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Patrick Walther, Teil 2: «Andere hatten mehr Talent»

Von René Streuli
25 Jahre fuhr der Schweizer Patrick Walther Motocross-Rennen. Im zweiten Teil des großen Interviews spricht er seine Träume, Angst, die Zukunft und weshalb er nie Profi wurde.
Minuten nach deinem letzten Rennen beim Meisterschaftsfinale in Les Vieux-Prés sagtest du mir, dass du dein Bike in die Ecke stellen wirst – dass du zumindest keine Rennen mehr bestreiten wirst. Hattest du seither schon Wehmut?

Während der Weihnachtsfeier von Hostettler-Yamaha, als ich auf meinen Rücktritt angesprochen wurde, kamen natürlich Emotionen hoch. Auch als ich den Rennkalender 2015 studierte und sah, dass meine Hass-Strecke in Vieux-Prés nicht mehrt aufgeführt ist, dachte ich für einen kurzen Moment, dass ich zu früh aufgehört habe (Patrick muss betreffend Vieux-Prés herzhaft lachen).

Blick zurück in deine Zeit als Nachwuchsfahrer: Wolltest du den MX-Sport damals schon seriös und erfolgsorientiert ausüben oder war er zunächst lediglich einer deiner Hobbys? Was waren damals deine Ziele?

Obwohl ich damals neben MX auch noch BMX-Sport betrieben habe, wollte ich schon immer nur MX-Sport machen. BMX war eine willkommene Ergänzung zum MX; trotzdem wollte ich schon als 8-/9-jähriger Junge die gesamte MX-Welt erobern und Weltmeister werden (lacht).

In der Schweiz wird der Motorsport noch immer eher abweisend wahrgenommen, was sich entsprechend negativ auf die Sponsorensuche auswirkt. Wir war das bei dir als Nachwuchsfahrer?

Zu Beginn war da natürlich mein Vater, der mir MX ermöglichte; er kaufte und finanzierte damals das gesamte Material. Wichtig und sehr hilfreich war auch die geschäftliche Zusammenarbeit zwischen meinem Vater und Paul Kasper, Inhaber der Firma «Pamo-Gerüstbau». Er gründete damals das «Pamo-Honda-Racing-Team», erkannte mein Talent und holte mich in sein Team. Ansonsten war es schon sehr sehr schwierig, Sponsoren zu finden.

Diese Partner, sprich Sponsoren erwarten mehrheitlich immer eine gewisse Gegenleistung.

Zum einen will man natürlich die Unterstützung und das Vertrauen in erster Linie mit Siegen und Top-Resultaten rechtfertigen. Mein Vater hat mir zudem – gerade in der Zeit vor meiner Lehre – immer wieder bewusst gemacht, woher das Geld kommt, und dass dies ein teurer Sport ist. Ich glaube, es ist mir ganz gut gelungen, meiner Verantwortung und meinen Verpflichtungen gegenüber den Sponsoren gerecht zu werden.

Gab es während deiner Zeit als Motocross-Fahrer Rennsituationen, in denen du Angst hattest?

Angst haben geht gar nicht; wenn doch, dann musst du sofort aufhören. Wir wissen, dass wir Risiken auf uns nehmen; wir versuchen aber trotzdem immer noch schneller zu sein als die Konkurrenten. Das war auch bei mir nicht anders; erst in meinem letzten Jahr als MX-Rider gab es Momente, in denen der Kopf nicht mehr ganz frei war. Ich habe noch immer keine Angst; aber ich habe immer mehr Respekt vor schweren Verletzungen. Dies führe ich aber auf mein Alter und auch auf meine Zukunft zurück. Mir ist immer klarer geworden, dass nach dem Sport auch noch eine private und eine berufliche Zukunft folgen, die Gesundheit voraussetzen, um ebenfalls erfolgreich zu sein.

Als Nachwuchsfahrer folgte der Einstieg in die Eliteklassen. Wie groß war die Umstellung von den Junioren- zu den Top-Klassen?

Als mehrheitlich dominanter Emporkömmling war der Sprung in die zweitgrößte Klasse trotzdem sehr heftig. Hartes Brot kauen war angesagt, obwohl wir noch während der Junioren-Zeit einige Einsätze in der MX2-Klasse nutzen konnten. Mir wurde bewusst, dass mehr gerangelt und mit den Ellbogen gearbeitet wird – die Etablierten zeigten uns Rookies unmissverständlich, dass hier ein anderer Wind weht. In meinem Rookie-Jahr gelang es mir dann auch lediglich in Genf, einen einzigen Meisterschaftspunkt einzufahren.

Erzähl uns etwas über die wichtigsten Ereignisse während deiner Zeit als MX2- und MX1-Fahrer.

Natürlich waren internationale Rennen immer etwas ganz Spezielles für mich – diese haben mich wesentlich mitgeprägt. Mein Highlight war die gesamte Saison 2007 mit dem lange angepeilten MX2-Schweizer-Meister-Titel als Krönung. Auch in der EM gelangen mir einige Top-5-Platzierungen – in Roggenburg gelang mir als Tages-Dritter sogar ein Podestplatz.

