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Fall Hobelsberger: Schwarze Flagge mit zwei Seiten

Von Esther Babel
Patrick Hobelsberger

Patrick Hobelsberger

Am Sonntag hatte GERT56-Pilot Patrick Hobelsberger in der Motorsport Arena Oschersleben beim zweiten Lauf der IDM Superbike einen sprichwörtlich schwarzen Tag erwischt. Eine Aufarbeitung der Geschehnisse.

Die guten Nachrichten zuerst: Patrick Hobelsberger vom Team GERT56 hat sich bei seinem desaströsen IDM Superbike-Wochenende in der Motorsport Arena bis auf eine gepflegte Ganzkörperprellung und einen leicht lädierten Finger keine gröberen Verletzungen zugezogen. Darüber hinaus wird er im Kampf um die Meisterkrone nicht alles hinwerfen und sich frustriert in ein abgeschiedenes Kloster zurückziehen. Wahrscheinlich hat er sich inzwischen von der Schlappe schon wieder halbwegs erholt und radelt sich irgendwo im heimischen Bayern den Frust von der angeschlagenen Rennfahrer-Seele.

Angefangen bei zwei Stürzen im Training zum zweiten IDM-Wochenende, technischen Hakeleien bei seiner BWM, ein spät gesetzter neuer Reifen in einem Training, das kurz nach Hobelsbergers Ausfahrt auf die Strecke mit der roten Flagge abgewinkt wurde. Startplatz 14 in den beiden Rennen am Sonntag. Ein «na ja, geht so-Ergebnis» mit Rang 6 im ersten Rennen. So weit, so schlecht.

Aber lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen. Patrick Hobelsberger lächelte, war halbwegs froh, und es kam schlimmer. Und zwar so richtig. Der Sonntag endete für ihn mit einer schwarzen Flagge, null Punkten und dem Verlust der Tabellenführung.
Früher war im Rennsport sicherlich nicht alles besser. Doch viele Dinge waren eben einfacher gestrickt. Aber die Technik wurde besser, die Regelwerke dicker. Was blieb, ist der Faktor Mensch.

Was war passiert?

Patrick Hobelsberger fabrizierte beim Start ins zweite Superbike-Rennen einen lupenreinen Frühstart. Das hatte an seinem von Pleiten, Pech und Pannen ruinierten Wochenende gerade noch gefehlt. «Da gibt es kein Vertun, mein Fehler», gibt er ohne Zögern zu. «Schon ab der ersten Runde habe ich drauf gewartet, dass das Schild mit der Strafe von zwei Long-Laps rauskommt.» Denn während man früher einfach noch während des Rennens eine Zeitstrafe auf seine aktuelle Zeit draufaddiert bekam und der Pilot von seiner Boxen-Crew einfach z.B. Platz 15 angezeigt bekam, obwohl der Frühstarter auf Platz 5 seine Runden drehte, kommen heutzutage allerlei «Panels und Boards» mit den verschiedenen Strafen zum Einsatz. Die Double Long Lap, die One Long-Lap oder die Drive-Through-Strafe.

Wenn dann aber, wie im Falle Hobelsberger, alles zusammenkommt, wird es kompliziert. Hobelsberger wusste, dass er die doppelte Strafe in Form der Double Long Lap würde abbrummen müssen. Was er auch umgehend tat. Denn er hatte bei der Fahrerbesprechung gut aufgepasst und wer Patrick Hobelsberger ein klein wenig kennt, der weiß, dass er nichts dem Zufall überlässt. Plätze verlor er dabei nicht, lediglich den Kontakt zu den Spitzenreitern und deren direkten Verfolgern. Schlimm genug.

Verwirrung komplett

Ab jetzt wird es verwirrend. Denn obwohl Hobelsberger seine zwei Extra-Runden gedreht hatte, wurde das Board mit der Aufschrift «LLP PX 2» weiterhin gezeigt. Guter Rat war teuer. Vor allem für denjenigen, der rundenlang mit ca. 280 km/h und einem nachgewiesenen Puls von ca. 180 an eben jenem Schild vorbeiballerte. Was also tun? Nochmal zwei Runden fahren? Hatte jemand das Schild einfach vergessen? Siehe oben Faktor Mensch. Hobelsberger tat gut daran, sich bei diesem Tempo in erster Linie auf sein Rennen zu konzentrieren.

Über die Monitore flimmerte plötzlich die Auflösung. Hobelsberger hatte seine zweite Strafrunde unter gelber Flagge absolviert, nachdem Max Schmidt in Kurve 2, an deren Beginn der Eingang zur Long Lap liegt, gestürzt war. Doch wie bringt man das dem Fahrer bei, der unaufhörlich dem näher rückenden Ende des Rennen entgegenrast und sich nach wie vor über das seit Runde 1 gezeigte Board mit der doppelten Strafrunde wunderte? Plötzlich kam im letzten Renndrittel eine neue Anzeige für Hobelsberger. Durchfahrtsstrafe. In der Boxengasse von Oschersleben schlicht die Höchststrafe, denn das gute Stück kostet bei der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit mal eben 26 Sekunden. Die Verwirrung bei Hobelsberger war komplett.

