Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Mercedes: Endlich kein Nasenbär!

Von Mathias Brunner
Am Dienstag Morgen präsentierte Mercedes in Jerez den neuen Boliden für 2014. Mit dem F1 W05 soll in der kommenden Saison endlich der Titel nach Brackley geholt werden.

Marc Surer lobt: «Der neue Mercedes ist bislang das mit Abstand schönste Auto!» Es ist auch das Schnellste: Lewis Hamilton ging als Erster auf die Bahn, kurz nach 9.00 Uhr früh. Wie der neue Wagen klingt? Tief und grummlig, ein wenig nach Motorboot, und ja, die neue Formel 1 ist laut!

Auffällig am neuen Wagen: nicht nur die gefällige Nase, auch ein toller Frontflügel mit beidseitig je sieben Elementen sowie eine als Luftleiter eingebaute Position der TV-Kameras. Den enormen Kühlbedürfnissen von Motor und Energierückgewinnung wird mit grossen Lufteinlässen Rechnung getragen.

Mercedes-Benz bezeichnet den eigenen Wagen selber als «ersten komplett neuen Silberpfeil seit der Saison 1954». Das neue Auto wurde von Grund auf als integriertes Projekt der Mercedes-Benz Mannschaften in Brackley und Brixworth konzipiert und stellt einen historischen Meilenstein in einem ganz besonderen Jahr dar, in dem Mercedes-Benz 120 Jahre Motorsport und das 80-jährige Jubiläum der Silberpfeile feiert.

Arbeit seit 2010

Die ersten technischen Diskussionen über das Reglement und potentielle Lösungen fanden bereits Ende des Jahres 2010 zwischen den Teams in Brackley und Brixworth statt. Seit Mitte 2011 die Regeln für die neuen V6 Hybrid Power Units veröffentlicht wurden, schlug Mercedes-Benz bei jeder wichtigen Performance-Entscheidung den Weg eines vollständig integrierten Konzepts ein.   Die Ergebnisse dieser Arbeit sind der neue F1 W05 sowie dessen Herzstück, die neue PU106A Hybrid Power Unit. Beide wurden entwickelt, um den Herausforderungen einer grundlegenden Philosophie-Änderung in der Formel 1 zu begegnen. Die Einführung einer Beschränkung der Spritmenge auf 100 kg pro Rennen in Kombination mit einem maximalen Benzindurchfluss von 100 kg pro Stunde stellten die Ingenieure vor die fordernde Aufgabe, mit einer Reihe an innovativen, neuen Technologien eine Effizienz-Steigerung um mehr als 30 Prozent zu erzielen.

Toto Wolff: «Der Anfang eines Abenteuers»

Toto Wolff, Mercedes-Benz Motorsportchef, sagt: «Es ist stets aufregend, ein neues Auto zum ersten Mal zu enthüllen, aber umso mehr zu Beginn dieser bedeutsamen Saison 2014. Unser neuer Silberpfeil ist das Ergebnis eines zielgerichteten, integrierten Konzepts unserer beiden Technikmannschaften. Dieses Auto ist das Endergebnis mehrerer Jahre intensiver Arbeit, aber uns ist klar, dass es erst der Anfang dieses Abenteuers ist. Vor uns liegen eine anstrengende Wintertestphase und eine lange Saison, in der sowohl die Performance als auch die Zuverlässigkeit entscheidend sein werden. Lewis und Nico gehen hungrig auf weitere Erfolge in die neue Saison und ich bin zuversichtlich, dass unser Team von ihrer kontinuierlichen Arbeit über den Winter profitieren wird. Nach unserem zweiten Platz im vergangenen Jahr gehen wir mit frischem Schwung in die Saison. Unser klares Ziel ist es, unser Team weiter aufzubauen und 2014 an jedem Rennwochenende unsere Leistung abzurufen.»

Technikchef Paddy Lowe: «Langer Weg vor uns»

