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David Coulthard: Sebastian Vettel wütend – richtig so

Von Mathias Brunner
David Coulthard (rechts) mit Daniel Ricciardo

David Coulthard (rechts) mit Daniel Ricciardo

Der 246fache Grand-Prix-Teilnehmer David Coulthard hat vollstes Verständnis für den Wutanfall von Sebastian Vettel nach dem Reifenplatzer an seinem Ferrari beim Belgien-GP.

Wann war Sebastian Vettel nach einem WM-Lauf je so wütend? Der Ferrari-Star machte Pirelli nach der Reifenexplosion kurz vor Schluss des Grossen Preises von Belgien in Spa-Francorchamps heftige Vorwürfe – und David Coulthard hat grosses Verständnis für den Heppenheimer.

Der frühere Formel-1-Star aus Schottland sagt in seiner Kolumne für die Kollegen der BBC: «Sein Wutausbruch ist für mich das Ergebnis der schwelenden Unzufriedenheit der GP-Asse über die Reifen von Pirelli. Die Piloten sind grundsätzlich in Belgien emotionaler als auf jeder anderen Rennstrecke, vielleicht mit Ausnahme von Suzuka, weil das die zwei mächtigsten Pisten im Kalender sind und weil viele Piloten dort in der Jugendzeit ihre Idole gesehen haben. Spa und Suzuka führen die Fahrer an den Rand des vertretbaren Risikos, auf keiner anderen Strecke sonst kommt so etwas wie Furcht auf. Gut, auch Monaco gebietet Respekt und höchste Präzision, aber dies bei verhältnismässig geringen Geschwindigkeiten. Wenn du in Spa oder Suzuka einen Unfall hast, dann musst du damit rechnen, dass der potentiell lebensgefährlich ist.»

«Wenn Rosberg nun bei Blanchimont einen Highspeed-Reifenschaden hat und Vettel in der Nähe von Eau Rouge, dann ist es naheliegend, wenn beide anschliessend sagen – ein paar Meter von dieser Stelle entfernt, und der Unfall hätte schwerwiegende Folgen haben können.»

«Spa war nicht das schlimmste Wochenende für Pirelli in der Formel 1, aber die Fahrer sind unzufrieden mit den Reifen aus Italien: wie er sich verhält, wie der Haftungsgrad ist, wie man mit ihm umgehen muss, wie robust er ist.»

«Bei Vettel löste sich die Lauffläche, das haben wir nicht zum ersten Mal gesehen. Der Reifen scheint besonders anfällig zu sein auf Schnittverletzungen, sei dies nun durch Trümmerteile auf der Bahn oder durch einen gegnerischen Frontflügel.»

«Pirelli hat argumentiert, das Versagen des Vettel’schen Reifens ginge auf übermässigen Verschleiss zurück. Aber ich erkenne aus Sebastians Rundenzeiten keinen Beweis dafür. Es ist hingegen möglich, dass sein Reifen – wie jener von Rosberg – eine Schnittverletzung erlitten hatte, vielleicht sogar vom ständigen Überfahren der Randsteine, wie es in Belgien von allen Fahrern getan wurde.»

«Ich finde es von Vettel nicht falsch, seine Meinung zu sagen. Ein Fahrer von seinem Kaliber und von seiner Erfahrung muss das tun. Und wir wollten dankbar sein, dass einer sich hinstellt und Stellung bezieht, die auf Leidenschaft und Emotionen basiert, die aber immer von Fakten bestätigt werden muss. Durch solche Reaktionen bekommen Rennfahrer Persönlichkeit, das ist es was wir von Sportlern sehen wollen.»

«Die Fahrer verdienen die bestmöglichen Reifen. Und Pirelli würde es verdienen, die bestmöglichen Reifen bauen zu dürfen. Für mich sind die derzeiten Walzen nicht die bestmöglichen Reifen. Worauf natürlich auch Pirelli-Rivalen Michelin hingewiesen hat, die ab 2017 Formel-1-Alleinausrüster werden wollen.»

«Pirelli muss Unzulänglichkeiten im Reglement ausbaden. Daher geht ein Teil der Schuld für den ganzen Schlamassel auf das Konto der FIA. Der Autoverband wollte von Pirelli Reifen, die gezielt abbauen, genau das haben die Italiener hergestellt.»

«Einige Fahrer grummeln, dass sich Pirelli immer darauf hinausrede, die Reifen seien von aussen verletzt worden und daher kaputtgegangen. Für mich ist jedoch klar – wenn Pirelli alle Fakten prüft und kein strukturelles Problem findet, dann bleibt als einzige mögliche Erklärung eben Fremdeinwirkung übrig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Firma wie Pirelli absichtlich falsch informieren würde.»

«Pirelli ist eine weltweit im Rennsport tätigen, renommierte Firma. Es ist eine ziemlich undankbare Aufgabe, Reifen bauen zu müssen, die sich so verschleissen, dass Reifenwechsel zum entscheidenden Faktor in einem Formel-1-Rennen werden. Ich bin davon überzeugt, dass Pirelli durchaus in der Lage wäre, haltbare Reifen herzustellen. Aber das war nicht, was die FIA von Pirelli wollte.»

«Pirelli ist am Analysieren von Vettels Reifen. Sollte sich herausstellen, dass ein fundamentales Problem vorliegt, müssen für Monza Maximallaufzeiten eingeführt werden. Sollte nichts gefunden werden, dann muss Pirelli den Entrüstungssturm aussitzen. Die Fahrer haben dann die Wahl – mit diesem Reifen fahren oder zum Boykott aufrufen und mal sehen, was passiert. Aber ich bezweifle sehr, dass wir einen Boykott erleben.»

«Ich bin mir sicher, dass auch die FIA hier nicht einfach nur zusehen wird. Nach Spa-Francorchamps muss irgend etwas geschehen, um die Fahrer zu besänftigen.»

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