Ferrari auf dem Weg zum Titel sei. Ich kenne die Gründe nicht, wieso an einem gewissen Punkt diese Chance verpufft ist, ohne erkennbaren Grund. Klar hat Sebastian Vettel Fehler gemacht, aber das Team auch. Das ist ein Problem. Gewiss war Mercedes auf bestimmten Strecken schneller, aber unterm Strich hatte Ferrari doch das bessere Auto.»
Ecclestone wird auf das Nervenkostüm von Sebastian Vettel angesprochen. Der Engländer und der Deutsche sind befreundet, dennoch sagt Bernie: «Bei Red Bull Racing war es Sebastian gewöhnt, gebliebt zu werden. Er hat mit allen geredet, alle haben mit ihm geredet. Er hat sich in diesem Rennstall wohlgefühlt. Ich glaube nicht, dass dies bei Ferrari auch so ist. Das hat seine Konzentration gestört.»
Bernie Ecclestone zieht einen Vergleich zu einem der Champions, mit dem er zusammengearbeitet hat, Nelson Piquet. «Nelson war hart. Es gab Momente, da musste man ihn einfach in Ruhe lassen. Also tat ich das. So wie alle wollte er sich geschätzt fühlen. Wenn er auf die Bahn ging, konnte er alles an der Box lassen, was ihm sonst so durch den Kopf ging. Da hat er gewonnen und fertig, fehlerfrei.»
«Sebastian hingegen hat einen sehr sensiblen Charakter bewiesen. Seltsam, für einen Deutschen. Er muss härter werden, er muss die Dinge mit mehr Ernsthaftigkeit angehen. Er ist noch kein kompletter Fahrer, er ist desorientiert. Michael Schumacher hat bei Ferrari damals die Zügel in die Hand genommen und das Team aus der Krise geführt. Michael war ein echter Leader, Vettel ist anders.»
Hätte Ferrari den Titel gewonnen, wäre der im Juli verstorbene Präsident Sergio Marchionne noch am Leben? Bernie: «Das glaube ich wohl. Er war ein Mensch, der den anderen Respekt eingeflösst hat und dem auch Respekt entgegengebracht wurde. Er hätte dem Team mehr Vertrauen eingeflösst, um ihr Ziel zu erreichen.»
Zu Kimi Räikkönen, dessen Abschied bei Ferrari und der Zukunft des Finnen bei Sauber meint Ecclestone: «Sehr bedauernswert, das ist ein Schritt zurück. Ich hätte ihn bei Ferrari behalten.»
Zu Weltmeister Lewis Hamilton sagt Bernie: «Lewis ist phantastisch. Alle Objektive richten sich jeweils auf ihn, weil er der interessanteste Fahrer ist. Ein echter Star. Er lässt den Anderen kaum Raum zum Atmen. Daran sind sie aber selber schuld.»
Über die jungen Wilden sagt Ecclestone: «Am meisten beeindruckt hat mich in den letzten zwei Jahren Esteban Ocon. Dass er für 2019 kein Auto hat, finde ich unfassbar.»
Formel-1-CEO Chase Carey will den WM-Programm mittelfristig auf 25 Rennen ausbauen. Sein Vorgänger Ecclestone findet: «Ich finde schon 20 Grands Prix zu viel. Die Leute sollen von der Formel 1 nicht Verstopfung bekommen. Ich bin noch immer davon überzeugt, dass 15 oder 16 Rennen ideal wären. Wir müssen dazu nur jene Läufe loswerden, die wirtschaftlich uninteressant sind.»