Formel 1: FIA spricht Urteil

Red Bull mit Aston Martin: Newey baut Super-Auto

Kolumne von Mathias Brunner
​Im Juli 2015 berichtete «Autocar»: Aston Martin kehre in die Formel 1 zurück, als Namensgeber von Mercedes-Motoren für Red Bull Racing. Das war falsch. Die Kooperation kommt – ohne Mercedes.

Die «Autocar»-Geschichte um eine Rückkehr der Traditionsmarke Aston Martin (1959 und 1960 erfolgslos in der Formel 1) ging damals um die Welt, bereits kursierten im Internet Bilder, wie so ein Auto wohl aussehen würde.

Der entsprechende Artikel behauptete, die Briten stünden in Verhandlungen mit Red Bull, um 2016 Mercedes-Motoren einzusetzen, die Aston Martin heissen. Die entscheidende Verbindung seien jene fünf Prozent Anteile, welche Mercedes an Aston Martin halte.

Kleiner Exkurs: Aston Martin (1250 Angestellte, mehr 600 Mio Euro Umsatz) gehört zu 37,5% der italienischen Investmentgruppe Investindustrial, zu 24% der kuwaitischen Ivestment Dar, die restlichen Anteile halten ADEEM (Kuwait), der frühere Formel-1-Teamchef David Richards (BAR-Honda), Ford (8%) und eben Daimler (5%).

Mercedes würde, so die Geschichte weiter, offizieller Partner von Red Bull Racing – mit jenem Motorenkontingent, das bei Lotus wieder frei wird, wenn aus jenem Rennstall wieder das Renault-Werksteam wird. Aston Martin sei technischer Partner und Namensgeber für den Motor. Mercedes habe diesen Plan bereits abgenickt – die Marke Aston Martin sei kein Konkurrent, zudem komme so weiterhin Geld in die Kasse für die Entwicklung der sündhaft teuren Turbomotoren.

Inzwischen wissen wir: Das ist alles nicht passiert.

Lotus trennte sich zwar von Mercedes und wurde wieder das Werksteam der Franzosen. Aber bei Mercedes wurde ein Veto eingelegt, was eine Motorenlieferung für Red Bull Racing angeht. Red-Bull-Rennsportchef Dr. Helmut Marko erklärte: «Die haben Angst vor uns. Sie wollten nicht riskieren, dass das Werksteam von einem Kundenrennstall geschlagen wird.»

Zudem machte Mercedes-Rennchef Toto Wolff klar: «Es wird keinen Mercedes-Motor im GP-Sport geben, der aus Marketing-Gründen anders angeschrieben ist.»

Hinter den Überlegungen steckten Aston-Martin-Chef Andy Palmer und Marketing-Chef Simon Sproule, welche vor Jahren den Infiniti-Deal mit Red Bull Racing eingefädelt hatten.

Nun steht fest: Eine Kooperation zwischen Aston Martin und Red Bull Racing kommt, aber in anderer Form.

Auf den RBR-Fahrzeugen wird Aston Martin auf den Seitenkästen werben, dazu wird das Aston-Firmenlogo auf der Rennwagennase zu sehen sein. Tatsächlich dreht sich die Kooperation nicht um ein klassisches Sponsoring, sondern um ein gemeinsames Supersportwagenprojekt mit Red-Bull-Technikchef Adrian Newey.

Hintergrund: Newey soll in Diensten von Red Bull bei Laune gehalten werden. Ein Supersportwagenprojekt ist genau etwas, was den genialen Engländer reizt und ihn davon abhält, mit einem anderen Arbeitgeber zu liebäugeln. So gab es wiederholt Angebot aus Maranello für den besten Techniker der Gegenwart.

Red Bull Advanced Technologies und Aston Martin wollen nichts weniger, als ein bahnbrechendes Hyper-Auto zu bauen – als Verschmelzung von Formel-1-Technik mit Aston-Martin-Design. Der neue Supersportler hat den Projektnamen AM-RB 001. Red-Bull-Technikchef Adrian Newey arbeitet dabei mit dem Kreativchef von Aston Martin zusammen, Marek Reichman.

Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner: «Das ist ein aufregendes Projekt für uns. Das berühmte Aston-Martin-Logo kehrt in die Formel 1 zurück, erstmals seit 1960, und Red Bull Advanced Technologies werden die Formel-1-DNA für den Bau des endgültigen Strassensportwagens verwenden. Ein unfassbares Projekt.»

Aston-Martin-Ceo Andy Palmer: «Die Formel 1 ist die beste Bühne, um die Marke Aston Martin in die Auslage zu stellen. Aber die Kooperation ist weit mehr als Werbung. Wir werden ein Auto bauen, das Designer inspiriert und Fans fasziniert.»

Adrian Newey sagt: «Seit ich sechs Jahre alt war, hatte ich zwei Träume – Rennwagen zu entwerfen und einen Supersportwagen obendrein. Das erste Ziel konnte ich ausleben, das andere köchelte immer ein wenig vor sich her, ich habe zahllose Entwürfe gemacht im Laufe der Jahre. Nun hat sich diese Möglichkeit mit Aston Martin ergeben, und ich finde das überaus aufregend. Es erlaubt es uns, Formel-1-Technik in ganz neuer Form umzusetzen.»