In die MX1-Klasse aufgestiegen gab es 2008 auch einige schöne Rennen für mich, z.B. in Aichwald beim ADAC MX Masters, als ich mit der 450er bis kurz vor Schluss auf Platz 5 war, ehe mich ein Sturz auf Rang 9 zurückwarf. Ich denke trotzdem, dass jenes Rennen, in dem ich Tagesrang 9 erkämpfte, mein Rennen schlechthin war, welches ich mit dem großen Bike bestritt – das war mein Tag! Auch mein Top-5-Resultat in Roggenburg beim MX3-WM-Lauf kann ich als Erfolg verbuchen. All diese Leistungen zeigen auch, dass ich als Amateurfahrer durchaus mit den renommierten Profis mithalten konnte.

Dennis Verbruggen, Europameister 2007, sagte einmal zu mir, dass er mich für das, was ich als Amateur leiste, sehr respektieren würde. Ich hab’ mich häufig gefragt, wie meine Karriere als Profi verlaufen wäre, wenn ich die Chance dazu gekriegt hätte.

Hattest du in diesem Zusammenhang Visionen oder Träume, die du gerne umgesetzt hättest oder auch realisieren konntest?

Wie alle Fahrer habe auch ich von einer großen Profi-Karriere geträumt – wenigstens einmal eine komplette WM-Saison fahren zu können. Ich bin meinem Vater sehr dankbar, weil er mir 2002 die Möglichkeit gab, ein Jahr als Profi zu absolvieren. Damals konnte ich fürs Schweizer «KS-Team» von Karl Steiner die Europameisterschaft, die Deutsche und die Schweizer Meisterschaft bestreiten. Aber weil ich meine Verträge danach immer mit Hostettler-Yamaha abschloss, war es für mich nicht mehr möglich, mich konsequent auf eine internationale Karriere zu konzentrieren, da der Fokus natürlich auf die Schweizer Meisterschaft gelegt werden musste.

Du hast im Verlauf deiner Karriere gegen sehr viele Fahrer gekämpft. Wer waren deine drei stärksten Schweizer und ausländische Gegner?

Über all die Jahre gesehen waren für mich die beiden Schweizer Philippe Dupasquier und Simon Baumann die härtesten Widersacher. Über Dupasquiers Qualitäten brauchen wir nicht groß zu reden; aber auch Simon hatte fahrerisch sicher mehr Talent als ich. Auch Julien Bill war für mich fast unschlagbar. Lediglich 2012 gelang es mir, ihn in Roggenburg einmal zu besiegen. Es war ein schönes Gefühl, vor dem damaligen MX3-Weltmeister die schwarz-weiß-karierte Flagge gezeigt zu bekommen.

Von den ausländischen Fahrern waren der Australier Justin Carafá und Dennis Verbruggen sehr stark, gegen die ich immer sehr gerne gefahren bin.

Als MX-Rider ergaben sich bestimmt auch Freundschaften zu Fahrern verschiedener Nationalitäten. Willst du darüber etwas sagen?

Neben vielen Schweizer Fahrern – allen voran Reto Vogelsang – und neben den bereits erwähnten Carafá und Verbruggen, hatte ich zum Belgier Kevin Wouts, den ich in Spanien kennenlernte, und zu den beiden Österreichern Philipp Walkner und Oswald Reisinger über viele Jahre ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Da ich zuletzt aber nicht mehr so viel im Ausland startete, haben diese Kontakte leider etwas abgenommen.

Wir haben über die Sponsoren geredet; wir wissen aber auch, dass die Eltern mindestens ebenso wichtig sind, wie die Sponsoren. Was willst du darüber sagen?

Mein Vater hat schon sehr früh erkannt, dass es zwingend wichtig ist, dass ich jede Möglichkeit nutzen sollte, um im Ausland fahren zu können – im Interesse meiner sportlichen Weiterentwicklung. Natürlich gehörte dazu auch stets ehrliche und harte Arbeit meinerseits. Mein Vater sah dies immer wieder; deshalb hat er mich auch immer unterstützt.

Auch meine Mutter hat in all’ den Jahren immer und unermüdlich mitgeholfen und mich stets unterstützt, sie hat sich immer perfekt um alles gekümmert, was im Hintergrund zu erledigen war. Zum Beispiel Klamotten waschen und so weiter – und sie hat immer super gekocht. Ich bin meinen Eltern unendlich dankbar, dass sie mir während 25 Jahren ermöglicht haben, meinen Sport so erfolgreich auszuüben.

Neben den Eltern gibt es bei vielen Sportlern eine weitere starke Person im Hintergrund – in deinem Fall ist es deine Verlobte Catjia.

Catjia ist für mich natürlich ebenfalls sehr wichtig. In den neun Jahren, in denen wir zusammen sind, gelang es ihr immer wieder, mich nach Misserfolgen oder nach Enttäuschungen aufzufangen, aufzumuntern und für die kommenden Rennen aufzubauen. Auch dank ihr habe ich meine Erfolge erzielen können; ich bin auch ihr sehr dankbar und ich bin sehr froh, dass ich sie habe.

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