Valentino Rossi sucht das Glück

Rätsel Racing-Raritäten: Quer-Lenker, Quer-Denker

Von Mathias Brunner
Wir zeigen im neuen Rätsel «Racing-Raritäten» einen Piloten, der ebenso Quer-Denker war wie Quer-Lenker. Wer ist hier zu sehen? Wo und wann ist dieses Bild entstanden? Machen auch Sie mit.

Meist aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir bekanntlich jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

Die Lösung vom letzten Mal: Der Engländer Stirling Moss mit seinem «Maserati Eldorado Special» beim Rennen der zwei Welten, in Monza 1958. Natürlich haben wir ein Bild mit Moss ausgewählt, weil der grosse Rennfahrer am Ostermontag seine Augen für immer geschlossen hat.

Sie sind bei Fernsehübertragungen aus Monza meist nur noch zu erkennen, wenn auf die Hubschrauber-Perspektive umgestellt wird – die grandiosen Steilwände im königlichen Park. Wenig hätte gefehlt, und die atemberaubenden Highspeed-Bögen von Monza, «sopraelevate» auf Italienisch, wären der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Es bedurfte einer Unterschriftenaktion, um die Passagen zu erhalten. Ergebnis: Der Hochgeschwindigkeitsring (zwei 320 Meter lange, bis zu 80 Prozent überhöhte Kurven, verbunden durch zwei 875 Meter lange Geraden) blieb.

Ein zehn Kilometer langer Kurs samt Oval war 1955 und 1956 sowie 1960 und 1961 Schauplatz des Italien-GP. 1957 und 1958 wurde das Oval zur Bühne eines ungewöhnlichen Vergleichs: Beim «Rennen der zwei Welten», spasseshalber auch «Monzanapolis» genannt, wurden Helden des Indy 500 nach Monza eingeladen, um gegen die europäischen Piloten anzutreten.

Die Vollgashaudegen aus der neuen Welt sparten nicht an Show: Bob Veith erzielte die schnellste Trainingsrunde mit einem Schnitt von 283 km/h! Der Rennspeed von Jim Rathman konnte sich auch sehen lassen – mehr als 268 km/h. Der Watson-Offenhauser von Rathman, offiziell «John Zink Leader Card Monza Special» benannt, steht heute im Rennmuseum von Indianapolis. Den Gesamtsieg 1957 holte Jimmy Bryan, der Lauf 1 und 2 gewinnen konnte und im dritten Rennen Dritter wurde.

Das Antrittsgeld wurde damals in Cash ausbezahlt, in 10-Dollar-Scheinen, um genau zu sein. Haudegen Jimmy Bryan hatte sich ein Geldbündel einfach in den Overall gestopft, allerdings die Tasche nicht gut verschlossen, im strammen Fahrtwind segelten die Scheine davon. Ein sehr verärgerter Bryan hielt am Fuss der Steilwand an und kramte die Geldscheine vom Beton auf, die Wand so steil, dass er auf allen Vieren herumkroch.

Das 1958er Rennen war zwar ein Publikumserfolg, dieses Mal mit Jim Rathman als Gesamtsieger, doch interne Probleme beim Automobilklub von Mailand führten dazu, dass es bei diesen beiden Vergleichen blieb.

Maserati schrieb mit den Rennwagen von Stirling Moss ein wichtiges Stück Motorsportgeschichte: Auf einem Rennwagen prangten die Schriftzüge des Sponsors «Eldorado» (Eiscrème). Es war das erste Mal in Europa, dass ein gesponsorter Formel-Rennwagen im Einsatz war. Heute ist Sponsoring im Motorsport längst eine Selbstverständlichkeit. Doch es waren nicht nur die Namenszüge des Eisherstellers, die für Erstaunen sorgten: Um die Nähe zur kühlen Köstlichkeit zu verdeutlichen, war die Grundfarbe des Maserati Crème-Weiss. Bis dahin waren Rennfahrzeuge im internationalen Motorsport in einer vom Sportverband zugewiesenen Nationalfarbe lackiert – für Italien das typische Rot, für Frankreich Blau, für Grossbritannien grün und so weiter.

