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Martin Wimmer und MZ: Wie das Kartenhaus zerbrach

Von Günther Wiesinger
Das Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen MZ-Chef Martin Wimmer wurde vertragt. Der Ex-GP-Sieger hat bis zur Insolvenz eine Spur der Verwüstung hinterlassen.

Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Chemnitz gegen Martin Wimmer (56) wurde auf 18. Dezember vertagt. Dem ehemaligen Geschäftsführer der Motorenwerke Zschopau GmbH und Ex-Grand-Prix-Rennfahrer wird vom Staatsanwalt unter anderem Insolvenzverschleppung sowie ungenügende Buchhaltung vorgeworfen. Wimmer weist diese Anschuldigungen als falsch zurück; er liess sich vor dem Gericht von drei Anwälten vertreten.

Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage hauptsächlich auf die Darstellung des Anwalts Christoph Junker von der Kanzlei Junker Bartelheimer, der vom Amtsgericht Chemnitz als Insolvenzverwalter eingesetzt wurde, nachdem Geschäftsführer Martin Wimmer Anfang September 2012 die Zahlungsunfähigkeit der MZ GmbH angezeigt hatte.

Wimmer (er war von 2009 bis 2012 MZ-Chef) macht für die Insolvenz unter anderem die kurzfristige Rücknahme eines Kreditangebotes seitens der Münchner Merkur Bank, die zu diesem Zeitpunkt Hausbank der MZ GmbH war, verantwortlich. Der Freistaat Sachsen hatte noch im August 2011 eine Landesbürgschaft gegenüber der Bank ausgestellt.

Staatsanwalt Robert Schwarz ist überzeugt: «MZ war bereits am 29. März 2012 zahlungsunfähig. Die Insolvenz wurde aber erst am 7. September beantragt.» Wimmer widersprach bei der Verhandlung Ende dieser Woche: «Erst als uns die Bank im September keinen Kredit mehr gab, war MZ nicht mehr zu retten.»

Das Gericht hat jetzt ein Gutachten in Auftrag gegeben, so soll geklärt werden, ab wann die Firma pleite war. Nächster Termin: 18. Dezember.

MZ: Das Geld war schon im Frühjahr 2012 knapp

Tatsache ist: Im Winter und Frühjahr 2012 meldeten sich pausenlos MZ-Geschäftspartner, die auf unbezahlten Rechnungen sassen.

Gegenüber SPEDWEEK.com sagte Wimmer beim Jerez-GP Anfang Mai 2012: «Wir können jetzt bei MZ Racing keine Rechnungen bezahlen, weil wir das Kerngeschäft retten müssen.»

Cheftechniker Warren Willing setzte sich im Mai 2012 endgültig ab, weil er kein Geld mehr bekam, auch sein Vorgänger Dietmar Franzen klagte Geld ein, dazu Neukirchners Crew Chief Marco Nicotari, der 2011 mit seiner Firma Pro Ride alle Neukirchner-Einsätze abgewickelt hatte. Investor Peter Ertel soll damals noch Geld nachgeschossen haben, um bei MZ die Lichter nicht ausgehen zu lassen. Aber die Summen reichten bei weitem nicht.

Bereits Anfang März 2012 musste Wimmer den Moto3-Fahrer Jonas Folger entlassen. Wimmer wurde danach gegenüber dem Racing Team Germany vertragsbrüchig, weil er dort Toni Finsterbusch in der Moto3-WM fahren lassen wollte und ihn dann zu MZ zurückholte. Im Sommer 2012 einigte sich Wimmer gegenüber RTG zur Zahlung von rund 64.000 Euro, bezahlt wurde dieser Betrag nicht.

In der Moto2-WM holte MZ für 2012 den völlig überforderten Schweden Alexander Lundh, er sollte 500.000 Euro Mitgift abliefern. Zuvor waren immerhin Anthony West und Max Neukirchner für MZ gefahren, wenn auch unter abenteuerlichen Bedingungen.

Nach dem Assen-GP 2012 wurde Lundh für den Sachsenring-GP durch Markus Reiterberger ersetzt, dann kam Mike di Meglio an Bord, ehe im September das MZ-Kartenhaus endgültig zusammenbrach. Zum Brünn-GP 2012 war das MZ-Team mit einem knallgelben Käsetransporter von «Käse Maik» angereist. Der Tiefpunkt schien erreicht. Die Kosten für den geliehenen IAMT-Truck waren auch nie bezahlt worden.

Wimmer habe in drei Jahren 6 bis 10 Millionen Euro verbrannt, wurde ihm in Sachsen nachgesagt. Irgendwann war von 170 Gläubigern die Rede. Dass die Firma MZ Racing ihren Firmensitz in Hongkong hatte, sorgte bei den Geschäftspartnern für Sturnrunzeln. Mit dem gutgläubigen Investor Peter Ertel fand Wimmer immer wieder einen Teilhaber, der frisches Geld zuschoss. Der Deutsche ist letztes Jahr überraschend verstorben.

Eine Spur der Verwüstung

Der dreifache 250-ccm-GP-Sieger Martin Wimmer hatte in beispielloser Atemlosigkeit immer neue Projekte angekündigt, die an Grössenwahn grenzten. Aber unter Wimmers Regie wurde in dreieinhalb Jahren kein einziges neues Motorrad zur Serienreife oder auf den Markt gebracht. Selbst von den Roller-Modellen waren nur Vorserienmodelle zu sehen. Landesimporteure? Händlernetz? Fehlanzeige auf der ganzen Linie. Dabei wollte Wimmer schon im zweiten Jahr 6000 Roller und 3000 Motorräder verkaufen. Immerhin trat MZ im Oktober 2012 auf der Intermot in Köln noch mit einem pompösen Stand auf.

In der ersten Moto2-Saison 2010 trat MZ mit einem stark übergewichtigen Eigenbau-Stahlrahmen an. Wimmer hatte im Lager 5000 Meter Stahlrohre entdeckt, die Korous einst für das Superbike MZ 1000S anfertigen hat lassen. Trotz einer irrwitzigen Wandstärke von 1,5 Millimeter liess Wimmer diese Rohre für das Moto2-Chassis verwenden – um etwas Materialkosten zu sparen. Beim Sachsenring-GP 2010 wurde ein Alu-Chassis aus Frankreich von Martial Garcia erprobt und 2011 in Portugal das IAMT-Alu-Chassis, es ging drunter und drüber.

Jahrelang hatte sich Wimmer über seinen ebenfalls gescheiterten Vorgänger Petr-Karel Korous lustig gemacht. Aber Wimmer agierte genau so erfolglos – und hinterliess im Paddock eine Spur der Verwüstung.

Jetzt will Wimmer unter die Schriftsteller gehen und ein Buch über seine glorreichen MZ-Jahre veröffentlichen. «Ich will nicht als derjenige in die Geschichte eingehen, der MZ zerstörte», beteuerte er vor dem Amtsgericht Chemnitz. Der gescheiterte Unternehmer träumt weiter von einer Millionenentschädigung durch die Münchner Merkur Bank. «Er will der Leo Kirch des Motorradgeschäfts werden», ätzte ein Insider.

Die «Deutsche Bank» hatte Kirchs Erben nach dem Konkurs Hunderte Millionen Schadenersatz zahlen müssen...

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