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Ayrton Senna: Was, wenn er Imola 1994 überlebt hätte?

Von Mathias Brunner
Ayrton Senna ist bis heute ein Vorbild

Ayrton Senna ist bis heute ein Vorbild

Ayrton Senna wäre am 21. März 2014 54 Jahre alt geworden. Ich frage mich hin und wieder: Was wäre aus ihm geworden, hätte er das verfluchte Imola-Wochenende von 1994 überlebt?

Unlängst war ich in einer Ausstellung. Sie hiess «Entscheidungen». Es ging darum, wie jeder von uns jeden Tag hunderte von Entscheidungen trifft, und wie fast jede davon dem Leben eine andere Richtung gibt. Manchmal zum Besseren, manchmal nicht, manche haben grosse Auswirkungen, andere nur ganz geringfügige.

20 Jahre nach dem Tod von Ayrton Senna geistert eine Fotomontage durchs Internet. Das Bild zeigt, wie sich Ayrton Senna aus dem Williams-Wrack in Imola stemmt. Leider haben wir dieses Bild nie erleben dürfen. Aber in den vergangenen Jahren haben wir an unzähligen Grand-Prix-Strecken immer wieder darüber diskutiert: Wie hätte sich alles entwickelt, wenn Senna Imola 1994 überlebt hätte?

In der Nacht vor dem Unglücksrennen war der grosse Brasilianer in tiefer Bestürzung. Die Unfälle von Rubens Barrichello und Roland Ratzenberger hatten ihn aufgewühlt. Seinem engen Freund, dem Rennarzt Professor Sid Watkins, vertraute er sich an. Watkins riet ihm: «Dann fahr doch einfach dieses Rennen nicht. Oder warum hörst du nicht gleich ganz auf? Was musst du noch beweisen? Lass das alles zurück und wir gehen fischen.»

Senna antwortete: «Es gibt gewisse Dinge, über die ich keine Kontrolle habe. Ich kann nicht aufhören. Ich muss weitermachen.»

Ayrton Senna hat damals eine Entscheidung getroffen, der Rest ist bekannt.

Aber nochmals: Was, wenn er den Unfall überlebt hätte?

Ich bin bis heute davon überzeugt: Ayrton hätte aus dem zunächst so störrischen Williams FW16B ein manierliches Auto gemacht. Und er wäre damit 1994 Formel-1-Weltmeister geworden, zum vierten Mal nach 1988, 1990 und 1991. Bei allem Respekt für Damon Hill: Wenn der Brite die WM-Entscheidung gegen Michael Schumacher im Benetton bis zum Finale von Adelaide offenhalten konnte, dann hätte Senna das längst zuvor klargemacht. Niemand wird mir widersprechen, wenn ich sage: Senna fuhr in einer anderen Kategorie als Hill.

Williams baute in der Folge 1996 (Weltmeister Hill) und 1997 (Weltmeister Villeneuve) das beste Auto im Feld. Gehen wir davon aus, dass Senna bei Williams geblieben wäre, so hätte er 1997, als 37-Jähriger, leicht bei mindestens sechs WM-Titeln stehen können, vielleicht sogar bei sieben.

Dann hätte er aufgehört oder er wäre er zu Ferrari gegangen. Niemand kann sagen, was er dort noch erreicht hätte.

Aber ich weiss: Ayrton Senna hätte während und nach Abschluss seiner Rennkarriere die Vision eines besseren Brasilien mit allem Nachdruck umgesetzt, mit der gleichen Konsequenz wie hinterm Rennlenkrad.

Ich bin sicher, er hätte eine Familie gegründet. Er wäre ein fabelhafter Vater geworden, denn er liebte Kinder.

Und ich bin davon überzeugt, er würde viele der heutigen Entscheidungen in der Formel 1 so unverblümt kommentieren wie er es damals tat.

Wieviele Menschen Ayrton Senna berührt hat, wird von der Tatsache unterstrichen, wie lebendig der Mythos Senna heute ist, selbst 20 Jahre nach seinem Tod. Für viele ist er der grösste Formel-1-Rennfahrer. Aber seine Rennerfolge sind nicht sein kraftvollstes Vermächtnis.

Die Arbeit für das Wohl der Bevölkerung und zahllose Verbesserungen der Sicherheit, nicht nur im Rennwagenbau, das ist sein wahres Erbe. Der NCAP-Crashtest, 1996 eingeführt, war eine direkte Folge des San-Marino-Wochenendes.

Wir haben in Imola 1994 Roland Ratzenberger und Ayrton Senna verloren. Aber ihr Tod hat geholfen, tausende von Menschenleben zu retten.

Das ist bei aller Schwermut über den Verlust der beiden Racer ein tröstlicher Gedanke.

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