Initiator und Besitzer dieses geschichtsträchtigen Fahrzeugs war Gino Zanetti, der Inhaber von Eldorado. Entschlossen, seine Marke auf der internationalen Bühne bekannter zu machen, wandte er sich 1958 an Maserati. Der Sportwagenhersteller hatte im Jahr zuvor mit Juan Manuel Fangio die Formel-1-Weltmeisterschaft gewonnen und wurde nun beauftragt, ein Monoposto für den Wettbewerb das Rennen der zwei Welten in Monza zu entwickeln.
 
Innerhalb weniger Monate schuf Maserati-Entwicklungschef Giulio Alfieri den Maserati 420/M/58 «Eldorado» (Fahrgestellnummer 4203). Der Motor war abgeleitet von der V8-Einheit des 450S und auf 4190 ccm Hubraum reduziert. Er leistete 410 PS bei 8000/min. Motor und Getriebe waren um neun Zentimeter nach links versetzt. Ziel dieser Lösung war eine ausgewogenere Gewichtsverteilung unter Berücksichtigung der Fahrtrichtung gegen den Uhrzeigersinn an den hohen Steilkurven von Monza. Das Getriebe hatte nur zwei Stufen, während die De-Dion-Hinterachse ohne Differenzial auskam. Der Rohrrahmen war vom erfolgreichen 250F abgeleitet und wurde durch zahlreiche Elemente verstärkt, um den hohen mechanischen Belastungen von Monza gewachsen zu sein.

Um das Gewicht zu reduzieren, wurden Halibrand-Magnesiumräder und 18-Zoll-Profilreifen von Firestone mit Heliumfüllung montiert. Die von Fantuzzi handgefertigte Aluminiumkarosserie zeichnete sich durch eine aerodynamische Leitflosse hinter dem Cockpit und eine Vergaserhutze auf der Motorhaube aus. Insgesamt wog das Fahrzeug 758 Kilogramm.
 
Am 29. Juni 1958 feierte der «Eldorado» in Monza mit Formel-1-Star Stirling Moss am Steuer sein Debüt. Drei Rennen wurden ausgetragen, bei denen der Brite einmal Vierter und einmal Fünfter wurde, bevor er im letzten Lauf durch einen Unfall ausschied. In Summe wurden der «Eldorado» und Moss als Siebter gewertet.
 
Basierend auf den Ergebnissen des Rennens wurde das Fahrzeug von der Karosseriewerkstatt Gentilini modifiziert. Unter anderem verschwand die Heckflosse, und die Motorhutze wurde kleiner. Bevor der Wagen 1959 nach Indianapolis verschifft wurde, bekam er eine rote Lackierung – weiterhin mit Eldorado-Schriftzügen und dem markanten Cowboy-Logo. Pilotiert wurde der Maserati 420/M/58 vom unerfahrenen Gentleman-Driver Ralph Liguori. Er war mit dem Fahrzeug überfordert und schaffte es nicht, sich für das Rennen in Indianapolis zu qualifizieren. Mit einem professionellen Fahrer wäre definitiv ein anderes Ergebnis möglich gewesen. Und so blieb es für Maserati beim Indy 500 bei den beiden legendären Siegen, die Wilbur Shaw 1939 und 1940 am Steuer eines Maserati 8CTF errungen hatte.
 
Der Maserati 420/M/58 «Eldorado» wurde später perfekt in seiner ursprünglichen weissen Bemalung restauriert. Er ist heute Teil der Panini-Collection in Modena. Mehr dazu finden Sie hier: www.paninimotormuseum.it

Über die 500 Meilen von Monza oder eben Monzanapolis ist sogar ein Buch geschrieben worden: Aldo Zanas «The Monza 500 Miles – The endless American-European challenge» aus dem Jahr 2017 beleuchtet die ungewöhnlichen Rennen aus allen Blickwinkeln, es ist im Fachhandel erhältlich wie bei Inter Media Distribution, Im Grund 36, D-51588 Nümbrecht, D-49 (0) 2293-90 20 58. E-Mail imd@imd-motorsport.de. Mehr Informationen bei www.imd-motorsport.de

Damit zum neuen Rätsel: Dieser Fahrer war Quer-Lenker und Quer-Denker zugleich. Seine Karriere verlief so ungewöhnlich wie das Leben nach dem Motorsport.

Machen auch Sie mit! Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

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