Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Ärger für Mercedes, Lewis Hamilton und Nico Rosberg

Von Mathias Brunner
Enttäuschung trotz Rang 3 von Lewis Hamilton: Bremsprobleme nicht gelöst, Reifenverschleiss noch immer zu hoch, Nachzügler im Weg.

Manches Teammitglied würde die eigene Grossmutter verkaufen für einen dritten Rang. Aber Lewis Hamilton macht nach dem Rennen ein Gesicht als hätte sich die Schlechtwetter-Zone über Montreal gehalten. Ganz offenbar war der Engländer vom Podestplatz wenig angetan.

«Rang 3 bedeutet nicht, dass meine Probleme mit Bremsen erledigt sind, wir haben da noch nicht viele Fortschritte gemacht. Das war ja auch einer der Gründe, wieso mich Fernando packen konnte.»

«Zum Schluss fehlte mir einfach die Reifenhaftung. Ich verlor den Grip, also den notwendigen Speed, damit war gegen Fernando einfach nichts mehr zu machen. Das Auto an sich lag sehr gut. Seien wir mal ehrlich – seit Spanien hat sich nicht viel verändert. Klar geht die Entwicklung bei uns vorwärts, aber man muss auch sehen, dass der Pisten-Charakter von Monte Carlo und Montreal unserem Auto entgegen gekommen ist.»

Da spricht die Konkurrenz immer davon, welch gewaltiger Vorteil der geheime, pardon, der private Pirelli-Test der Silberpfeile in Barcelona gewesen ist, und dann sagt Hamilton einen Satz wie: «Wir haben noch überhaupt nichts kuriert. Gut, wir haben einige Techniken verfeinert, das hat natürlich geholfen. Aber als gelöst ist das noch lange nicht zu bezeichnen.»

BBC- und SPEEDWEEK-Technikexperte Gary Anderson muss schmunzeln, wenn er an die Duelle zwischen Hamilton und Alonso oder Webber gegen Alonso denkt. «Ich schätze, die Kosten für einen Frontflügel von Mercedes oder Red Bull Racing liegen im fünfstelligen Bereich, und dann fährt einer wie Webber trotz kaputtem Flügel noch die schnellste Rennrunde. Muss das den Aerodynamikern nicht zu denken geben?»

Hamilton selber meint: «Der Kampf mit Alonso war hart, aber fair, ich verlor ein paar Teile am Frontflügel, aber ich könnte nicht sagen, dass dies den Ausschlag darüber gegeben hat ob ich nun Zweiter werde oder Dritter.»

«Alonso war einfach schneller, ich tat alles, um ihn hinter mir zu halten, aber es reichte nicht. Ich versuchte dann gleich zu kontern, aber das klappte auch nicht.»

Nico Rosberg: «Das war heute das Maximum»

Monaco-Sieger Nico Rosberg wurde in Kanada vom dreifachen Montreal-Sieger Lewis Hamilton sang- und klanglos in den Schatten gestellt, Bremsprobleme hin oder her.

Nico: «Rang 5 war heute das Maximum. Ich konnte mich strecken, wie ich wollte, das Tempo der Fahrer weiter vorne war nicht mitzugehen. Wir haben vielleicht in Sachen Strategie nicht optimal entschieden. Das Timing des ersten Reifenwechsels gab viel zu reden, weil wir uns über die Aufwärmphase der mittelharten Mischung Sorgen machten. Wir entschlossen uns also dazu, das Rennen auf Webber und Alonso auszurichten. Statt dessen hätten wir wohl lieber einen längeren zweiten Rennteil fahren sollen.»

Ross Brawn: «Unglaublich, was die Nachzügler aufführen!»

Für Mercedes-Teamchef Ross Brawn gab es noch einen anderen Grund, wieso aus diesem Rennen icht mehr als die Ränge 3 und 5 herausgeholt wurden. «Ich kann mich nicht an viele Gelegenheiten erinnern, in welchen die Nachzügler einen solchen Einfluss auf den Rennverlauf hatten. Es war für unsere Fahrer nicht einfach, sich da durchzutanken.»

Einer dieser Nachzügler war Caterham-Fahrer Giedo van der Garde, der für das Ignorieren der Blauen Flaggen (Hintermann ist schneller! Überholen lassen!) sowie fürs Auslösen einer Kollision (mit Mark Webber) eine 20-Sekunden-Stop-and-go-Strafe aufgebrummt erhielt.

Ross Brawn weiter: «Die Autos haben einigermassen vernünftig funktioniert, aber wir machten uns um den Reifenverschleiss Sorgen, angesichts der gestiegenen Umgebungs-Temperaturen. Also waren wir da sehr vorsichtig. Lewis fuhr ein sehr gutes Rennen. Nico holten wir zum Schluss sicherheitshalber für einen dritten Stopp rein, weil er sich beim Anbremsen einer Kurve eine üble Bremsplatte eingehandelt hatte.» (Wenn der Reifen an einer bestimmten Stelle abgeschliffen wird. M.B.)

Mercedes-Rennchef Toto Wolff blickt voraus: «Ob wir in Sachen Reifen-Management viel dazu gelernt haben, wird sich nicht hier zeigen, sondern erst in Silverstone.»

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