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Charles Leclerc über Vettel: «Das wäre schlecht»

Von Mathias Brunner
Charles Leclerc

Charles Leclerc

​Charles Leclerc spricht über das Zusammenleben mit dem vierfachen Weltmeister Sebastian Vettel bei Ferrari. Der 21jährige Monegasse scheut sich auch nicht vor dem heiklen Thema Stallorder.

In seiner zweiten GP-Saison im Ferrari zu sitzen, das können nicht viele Rennfahrer von sich behaupten. Was mich am 21jährigen Charles Leclerc immer wieder erstaunt: seine Ruhe. Der Rummel um seine Person scheint den letztjährigen Alfa Romeo-Sauber-Fahrer komplett kalt zu lassen. Er selber meint: «Ich finde es überaus bewegend, für das berühmteste Team der Welt zu fahren. Aber wenn ich mich an die Arbeit mache, im Auto oder mit den Technikern, dann vergesse ich all das, dann denke ich nur noch an meine Aufgabe. Da müssen die Emotionen zur Seite rücken.»

Wie gut ist Ferrari aufgestellt? Leclerc meint: «Es hat sich seit dem ersten Tag nichts geändert. Ich fühle mich wohl in einem Wagen, der eine sehr gut Balance hat. Wir haben am Mittwoch Zeit verloren, also war es wichtig, heute Runden zu fahren. Die Tatsache, dass zur Mittagszeit mein Name ganz oben stand, ist mir nicht wichtig. Wir fahren noch nicht volle Kanne. Wir haben jetzt erstmals den weichsten Pirelli ausprobiert, aber das war von Anfang an geplant, um ein Gefühl für alle Reifentypen zu erhalten. Ich muss noch viel lernen. Mit jeder Runde mehr fühle ich mich wohler. Das ist nicht von den Reifentypen abhängig.»

Über die Arbeit mit Sebastian Vettel meint Charles: «Wir tauschen uns rege aus. Für mich ist das ganz elementar, denn nur so bringen zwei Piloten einen Rennwagen nach vorne. Aber die Kollegialität endet auf der Strecke. Ich will ihn so schlagen wie er mich bezwingen will. Ich kann eine Menge von ihm lernen, ohne dass ich ihn jetzt um einen Rat bitten muss. Alle Daten liegen offen auf dem Tisch, ich kann beobachten, wie er mit den Ingenieuren arbeitet. Das ist eine enorme Hilfe.»

Mit diesem Donnerstag ist die Saisonvorbereitung für den Formel-2-Meister von 2017 zu Ende. Gibt es noch Punkte, die er nicht abhaken konnte? «Ich habe keine komplette Rennsimulation gemacht, das stand für Donnerstagnachmittag auf dem Programm. Das ist für mich eine Unbekannte. Abgesehen davon bin ich zufrieden und fühle mich bereit für den Saisonstart. Als eigene Schwäche erkenne ich das tiefe technische Verständnis eines Autos, dazu brauche ich mehr Erfahrung in der Formel 1. Ich muss mich auch noch besser daran gewöhnen, mit so vielen Leuten zu arbeiten. Was das pure Fahren angeht, habe ich keine Bedenken.»

Wie hat Leclerc eigentlich reagiert, als Ferrari-Teamchef Mattia Binotto sagte, Vettel erhalte je nach Rennsituation Vorfahrtsrecht? «Das war nichts Neues für mich, ich wusste das ein wenig vorher. Für mich ist das nur logisch und nachvollziehbar. Ich bin der Neue bei Ferrari, es ist klar, dass ein Fahrer bei einer 50:50-Situation bevorzugt wird. Und das ist nun mal Vettel. Aber das heisst ja nicht, dass es immer so sein muss. Mein Job ist es, so schnell zu sein, dass gar keine Stallorder notwendig wird.»

Einige SPEEDWEEK.com-Leser haben uns gefragt: Wo liegen eigentlich die Unterschiede im Fahrstil von Leclerc und Vettel? Charles gibt zur Antwort: «Wichtig ist, dass wir das Gleiche übers Autos sagen. Stellt euch vor, ich würde vom Wagen das Eine verlangen und Seb etwas ganz Anderes, das wäre schlecht. Wir haben die gleichen Eindrücke vom Wagen. Der Fahrstil ist nicht komplett anders, es gibt höchstens kleine Unterschiede, wie wir eine Kurve anbremsen.»

