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Marc Surer: «Billig-Turbo der FIA nur Druckmittel?»

Von Mathias Brunner
Marc Surer

Marc Surer

​Der Schweizer Formel-1-Experte der deutschen Sky hinterfragt, was FIA-Präsident Jean Todt mit der Einführung eines Alternativ-Motors (Stichwort: Billig-Turbo) wirklich erreichen will.

Mercedes, Renault, Honda und Ferrari sind nicht erfreut: Die Pläne von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt zur Einführung einer kostengünstigen Motor-Alternative ab 2017 widersprechen ihrer Triebwerksphilosophie.

FIA-Chef Todt hatte in Mexiko noch einmal erklärt, wieso seiner Meinung nach der Automobilverband zum Handeln gezwungen ist: «Wir fanden damals, es sei Zeit, dass die Formel 1 wieder Vorreiter sein soll, daher der Schritt zur Hybrid-Technik. Die Autohersteller fanden das auch prima. Dann aber stellte sich ein Problem: Die Motoren wurden für die weniger wohlhabenden Teams zu teuer. Gegen die Geldverteilung in der Formel 1 können wir als FIA nichts tun. Wir finden sie ungerecht, aber das ist Sache der kommerziellen Rechtehalter. Wir können aber das Reglement beeinträchtigen, um etwas mehr Balance zu erreichen, und genau das tun wir im Moment.»

Der Franzose weiter: «Wir haben also bei der letzten Sitzung der Strategiegruppe vorgeschlagen, Mittel und Wege zu finden, kostengünstigere Motoren zu haben, dieser Vorschlag wurde mit grosser Mehrheit angenommen. Aber das ist nur ein Vorschlag, der muss nun zur Formel-1-Kommission. Findet er dort Anklang, wird er vom FIA-Weltrat abgesegnet. Ich fand es dann sehr enttäuschend, dass Ferrari von seinem Veto-Recht gemacht hat. Also werden wir – als aus unserer Sicht einzige Option – eine Ausschreibung für einen kostengünstigen Motor machen, der es einem Team erlaubt, zu einem machbaren Preis konkurrenzfähig mitzufahren.»

Marc Surer, Formel-1-Experte der deutschen Sky, findet, das Problem sei hausgemacht: «Die Grundidee bestand ja einst im so genannten Weltmotor. Die Basis dazu sollte ein Vierzylinder-Motor sein, der dann in verschiedenen Versionen in unterschiedlichen Rennkategorien eingesetzt wird. Sagen, wir als 1600er Sauger in einer Monoposto-Nachwuchsformel, als aufgeladener 1600er in der Formel 1, als auf Zweiliter aufgebohrter Motor für Tourenwagensport oder Rallye und so weiter. Aber Ferrari war sofort gegen einen Vierzylinder – weil ein solcher Motor im Angebot der Italiener nicht existiert und weil ein so kleiner Motor vom Image her nicht mit Ferrari in Einklang gebracht werden kann.»

Die Hersteller einigten sich dann mit der FIA auf einen V6-Turbo und machten Druck, den samt Hybridtechnik einzuführen, weil das serienrelevant sei. Marc Surer: «Hier liegt ein Grundübel. Denn letztlich diktierten die Hersteller der FIA die Motorenformel. Es sollte aber umgekehrt sein.»

Die weiteren Fehler der FIA: Es wurde versäumt, im Reglement einen Maximalpreis zu verankern. Und es wurde auch nicht daran gedacht, dass ein Hersteller eine Mindestanzahl von Teams beliefern sollte, wenn er Formel-1-Sport betreibt.

Marc Surer weiter: «Im Grunde läuft die ganze Diskussion jetzt auf einen Machtkampf hinaus. Ich glaube, der FIA und auch Bernie Ecclestone ist klar geworden, dass die Hersteller zu viel Macht gewonnen haben. Es stört sie auch, dass die Ausgangslage im Reglement dazu führt, dass Red Bull derzeit ohne Motoren ist – jetzt einmal ungeachtet davon, wie sich Red Bull in diese Situation manövriert hat.»

«Ich könnte mir gut vorstellen, dass die angekündigte Einführung eines Alternativmotors oder eines Billig-Turbo nur ein Druckmittel ist, um letztlich das zu erreichen, was eigentlich alle wollen – eine Formel 1 mit nur einer Art von Antriebseinheiten, also keine Zweiklassengesellschaft.»

«Klar hatten wir in den 70er und in den 80er Jahren schon mal die Situation, dass Sauger gegen Turbos gefahren sind. Aber damals war die Ausgangslage ganz anders. Zunächst kam Renault 1977 als Turbo-Pionier und wurde ausgelacht. Mit der Zeit aber erwies sich, dass früher oder später am Turbo kein Weg vorbei führt. Später wurde für Sauger-Autos sogar eine eigene Wertung eingeführt, aber gegen die Turbos waren diese Fahrzeuge ohne Chance.»

«Was ich damit sagen will: Es ist ganz schwierig, zwei verschiedene Motorkonzepte ungefähr gleich stark zu gestalten, ohne allzu künstliche Eingriffe. Mir ist noch nicht klar, wie die FIA das zustande bringen will. Daher ist es für mich denkbar, dass der Billig-Turbo nur ein Bluff ist, um die Autohersteller ein wenig gefügiger zu machen. Und um das gegenwärtige Reglement letztlich zu behalten.»

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