«In der Saison 2014 erleben wir wahrscheinlich die größten Regeländerungen in der Geschichte der Formel 1 und den Beginn einer neuen Ära", sagt Technikchef Paddy Lowe. «Aus technischer und auch sportlicher Sicht ist dies eine unglaublich spannende Zeit für die Formel 1. Wir führen neue Technologien ein, die nicht nur im Rennsport, sondern auch in der weiten Welt der Automobilindustrie neu sind. Der Grundgedanke ist die Steigerung der Effizienz und die Tatsache, dass wir Rennen mit fortgeschrittenen Hybrid-Systemen bestreiten, die nur 100 kg Benzin verbrauchen, verbreitet ein großartiges Bild von der in der Formel 1 entwickelten Technologie. Es geht aber auch um die Technologien, die Mercedes-Benz im Vergleich zu unseren Wettbewerbern entwickeln kann - sowohl auf Seiten des Chassis, als auch auf Seiten der neuen Power Unit. Das gesamte Team hat bei der Planung und Umsetzung des Projekts fantastische Arbeit geleistet. Wir haben unsere gesetzten Meilensteine und Ziele erreicht, aber wir werden wie immer erst erfahren, wie erfolgreich unsere Arbeit war, wenn wir unter ernsthaften Bedingungen auf der Strecke fahren. Das neue Auto besitzt ein elegantes, aber ebenso aggressives Design, dessen Schönheit nicht nur oberflächlich ist - auch das Innere ist äußerst innovativ und intelligent. Unser Team kann zu recht stolz auf die bisherige Arbeit sein, aber niemand von uns macht sich Illusionen: Bis zum ersten Rennen in sechs Wochen liegt noch viel Arbeit vor uns.»

Technische Revolution

Der F1 W05 ist das komplexeste Formel 1-Auto, das bislang vom Team in Brackley gebaut wurde. Angetrieben wird das Fahrzeug von der neuen PU106A Hybrid Power Unit, dem komplexesten Antriebsaggregat, das in der Geschichte des Werks in Brixworth entwickelt wurde. Der Verbrennungsmotor im Herzen der neuen Power Unit besitzt eine 1,6 Liter V6-Konfiguration mit einer maximalen Drehzahl von 15.000 Umdrehungen pro Minute. Um eine hohe Leistungsabgabe und Effizienz des Verbrennungsmotors zu erreichen, wurde ein Aufladungssystem eingeführt: ein einstufiger Turbolader und Kompressor. Das neue Hybrid Energie-Rückgewinnungssystem (ERS) ist eine zehnmal größere Herausforderung als sein Vorgänger KERS, für den Mercedes-Benz in der Saison 2009 den Weg bereitete. Es beinhaltet elektrische Motoren, die sowohl kinetische als auch Abwärme-Energie verarbeiten können. Dieses fortschrittliche Hybrid-System ist wesentlich für die Fahrzeugperformance verantwortlich und stellt einen erheblichen Fortschritt bei der Systemleistung und Haltbarkeit dar. Jeder Fahrer darf pro Saison nur fünf Power Units straffrei einsetzen.

Die Power Unit wurde für eine optimale Integration in das Chassis des F1 W05 entwickelt. Das neue Auto ist das Ergebnis einer aggressiven Entwicklungs-Philosophie, deren Ziel es war, die Platzierung neuer Systeme im Fahrzeug, etwa wegen des erhöhten Kühlungsbedarfs der Power Unit, zu optimieren und dadurch sicherzustellen, dass die Aerodynamik-Abteilung größtmögliche Freiheiten erhielt, um auf die einschneidenden Regeländerungen zu reagieren. Im Vergleich zu 2013 schreibt das Reglement einen schmaleren Frontflügel, den Verlust des niedrigeren Heckflügels sowie eine Verkleinerung des oberen Flügels und einen zentralen Auspuff vor, der das "Exhaust Blowing" verhindert, das in den vergangenen drei Saisons zur Performance des Autos beitrug. Jede Komponente wurde geprüft und neu entworfen, um so nah wie möglich an das Mindestgewicht von 691 kg heranzukommen. Das Ergebnis ist ein außerordentlich kompaktes Fahrzeug, das bei der Gesamtintegration neue Maßstäbe setzt.

Motorenchef Andy Cowell: «Enorme Herausforderung»

Andy Cowell, Geschäftsführer von Mercedes AMG High Performance Powertrains in Brixworth, erklärt: «Das 2014er Reglement ist für die Formel 1 wirklich bahnbrechend. In der V8-Ära wurde das Leistungspotential des Saugmotors über den Luftfluss zum Motor kontrolliert – gleichbedeutend mit dem Hubraum und der Drehzahl des Motors. In der Saison 2014 wird dies grundlegend auf den Kopf gestellt. Die Automobilindustrie konzentriert sich auf die vom Motor aufgenommene Menge an Benzin sowie die abgegebene Menge an CO2. Deshalb sind unsere Steuergrößen jetzt der maximale Benzindurchfluss und die beschränkte Rennspritmenge. Die grundsätzliche Frage lautet nun: Wie können wir die 100 kg an Benzin-Energie bestmöglich in mechanische Energie umwandeln? Diese Herausforderung hat uns dazu angetrieben, mit der unschätzbaren Unterstützung unserer Kollegen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Stuttgart neue Spitzentechnologien zu entwickeln - sowohl im Verbrennungsmotor als auch beim ERS Hybrid-System. Dadurch können wir 30 Prozent mehr Leistung pro Benzin-Einheit erzielen, als dies noch beim V8-Motor der Fall gewesen ist. Das war bislang eine aufregende, aber lohnenswerte Herausforderung, die von einem starken Wettbewerbsgedanken und einem gemeinsamen Ziel geprägt wurde: Einen siegreichen Silberpfeil zu bauen. Der härteste Teil der Arbeit liegt zweifelsohne aber noch vor uns. Wir werden mit beiden Beinen fest auf dem Boden bleiben und unser Wintertestprogramm systematisch durcharbeiten, um in Melbourne so gut wie möglich vorbereitet zu sein.»

