Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Martin Brundle: «Strafen lächerlich, Sound schwach»

Von Rob La Salle
Lewis Hamilton mit Martin Brundle

Lewis Hamilton mit Martin Brundle

​Klar bietet die Formel 1 packenden Automobilsport, wie beim Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps. Aber der frühere GP-Pilot Martin Brundle macht sich Sorgen: Zwei Baustellen gehören endlich erledigt.

Martin Brundle ist kein Freund von Schwarzmalerei. Zu Beginn der Turbo-Ära anfangs 2014, als es auf einmal chic war, den GP-Sport schlecht zu reden, wehrte sich der Sportwagen-Weltmeister von 1988 vehement für die Königsklasse. Aber der 158fache GP-Teilnehmer hält auch die Hand dorthin, wo es wehtut. Denn es gibt nach wie vor viele Probleme in der Formel 1, und zwei Baustellen gehören für den 57jährigen Engländer erledigt. Und zwar bald.

Der Le-Mans-Sieger von 1990 (mit Jaguar) hält als Experte der britischen Sky in seiner Kolumne fest: «Wir haben in Belgien wieder volle Tribünen erlebt. Das immer fachkundige Publikum ist wegen eines willensstarken, wunderbar talentierten Teenagers vermehrt worden, der die Formel 1 richtiggehend elektrisiert.»

«Einige Rennställe, Hersteller oder Administratoren werden das jetzt nicht gerne hören, aber die Faszination kommt noch immer aus dem Element Mensch heraus – wer ist der Schnellste? Wer der Stärkste? Wer der Mutigste und wer der Beste?»

«Es braucht gewiss kein Ingenieursstudium, um festhalten zu können: Das ist es, was die Menschen fesselt. Und nicht, ob ein Pilot eine Strafe von 55 Rängen zurück in der Startaufstellung erhalten hat. Wenn am Samstagabend die Startaufstellung vor lauter Strafen für viele ein einziges Fragezeichen ist, dann finden die Fans das verwirrend und langweilig.»

«Fans wollen atemraubende Action Rad an Rad, und ich denke mir oft: Wir sollten nicht 22 dieser sündhaft teuren Renner haben. Wir sollten weniger Geld ausgeben und dafür ein volles Startfeld von 26 Autos präsentieren. Und zwar 26 Autos, die konkurrenzfähig sind. Am liebsten, wenn ich schon ein wenig am Träumen bin, hätte ich dazu 26 Verstappens insofern, dass Fahrer allein durch ihre überdurchschnittliche Begabung in den Grand-Prix-Sport gelangen und nicht durch ihren finanziellen Hintergrund.»

«Ich muss zugeben, das ist utopisch, aber wir sollten wenigstens danach trachten. Dann wären die Tribünen nicht nur in Belgien voll, sondern überall. Dann würden wieder mehr Menschen die Fernseher am Sonntagnachmittag anschalten, und wir hätten auch wieder mehr Sponsoren. Und wir sähen Rennstrecken, die profitabel betrieben werden können, mit fairen Eintrittspreisen für die loyalen Fans.»

«Ich verstehe ja, wieso die Motorenregeln so eingeführt wurden, wie sie sind. Fünf Antriebseinheiten pro Fahrer und Saison, das war eine Reaktion auf Rennställe, die jeden Tag frische Motoren einbauten. Es war höchste Eisenbahn, die Kosten in den Griff zu bekommen.»

«Zunächst wurden Strafen für das Einbauen zusätzlicher Aggregate sogar auf die folgenden Rennen übernommen. Das war reiner Wahnsinn und wurde zum Glück gestoppt. Auf der anderen Seite können gut finanzierte Teams nun an einem einzigen Wochenende mehrfach die Antriebseinheiten wechseln und sich so ein frisches Kontingent an Motoren zur Seite legen – mehr als aus der letzten Reihe ins Rennen gehen zu müssen, gibt es als Strafe nicht mehr.»

«Aber wir müssten diese lächerlichen Strafplätze loswerden, die Hohn und Spott erzeugen. Warum nicht einfach: Der entsprechende Fahrer muss ans Ende des Feldes rücken und fertig. Wen interessiert es letztlich, ob ein Pilot wie Fernando Alonso oder Lewis Hamilton 55 oder 60 Strafränge aufgebrummt erhält?»

«Neben Hamilton ging ja auch Alonso von weit hinten in den Belgien-GP. Der Spanier fuhr ein genau so gutes Rennen wie Lewis, und ich fürche, Fernando bezahlt nun den Preis für sein Rebellenimage. Ich hätte ihn liebend gerne 2017 in einem Mercedes-Benz neben Hamilton gesehen.»

«Ich muss noch über etwas Anderes in Sachen Motoren schimpfen. Jeder weiss, wie sehr ich die Formel 1 liebe. Und ich habe mir wirklich alle Mühe gegeben, diesen Hybridtriebwerken aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Ich hatte das Vergnügen, ein solches Auto zu fahren und weiss, wie eindrucksvoll die Power und die Kraftentfaltung sind, wie faszinierend die Technik ist.»

«Aber jetzt mal ehrlich und zum wiederholten Male: Die Motoren sind einfach zu wenig laut! Es hat Änderungen gegeben, gewiss, aber die waren zu wenig wirksam. Das musste ich beim Spaziergang entland der Strecke im zweiten freien Training zum Belgien-GP schmerzlich erkennen.»

«Wir brauchen Motoren, die höher drehen und deren Sound nicht durch die ganze Turbo-Technik abgewürgt wird. Und wir brauchen das bald, nicht erst 2021.»

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