Rückkehr von Aston Martin: Viele Versuche

Im vergangenen Herbst sah sich Force India an der Schwelle zu einem Abkommen mit Aston Martin. Force-India-Mitbesitzer Vijay Mallya bezeichnete eine mögliche Partnerschaft mit der englischen Sportwagenfirma als «ein Mega-Event. Die Verhandlungen halten an. Solche Entscheidungen brauchen Zeit, das kann man nicht übers Knie brechen. Und eine solche Partnerschaft sollte auf Langfristigkeit angelegt sein. Aston Martin ist eine fabelhafte Marke, ein Aushängeschild für Grossbritannien. Mit Aston Martin verbunden zu sein, das wäre ein Riesending.»

Schnell gingen die Mahnfinger hoch: Wer soll diese Zeche bezahlen? Hatte nicht Aston-Martin-Chef Andy Palmer selber im Sommer erklärt, man habe für die Formel 1 nicht die notwendigen Mittel?

Vijay Mallya sagte weiter: «Es geht nicht darum, ob Aston selber das Geld ausgeben kann oder nicht. Mit dem Markenwert von Aston Martin würden sich so viele Sponsoren anziehen lassen. Das ist die wahre Magnetkraft.»

Die Idee besteht darin, aus Force India Aston Martin zu machen. Ein Namenswechsel, dem die anderen Rennställe zustimmen müssen. Die Vergangenheit hat gezeigt: In der Regel und notfalls mit etwas Überredungskunst von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sollte das kein allzu grosses Problem sein.

Mallya weiter: «Es wird derzeit über die ganzen finanziellen Zusammenhänge verhandelt. Wenn die Aktionäre von Aston Martin einverstanden sind, können wir anfangen, über Details zu sprechen.»

Im Dezember sprach Aston-Martin-Chef Andy Palmer ausführlich über die Rennsportpläne: «Über den GT3-Sport hinausgedacht, gibt es im Grunde zur zwei Wege, die man gehen kann – entweder zu einem LMP1-Auto für den Langstreckensport oder in die Formel 1. Jeder dieser Wege ist potenziell stichhaltig, sofern man das notwendige Geld dazu hat. Die Stichhaltigkeit ergibt sich aus dem Ort, an welchem wir dieses Interview führen. Unser Werk von Gaydon liegt mitten in einer Region, in welcher es von Rennställen und Zulieferfirmen wimmelt. Wir arbeiten hier sehr fachkundig mit Alu und Kohlefaser, wir sind führend in Sachen struktureller Verbundstoffverarbeitung, und natürlich profitieren wir dabei auch von der Zusammenarbeit mit Firmen, die vorwiegend für die Formel 1 tätig sind.»

«Wenn wir also Mittel und Wege fänden, um unseren Umgang mit Technik in einer Art und Weise zu zeigen, die einen Bezug zurück zum Kunden hat, wenn wir in LMP1 oder in der Formel 1 unsere technische Expertise beweisen könnten und einen Rückfluss in die Serie, wenn wir diese Verbindung herstellen könnten in aller Aufrichtigkeit, dann würde ich sagen – die Tür ist offen. Aber während ich das alles sage, sehe ich keinen solchen Weg heute und auch kaum in naher Zukunft.»

Aber was ist mit dem reinen Plakatieren des Namens? Palmer weiter: «Es muss authentisch sein. Daher sage ich ja ständig, dass es zweifelhaft sei, ob wir Formel 1 machen. Aber ich sage da bewusst auch, dass wir nie nie sagen würden.»

«Wir müssen die Firma auch durch andere Augen sehen als durch jene eines Briten, der fünfzig Jahre alt ist oder so. Wir müssen sie durch die Augen eines jungen chinesischen Unternehmers sehen. Wenn eine Leinwand frisch bemalt werden soll, dann gibt einem die Formel 1 sehr viel Aufmerksamkeit. Wir könnten sagen: „Wussten Sie, dass Aston Martin eine herrliche Renngeschichte hat? Nicht? Darum sind wir in der Formel 1!“»

«Also gibt es sehr wohl Marketing-Gründe, so etwas zu machen. Aber nochmals: Das geht nur, wenn wir eine echte, aufrichtige Verbindung zu einem Team haben, etwa in Form einer technischen Zusammenarbeit mit einem Rennstall. Man muss schon ziemlich viele Punkte verbinden, um den Menschen glaubwürdig zu machen, dass wir seit 102 Jahren Motorsport betreiben.»

«Letztlich kann sich aus heiterem Himmel eine Möglichkeit ergeben. Aber Grundlage dazu müssen solide Verbindungen sein. Wenn jemand daherkommt und sagt, “Ihr könnt euren Namen auf der Seite des Autos haben“, dann ist das kein Weg, den wir beschreiten wollen.»

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