Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

James Allison (Ferrari): «Bisher kein Killer im Auto»

Von Mathias Brunner
Der Technikchef von Ferrari spricht über die Erfahrungen mit dem neuen Modell F14 T, über die unterschiedlichen Formel-1-Nasen und über die besonderen Anforderungen der Kühlung.

Am 21. Februar wird der Engländer James Allison 46 Jahre alt. Seinen Geburtstag wird er beim zweiten Wintertest in Bahrain verbringen. Dann will der berühmteste Rennstall der Welt auf Zeitenjagd gehen. Hier in Jerez geht es um Anderes, wie der Brite im Interview verrät.

James, wir haben zwei Testtage mit den neuen Autos hinter uns. Was war bislang die grösste Lektion?

Dass es nicht einfacher ist, als wir es uns vorgestellt hatten! Hier in Jerez geht es darum, den Wagen auf die Bahn zu bringen und so viele Runden als möglich zurückzulegen. Es geht darum, diese Millionen von Faktoren so unter einen Hut zu bringen, dass der Wagen tut, was wir uns von ihm versprechen. Und dass wir merken, wenn wir den Renner mit einem Haus vergleichen – das Fundament ist richtig gegossen. Elementar dabei ist beispielsweise die Kühlung. Wir haben ziemlich viel verschiedene Flüssigkeiten, die in diesem Auto zirkulieren, und die müssen alle auf der idealen Temperatur gehalten werden. Nur wenn all das stimmt, können wir bei den nächsten beiden Tests in Bahrain die notwendigen nächsten Schritte tun und am Ende behaupten – wir sind bereit für den Saisonbeginn in Australien.

Dieser Ferrari wurde entworfen, da warst du noch bei Lotus. Könntest du trotzdem erklären, was die grundsätzliche Philosophie des Autos ist und wieso Ferrari sich für eine nach unten gezogene Nase entschlossen hat?

Grundsätzlich gilt: wer die effizienteste Antriebseinheit baut, es also schafft, am besten mit der Spritmenge klarzukommen, der ist im Vorteil. Also haben unsere Motorenjungs Tag und Nacht geschuftet, um das hinzubekommen. Gleichzeitig waren die Chassis-Spezialisten gefordert, die für den Motor und die Energierückgewinnung erforderlichen Kühler ideal ins Auto einzupassen. Ich kann es gar nicht genug betonen: die Kühlung ist ziemlich eindrucksvoll. Sie muss auf geringem Raum Platz finden, aber dennoch ihre Arbeit verrichten. Wenn ihr mal einen offenen Motor sehen könnt, dann werdet ihr staunen, wie das alles aussieht – gemessen an den bisherigen V8-Saugmotoren.

Was die Nase angeht, so hat sich der Heilige Gral des Aerodynamikers nicht verändert – wir streben nach maximalem Abtrieb bei minimalem Luftwiderstand. Wenn wir uns nun in der Boxengasse umsehen, dann entdecken wir fast ein Dutzen verschiedener Lösungen. Das liegt an einem Reglement, das mehr geometrische Freiheit offenlässt. Diese Freiheit wird von den Technikern ausgesucht. Es handelt sich auch um einen Bereich, wo du im Windkanal nicht zu einer, zu DER besten Lösung kommst. Sondern es gibt verschiedene Lösungsansätze. Ich komme ja von einem anderen Team, das eine shr aggressive Lösung gefunden hat (James spricht Lotus an, mit den beiden kieferförmigen, unterschiedlich langen Elementen, M.B.). Aber für uns ist das nicht so wichtig. Derzeit wird sehr viel darüber geredet, weil die Nase halt als Erstes im Wind steht. Das wird sich aber mit der Zeit legen.

Schaut ihr euch andere Konzepte an?

Ja. Bevor wir zur Lösung gekommen sind, die ihr hier seht, haben wir mehrere Dutzend verschiedener Nasenformen erforscht, und diese Arbeit geht auch weiter.

Klingt die Formel 1 mit den Turbos noch nach Formel 1?

Ich gebe zu: diese Motoren klingen völlig anders als die Sauger zuvor. Aber dies ist der Sound, den wir bald ganz alleine mit der Formel 1 verbinden, und es wird auch eindrucksvoller klingen, wenn ein ganzes Feld um den Kurs röhrt als nur einzelne Autos, wie hier in Jerez.

Du hast betont, was das Ziel von Ferrari bei diesem Test ist. Aber seid ihr da im eigenen Fahrplan? Wir wichtig ist es, mit einem guten Grundverständnis des eigenen Renners von hier abzureisen?

Ich bin recht zufrieden. Wir haben keinen Killer im Auto! Oder jedenfalls haben wir bislang keinen gefunden. Wir können dann fahren, wenn wir es wollen. Es ist wichtig, dass wir keine grundsätzlichen Fehler gemacht haben, und das scheint derzeit nicht der Fall zu sein.

Wir haben ein neues aerodynamisches Reglement, die Frontflügel sind schmaler, am Heckflügel sind der angeblasene Diffusor und der Zusatzflügel über dem Getriebe verschwunden. Wieviel Abtrieb hat das gekostet?

Ungefähr so viel, wie wenn du mit dem Aero-Paket von Montreal auf einem Kurs fährst, wo viel Abtrieb gefragt wäre. Diese Regeln sind aber für alle gleich, und ich sehe ein neues Reglement immer auch als Chance. Wir sind stetig dabei, den verlorenen Abtrieb wieder zurück zu gewinnen, das liegt in der Natur der Formel 1, und das ist dieses Mal auch nicht anders. Derzeit machen wir dabei in einer Kurve Fortschritte, die ziemlich steil verläuft. Wann diese Kurve abflacht, lässt sich noch nicht abschätzen.

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