Da er die Durchfahrtsstrafe nicht wie gewünscht antrat, folgte dann in der letzten Runde die Schwarze Flagge, was für Hobelsberger das sofortige Rennende bedeutete. Er kam dem Wunsch der Rennleitung nach und fuhr statt über die Ziellinie in die Box. Und verstand erst mal nur Bahnhof. «Mir war schon klar, dass irgendwas nicht stimmte», erklärte er. «Aber woher sollte ich wissen, was genau.» Nach einem Gespräch mit einem in Kurve 2 stationierten Streckenposten hatte Hobelsberger das erste Aha-Erlebnis. Denn bei der Einfahrt auf die Start-Ziel-Geraden sah er, in Vorbereitung auf seine zweite Long Lap, die erste war völlig korrekt und er wollte die zweite gleich dranhängen, nicht rot, nicht schwarz und nicht gelb, sondern grün.

«Hätte ich gelb gesehen, wäre ich doch nicht so blöd gewesen und hätte die zweite Long Lap angetreten. Selbst wenn ich das Reglement nicht gekannt hätte, hätte ich aus reiner Vorsicht bei gelb nichts gemacht. Aber ich kannte ja die Regeln.» Die Rennleitung unter Stefan Beck spulte derweil ihr durch das Reglement abgedeckte Programm ab, das letztendlich zur Schwarzen Flagge führte. Denn ein Board für den Fall der Fälle, dass ein Fahrer nämlich bei einer der beiden Long Laps Murks baut, gibt es in der Form nicht.

«Hätten sie mir das Board für noch eine Long Lap gezeigt», so Hobelsberger, «wäre ich die auch noch gefahren. Es hätte ja was sein können, von wegen Übertretung der Streckenbegrenzung oder sonst was. Da hätte ich nicht überlegt, sondern hätte es halt gemacht.» Doch das Board für nur eine Long Lap ist im Falle eines Frühstarts nicht erlaubt, da Vergehen und Board nicht zusammengehören. Wo wir wieder beim Faktor Mensch und Ermessenspielraum sind.

Denn Hobelsberger fuhr ohne wirklichen Kontakt zur Außenwelt, geschweige denn zur Rennleitung, seine Kreise und wusste am Ende nicht mehr, wo vorne und hinten ist. Um einer weiterführenden Strafe, die bei Missachtung der Schwarzen Flagge noch droht, wie zum Beispiel eine Sperre oder ähnliches, fügte er sich in sein Null-Punke-Schicksal und fuhr in die Box.

«Ich stehe voll zu der mir verpassten Strafe mit den beiden Long Laps, gar keine Frage», versichert Hobelsberger. «Ich wäre auch noch eine dritte gefahren. Aber ich wusste überhaupt nicht was los war, da die ganze Zeit immer das Board mit den zwei Strafrunden gezeigt wurde. Wie soll man da als Fahrer reagieren? Die Rennleitung verteilt die Strafen, also ist es doch auch an ihnen, mir eindeutig mitzuteilen, auf welchem Weg auch immer, was ich zu tun habe.»

Es gab Gespräche mit allen Beteiligten, immerhin gab es diesen Fall im Rahmen der IDM zum ersten Mal, nämlich den, dass ein Fahrer eine seiner beiden Strafrunden vergeigt. Es flogen in der Zwischenzeit reichlich Mails hin und her und die Enttäuschung ist groß. Eine Chance, sich zu erklären hatte Hobelsberger nicht. Mit der Schwarzen Flagge war sein Schicksal im zweiten Rennen unumkehrbar besiegelt. Eine Extra-Wurst wollte der BMW-Pilot keine gebraten kriegen. «Aber sie hätten mir die Zeit für die Durchfahrtsstrafe von mir aus auch im Nachhinein aufbrummen können, aber ich hätte zumindest eine Chance gehabt, mich zu erklären. Vom Reglement mag das alles richtig gewesen sein. Doch muss man die volle Härte durchziehen und unwiderrufliche Tatsachen schaffen? Ich habe schlicht keine klare Anweisung erhalten, was von mir erwartet wurde.»

Stefan Beck, der als Rennleiter mit seiner Mannschaft in der Race Control angetreten war, verweist auf das eindeutige Reglement und das es eben keinen Spielraum zwischen milder Strafe oder vollem Programm gibt, zwischen dem er wählen kann.

Was bleibt, ist eine Menge zerschlagenes Geschirr und eine Menge Enttäuschungen. Denn am Ende bleibt halt doch nur eins übrig und das ist der Faktor Mensch.

Der Rennleitung bleibt jetzt die Aufgabe, diesen Fall aufzuarbeiten und sich eventuell noch das eine oder andere Board anzuschaffen, um verteilte Strafen klarer kommunizieren zu können. Und Patrick Hobelsberger und seinem Team GERT56 bleibt die Aufgabe, auf der Jagd nach dem angepeilten Titel, dem 19 Punkte-Rückstand auf Florian Alt hinterherzuhetzen.

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