Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Technik: Ferrari und der fliegende Pelikan von Kanada

Von Mathias Brunner
Von wegen «Cavallino Rampante»: Auf der Suche nach mehr Speed wildert Ferrari bei Lotus – der 2009 als Renault-Werksteam auftretende Rennstall war Pionier der Pelikan-Nase.

«Ein schönes Auto ist auch schnell», lautet eine Faustregel in der Formel 1. Aber auch im Grand-Prix-Sport gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Denn kein Ästhet würde ersthaft die so genannte Pelikan-Nase als schön bezeichnen. Der Kniff wurde 2009 von Renault (heute Lotus) eingeführt: die plump wirkende Ausbuchtung unter der Fahrzeugnase, später von zahlreichen Teams übernommen (Williams, Force India, Sauber, Red Bull Racing), soll den Luftstrom nachhaltiger zum Anfang der Bodenplatte lenken, dadurch kann der ganze Boden des Fahrzeugs effizienter arbeiten, samt des aufsteigenden Endes (Diffusor).

Obschon die Buckel reichlich gross ausfallen können, erhöhen sie erstaunlicherweise weniger als erwartet den Luftwiderstand und wirken hervorragend in Ergänzung zum flach gestalteten Mittelteil des Frontflügels sowie den Flügelstelzen, die in der Regel als Luftleitwerke ausgelegt sind. Anders gesagt: obschon zwar mehr Luftwiderstand erzeugt wird, überwiegen die Vorteile durch den effizienter arbeitenden Boden.

Der Buckel, das Kinn, die Kante – egal, wie man das Teil am Ferrari nennt: es ist lediglich aufgesetzt, das bedeutet also, dass Ferrari dafür nicht einen neuen Crash-Test des Frontflügels absolvieren musste.

Die Rennställe sind hier ständig am Pröbeln: Ferrari hatte die Lösung in Monaco erstmals am Wagen, in Kanada kam sie zum Renndebüt. Ironischweise liess ausgerechnet Trendsetter Lotus den Buckel in Montreal weg. Ebenso wie Weltmeister Red Bull Racing, die seit Singapur 2012 mit Buckel fuhren.

Die Pelikan-Nase ist eines jener Bauteile, für das in der Formel 1 gilt: Fortsetzung folgt bestimmt.

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