Lewis Hamilton: «Tolles Auto – nicht?»

«Es war aufregend, die Entstehung des Autos zu verfolgen und es am vergangenen Freitag in Silverstone zum ersten Mal fahren zu sehen und zu hören», sagt Lewis Hamilton. «Ein tolles Auto, nicht? Es sieht fantastisch aus, sehr aggressiv, aber auch voller wirklich schöner Details. Ich bin gespannt darauf, herauszufinden, wie sich das Fahrverhalten mit der neuen Power Unit anfühlt, wie sie sich aus dem Cockpit anhört und wie gut wir im Vergleich zur Konkurrenz gearbeitet haben. Dies ist wahrscheinlich die Saison mit den meisten Unbekannten, mit denen ich mich bislang in meiner Karriere konfrontiert gesehen habe, und das ist eine äußerst spannende Situation für uns alle.»

«Hinter mir liegt wahrscheinlich der kürzeste Winter meiner Karriere. Ich habe Weihnachten und Silvester in den Bergen trainiert und ich habe sogar einen Turbo in mein Schneemobil eingebaut, damit ich mich an das Gefühl gewöhnen konnte, wie sich ein Turbo-Fahrzeug bei der Leistungsentfaltung verhält - das war richtig klasse. Ich freue mich darauf, wieder die Startnummer 44 auf meinem Auto zu sehen. Mit dieser Nummer bin ich in meiner Kartzeit angetreten und ich habe damit auch meine erste britische Meisterschaft gewonnen. Der Ursprung ist das Nummernschild meines Vaters zu dieser Zeit, in dem die 44 enthalten war. Seitdem ist es unsere Familien-Zahl. Drücken wir die Daumen, dass sie uns genauso viel Glück bringt wie damals.»

Nico Rosberg: «Ich bin extrem gespannt»

Nico Rosberg beginnt seine fünfte Saison als Silberpfeil-Fahrer am Steuer des Fahrzeugs mit der Startnummer 6.  «Nach dem kurzen Shakedown am Freitag in Silverstone bin ich extrem gespannt auf die erste richtige Ausfahrt mit dem Auto. Hinter uns liegt eine sehr anstrengende Zeit und ich freue mich deshalb sehr darauf, das Auto zu fahren. Mit all den neuen Technologien wird in diesem Jahr alles viel komplexer, was ich toll finde - es hilft der Formel 1 dabei, zeitgemäßer zu werden. Alles dreht sich darum, kraftstoffsparender zu sein und Hybrid-Energie zu nutzen. In meinen Augen ist dies ein guter Weg, der die Rennen noch interessanter machen wird.»

«Seit dem Abschluss des Pirelli-Tests im Dezember in Bahrain saß ich nur einen Monat lang nicht im Auto. Das ist eine gute Sache, denn dadurch werde ich auf Anhieb fit sein. Vor uns liegen drei Testfahrten und die verfügbare Zeit auf der Strecke wird wie immer sehr begrenzt sein. Es wird also eine schwierige Aufgabe, rechtzeitig bereit und zuverlässig zu sein. Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber es wird für alle Teams sehr schwierig und ich schätze mich glücklich, dass hinter mir solch ein großartiges Team steht. Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können.»

«Für die neue Saison habe ich ein komplett neues Helmdesign und natürlich werde ich mit der Startnummer sechs auf der Fahrzeugnase antreten. Mein Vater hat mir im Winter eine E-Mail gesendet, in der er schrieb, dass dies seine Glückszahl war, als er Weltmeister geworden ist, aber das allein hat mich noch nicht überzeugt. Dann meinte auch meine Verlobte, dass dies ihre Glückszahl sei, was mich etwas mehr ins Grübeln brachte! Daraufhin erinnerte ich mich daran, dass ich 2002 eine Meisterschaft mit dieser Startnummer gewonnen habe. Hoffentlich ist dies der Schlüssel zu einer schönen Saison!»

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