Der späteste Spätbremser muss nicht immer der schnellere Mann sein. Ein solcher Pilot bremst überaus aggressiv, mit sehr viel Bremskraft zu Beginn, dann aber, wenn der Abtrieb mit zunehmend weniger Tempo niedriger wird, sanft am Pedal modulierend. Andere Piloten nehmen mehr Tempo mit in die Kurve, bremsen weiter in die Kurve hinein. Oft sind die Ergebnisse unterm Strich verblüffend ähnlich, das haben wir schon erlebt bei Lewis Hamilton und Nico Rosberg in den Silberpfeilen.

Charles Leclerc weiter: «Ob der leicht unterschiedliche Stil auch in Australien zu sehen ist, wird sich zeigen. Aber Fakt ist – unsere Aussagen übers Auto sind die gleichen, nur das zählt.»

Wie geht Charles mit dem Druck um, Ferrari-Fahrer zu sein? «Ich denke nicht daran, ich konzentriere mich darauf, mit einem Auto schnell zu fahren, ich denke nicht daran, welches Fahrzeug es ist. Ich bin einer, der seine Leistungen immer hinterfragt, das ist schon Druck genug. Ich bin aber auch selbstbewusst genug zu sagen – wenn ich gut arbeite, dann kann ich schöne Ergebnisse einfahren. Der Druck ist da, keine Frage, aber ich spüre ihn nicht. Ich weiss, was ich machen muss. Die Erwartungen anderer Leute kümmern mich nicht. Es gibt kein Erfolgsgeheimnis, um mit Druck umgehen zu können, aber sich von den Erwartungen nicht irremachen zu lassen, ist gewiss kein schlechter Ansatz.»

Mit welchem Ziel wird er nach Australien fliegen? «Nervös bin ich nicht. Ich weiss, dass die Ergebnisse kommen, wenn ich ruhig und konzentriert arbeite. Ich sehe mich am Anfang einer langen Strasse. Aber ich fühle mich bereit.»

Zwischen den beiden Tests war Charles in Maranello. «Die Atmosphäre ist von positiver Energie geprägt, alle Leute sind gut drauf und zuversichtlich.»

Hand aufs Herz: Liegt Ferrari nun vorne oder nicht? Leclerc denkt kurz nach und sagt dann: «Das sind Testfahrten. Es ist schwer zu sagen, wer sich noch zurückhält. Aber wir haben uns kaum über andere Teams unterhalten, wir sind vollauf mit uns selber beschäftigt. Ich werde die Antwort auf diese Frage erst nach dem Abschlusstraining zum Australien-GP kennen – wenn alle die Karten auf den Tisch legen müssen.»

Barcelona, 7. Tag (Donnerstag, 28. Februar), 13h

1. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF90, 1:16,231 min, C5* (56 Runden)
2. Alex Albon (T), Toro Rosso STR14-Honda, 1:16,882, C5 (75)
3. Lando Norris (GB), McLaren MCL34-Renault, 1:17,084, C5 (66)
4. Pierre Gasly (F), Red Bull Racing RB15-Honda, 1:17,091, C5 (44)
5. Nico Hülkenberg (D), Renault R.S.19, 1:17,496, C5 (73)
6. Lance Stroll (CDN), Racing Point RP19-Mercedes, 1:17,556, C5 (37)
7. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo-Sauber C38-Ferrari, 1:17,639, C4 (49)
8. Lewis Hamilton (GB), Mercedes-Benz W10 EQ Power+, 1:18,097, C2 (85)
9. George Russell (GB), Williams FW42-Mercedes, 1:18,130, C5 (45)
10. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-19-Ferrari, 1:18,199, Prototyp (53)

*Reifenmischungen: C1 die härteste, C5 die weichste
Abstände zwischen den Mischungen gemäss Pirelli: C1 zu C2 0,9 Sekunden, C2 zu C3 0,7 Sekunden, C3 zu C4 0,6 Sekunden, C4 zu C5 0,6 Sekunden

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