Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Fernando Alonso erwartet weniger Mercedes-Siege

Von Vanessa Georgoulas
McLaren-Neuzugang Fernando Alonso erlebte in Jerez einen Testauftakt zum Vergessen: Der Formel-1-Weltmeister von 2005 und 2006 kam nur sechs Runden weit.

Für Fernando Alonso hat der erste Vorsaison-Test in Jerez alles andere als nach Mass begonnen: Der McLaren-Rückkehrer konnte im formschönen MP4-30 nur sechs Runden drehen, den Rest des Testtages stand sein Dienstwagen in der Box. Grund dafür dürfte der stotternde Honda-Motor sein, der auch Sky-TV-Experte Marc Surer aufgefallen ist.

Der ehemalige GP-Pilot erklärte: «Ich finde es schon erstaunlich, dass Honda nach all den Problemen, die es schon beim Abu-Dhabi-Test im vergangenen November gegeben hatte, hier in Jerez jetzt nicht mehr zum Fahren gekommen ist. Der Motor hörte sich teilweise so an, als würde er nur auf vier Zylindern laufen.»

Doch damit nicht genug: Alonso war mit seiner «schnellsten» Rundenzeit von 1:40,738 min auch mit grossem Abstand der langsamste Pilot im Test-Feld. Am Abend gehörte der Asturier denn auch zu den gefragtesten Piloten im Fahrerlager. Vor einer Menschentraube stellte sich der zweifache Formel-1-Champion den Fragen der Medienschaffenden:

Fernando Alonso, du hast diesen ersten Test offen als Herausforderung bezeichnet. Hast du mit derart grossen Schwierigkeiten gerechnet?

Ich denke, es lief wie erwartet. Es war offensichtlich ein langsamer Start, und wir wussten, dass er so ausfallen würde. Wir haben gesehen, wie schwierig es für die anderen Teams war, in den ersten Testtagen des vergangenen Jahres einige Runden zu drehen, selbst Red Bull Racing kam den ganzen Winter rund 10 Runden weit. Es braucht Zeit, bis man ein aktuelles Formel-1-Auto versteht, wir müssen noch viel lernen und haben erst damit begonnen, Erfahrungskilometer zu sammeln. Das liegt auch am Auto-Design, das in meinen Augen ziemlich extrem, aggressiv und innovativ ist. Es gibt also ganz sicher noch Einiges für uns zu entdecken, und das dauert.

Ich hätte natürlich lieber noch mehr Runden gedreht, denn nach zwei Monaten Winterpause, in denen man auf die nächste Ausfahrt wartet, sind sechs Runden nicht genug. Wir sind aber alle glücklich und aufgeregt.

Die Atmosphäre in der Box war heute überwältigend, vor allem, nachdem ichdie erste Runde gedreht hatte – das ist das McLaren-Honda-Comeback nach 22 Jahren. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich ein Teil davon sein und das Auto bei seiner ersten Runde lenken darf. Natürlich gibt es noch viel zu tun, doch ich glaube fest an dieses Projekt, deshalb bin ich glücklich, dass ich hier bin und im positiven Sinne viel zu tun habe.

Die letzte Honda-Ära liegt schon über zwei Jahrzehnte zurück. Woran erinnerst du dich, wenn du an die Jahre zwischen 1988 und 1992 zurückdenkst?

Leider wurden die Formel-1-Rennen damals in Spanien nicht übertragen, aber ich kann mich noch gut an die Schlagzeilen erinnern: Die Polemik nach den Crashs in Suzuka, welche die WM entschieden haben. Ich habe damals die Karriere von Ayrton Senna mitverfolgt und hatte viele seiner Rennautos als Modelle, die mir meine Eltern gekauft hatten. In meinem Zimmer hing auch ein grosses Bild von Ayrton in einem McLaren, daran erinnere ich mich noch gut.

Wie schätzt du die beachtliche Standfestigkeit ein, die Mercedes am ersten Testtag an den Tag legen konnte?

Ich denke, das wird morgen die Haupt-Schlagzeile sein, doch das ist normal. Denn das Team dominierte im vergangenen Jahr, konnte fast alle Rennen gewinnen und eine starke Leistung zeigen. Sie sind wie erwartet schnell, das sollte also auch beim Saisonstart so sein. Aber das liegt auch in der Natur der Sache, denn das Auto ist eine Weiterentwicklung des Fahrzeugs, das im vergangenen Jahr dominiert hat. Wir sind mit einer neuen Antriebseinheit und einem extremen, sehr aggressiv konstruierten Auto hier. Ich denke nicht, dass Mercedes in diesem Jahr so viele Rennen gewinnen wird. Natürlich sind sie die Favoriten, aber ich denke, die anderen Team sind auch besser vorbereitet als noch im vergangenen Jahr.

Glaubst du, dass du genug Geduld aufbringen kannst, bis McLaren-Honda dir ein siegfähiges und standfestes Auto hinstellt?

Ich denke, ich habe meine Geduld in den vergangenen fünf Jahren unter Beweis gestellt. Ich hatte keine Probleme damit.

Du hattest jetzt einige Monate Zeit, die Honda-Leute kennen zu lernen. Was hältst du von deren Arbeitsweise und wie schätzt du das Potenzial des neuen Motors ein?

Ich sehe da viel Potenzial und ich bin begeistert, dass ich mit den Honda-Jungs arbeiten darf. Ihre Leidenschaft für den Motorsport war vom ersten Tag an spürbar. Das passt zu ihrer Denkweise und Kultur, die mir sehr gut gefällt. Sie bringen ihre Lebenserfahrung und Leidenschaft ein und ich bin überzeugt, dass wir früher oder später unsere Ziele erreichen werden. Denn ich glaube fest daran, dass Honda alle Ziele erreichen wird, die wir uns vorgenommen haben.

Wie sehr unterscheidet sich das Team vom Rennstall, den du Ende 2007 wieder verlassen hast?

Das Team ist sicher offener geworden, und ich habe mich auch verändert. Ich war erst 25 Jahre alt, als ich das erste Mal für McLaren fuhr, in meinen Augen ist das jetzt der richtige Zeitpunkt für meine Rückkehr, denn wir haben die gleichen Ziele. Mit der Ankunft von Eric (Boullier, Anm.) ist das Team etwas offener geworden, sagen wir, es ist internationaler. Wir haben nun viele Teammitglieder, die von verschiedenen Rennställen zu uns gestossen sind. Die McLaren-Mentalität ist also sehr offen.

Auch das Auto unterscheidet sich klar von den Rennern der letzten Jahre, das hängt sicher mit dem Zuzug von Peter Prodromou zusammen. Die Rückkehr von Honda nach 22 Jahren macht es für das ganze Team sehr aufregend. Wir wollen uns gut schlagen und es ist ein fantastisches Gefühl, die Hingabe jedes Einzelnen zu spüren.

Jerez-Test, Tag 1

Sebastian Vettel (D), Ferrari, 1:22,620 min (60 Runden)
Marcus Ericsson (S), Sauber-Ferrari, 1:22,777 min (73 Runden)
Nico Rosberg (D), Mercedes, 1:23,106 min (157 Runden)
Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing-Renault, 1:23,338 (35 Runden)
Valtteri Bottas (FIN), Williams-Mercedes, 1:23,906 min (73 Runden)
Carlos Sainz (E), Toro Rosso-Renault, 1:25,327 (46 Runden)
Fernando Alonso (E), McLaren-Honda, 1:40,738 (6 Runden)
Nicht im Einsatz: Pastor Maldonado (YV), Lotus-Renault (Auto zu spät angekommen)

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