Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Marc Surer: «Aeroscreen weniger schlimm als der Halo»

Von Mathias Brunner
​Der Schweizer Formel-1-Experte der deutschen Sky sagt: «Mir gefällt in Sachen Kopfschutz weder Halo noch Aeroscreen. Aber eine der beiden Lösungen wird kommen.»

Es ist der grosse Aufreger im Fahrerlager von Sotschi – die Kopfschutzlösung namens Aeroscreen, welche Red Bull Racing hier am Wagen von Daniel Ricciardo für eine Installationsrunde gezeigt hat. Wir treffen im Fahrerlager Marc Surer, den Basler Formel-1-Experten der Kollegen von Sky Deutschland.

Marc, du hast jetzt beide Lösungen gesehen, den Halo im Winter in Barcelona, den Aeroscreen hier. Was ist dein Eindruck?

Der Aeroscreen ist die beste Lösung, welche ich bislang gesehen habe. Weil sie sinnvoller ist.

Wieso sinnvoller?

Weil der Pilot im Gegensatz zum Halo besser geschützt ist. Beim Halo kann ein Objekt wie damals die Schraubenfeder beim Massa-Unfall neben den Streben durchfliegen, hier würde diese Feder von der Scheibe abprallen. Der Fahrer kann mit dem Aeroscreen auch aussteigen, was bei einer kompletten Kanzel nicht möglich wäre. Frei heraus: Mir gefällt in Sachen Kopfschutz weder Halo noch Aeroscreen. Aber eine der beiden Lösungen wird kommen.

Beim Halo würde jedoch ein Bügel über den Kopf des Piloten führen. Das ist mehr Schutz für eine Gefahr direkt von oben.

Stimmt, das wäre vor allem dann ein Thema, wenn beispielsweise ein Auto auf das andere zu liegen kommt. Das passiert statistisch sicher öfter als dass ein Rad oder ein Trümmerteil von relativ senkrecht auf den Piloten runterfällt.

Was sagst du zu Testbildern, die veröffentlicht worden sind?

Die finde ich sehr eindrucksvoll. Die FIA hat ja schon früher ähnliche Aufnahmen gemacht, als Testläufe mit einer kompletten Kanzel durchgeführt wurden. In Sachen Sicherheit scheint der Aeroscreen den Anforderungen gerecht zu werden. Über die Ästhetik werden die Fans natürlich weiter diskutieren.

Du hast gesagt: Eine Lösung wird kommen.

Ja, diesen Eindruck erhalte ich aus FIA-Kreisen. Der Grund ist ganz einfach: Wir hatten böse Unfälle, der Autoverband musste handeln. Vor allem aber: Stell dir vor, Halo und Aeroscreen wären für 2017 umsetzbar, die FIA legt das alles aber auf Eis, und dann haben wir erneut einen schweren Unfall mit Kopfverletzungen oder gar einem toten Fahrer. Jeder würde doch der FIA zum Vorwurf machen: „Ihr hattet eine Lösung bereit, aber ihr habt sie nicht eingeführt.“ Der Kopf ist einfach der letzte Teil des Piloten, der in modernen Autos nicht so geschützt ist wie der restliche Körper. Wenn wir dann eine einigermassen saubere Lösung haben, und der Aeroscreen ist eine solche Löung, dann okay. Wir alle werden uns daran gewöhnen müssen.

Saubere Lösung, das ist ein gutes Stichwort: Was sagst du zu den Themen Verschmutzung und Sicht?

In Sachen Schmutz wird so laufen: Es wird auf der Scheibe grosse Abreissfolien geben, so wie das in der NASCAR-Serie vorgemacht worden ist. Beim Boxenstopp zieht ein Mechaniker eine dieser Folien ab und fertig. Dafür werden die Fahrer keine Abreissvisiere mehr brauchen. Und die Helmreinigung wird auch vereinfacht.

Und die Sicht?

Mein Gegenargument hier ist: Wenn die Fahrer aus den Sportwagen rausschauen können, wie sie etwa in Le Mans gefahren werden, wieso soll das mit dem Aeroscreen nicht gehen? Das Gleiche gilt für Lichtreflexe. Gegen so etwas gibt es Beschichtungen. Nein, das wird alles kein Hinderungsgrund sein.

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