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Nicolas Goubert (Michelin): Halten die Reifen durch?

Von Günther Wiesinger
Danilo Petrucci macht sich Sorgen

Danilo Petrucci macht sich Sorgen

Etliche MotoGP-Fahrer machen sich nach den vielen Stürzen vom Samstag Sorgen: Halten die Michelin-Rennreifen die 25 Runden in Barcelona durch? Interview mit Rennchef Goubert.

Nach dem Barcelona-Training erkundigten wir uns bei Nicolas Goubert, Projektleter von Michelin, wegen der Reifenprobleme auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya.

Nicolas, was wirst du den Fahrern für das MotoGP-Rennen empfehlen?

Niemand wird mit den weichen Reifen fahren. Nicht einmal Johann Zarco wird die weiche Mischung wählen, aber einige Fahrer werden auf die Medium-Mischung vertrauen. Es kann auch eine Mischung geben, zum Beispiel den harten Vorderreifen und den Medium-Hinterreifen. Manchmal wird man sich für Medium-Medium entscheiden, manchmal für Medium vorne und Hinterreifen hart.

Am Samstag passierten viele Stürze. Die meisten mit den harten Vorderreifen, richtig?

Ja, am Nachmittag haben die meisten Teilnehmer den harten Vorderreifen montiert. Deshalb sind auch die meisten Quali-Stürze mit dem harten Reifen geschehen.

Dieser Vorderreifen wird trotzdem eine Option für das Rennen sein?

Ja, auf jeden Fall. Ich weiß nicht, ob wir weniger Stürze gesehen hätten, wenn am Nachmittag 50 Prozent der Fahrer mit dem Medium Vorderreifen losgefahren wären. Das weiß niemand. Einige Fahrer sind sehr happy mit dem harten Reifen.

Werden alle Ducati-Fahrer den harten Vorderreifen nehmen? Denn sie beschweren sich über den Vorderreifen.

Nicht alle von ihnen. Einige werden den harten nehmen, andere den Medium.

Warum haben die Werks-Yamaha hier so viel Mühe?

Ich denke, sie haben Mühe, weil sie nicht zum Test gekommen sind, das ist eine Ursache. Die Ducati und Honda waren hier für den Test vor zwei Wochen. Yamaha fehlte.
So wie das Wochenende gelaufen ist... Das erste Training war nass, du konntest das Bike nicht abstimmen. Dann wurde für den zweiten Tag das Layout geändert, das alles hat Yamaha nicht geholfen.
Sie hatten wenig Zeit, um ein gutes Set-up zu finden.

Passen diese Reifen nicht zu Yamaha?

Das glaube ich nicht. Es haben alle Probleme, hier Grip zu finden. Diese Piste hat einen sehr alten Belag, er verschleisst die Reifen sehr stark. Und wenn du 50 Grad Asphalttemperatur hast wie am Samstag, dann wird die Angelegenheit noch mühseliger.
Und wenn du einen oder zwei Tage hier getestet hast, dann findet sich rascher ein Set-up als wenn du nicht da gewesen bist.
Ich gebe dir zwei Beispiele: In Le Mans wer Yamaha sehr stark, sie haben dort am Test teilgenommen. In Mugello war Ducati sehr stark; sie haben dort vorher privat getestet. Als einzige. Es ist definitiv ein Vorteil, wenn du zwei Wochen vor einem Grand Prix testen gehst.

Aber Cal Crutchlow hat auch in Barcelona getestet. Er ist zweimal gestürzt und startet von Platz 17. Er sagt, Michelin habe andere Reifen hier als beim Test.

Ja, ja. Abe ich glaube nicht, dass dies die Ursache ist. Dani Pedrosa war hier beim Test, er steht auf der Pole-Position. Hätte er hier nicht getestet, würde er nicht auf dem besten Startplatz stehen.

Marc Márquez war auch hier, er ist am Samstag viermal gestürzt.

Ja, aber Marc war schnell. Ich weiß nicht, ob er ohne diese zwei Quali-Stürze auf der Pole-Position gestanden wäre, aber er wäre in den Top-3 gewesen. Er war schnell, und er war schon am Freitagvormittag schnell.
Und ich bin sicher, er wird auch im Rennen schnell sein.

Von den drei besten Werken war Yamaha in Mugello stark, Honda ist hier stark. Nur Ducati hat den Performance-Level nach Mugello hoch gehalten. Warum?

Sie haben in Mugello und hier getestet, wie gesagt. Das ist ein sehr großer Vorteil. Dadurch haben sie ihre Performance stabil halten können. Ob sich Ducati jetzt stärker verbessert als die andern, das kann ich nicht beurteilen.

Diese Piste hat einen Belag, der für viel Verschleiss sorgt, sie hat aber wenig Grip.

Das ist einfach zu verstehen. Man spricht im Englischen von «pebbles». Wenn man Autoreifen testet, dann werden auf den Teststrecken gerade Streckenabschnitte gebaut, wo man solche Kieselsteine platziert, das sind teilweise recht große Steine, sie haben aber eine «micro roughness», wie wir das nennen, es sind also sehr rutschige Steine. Wie grob und abschleifend so ein Belag ist, das wird dadurch festgelegt, wie eng die Steinchen nebeneinander liegen.
Je weiter die Kieselsteine auseinander liegen, desto aggressiver ist der Asphalt, desto mehr Reifenverschleiss hast du. Wenn die Abstände zwischen Kieselsteinen gering sind, wird der Verschleiss geringer. Wenn die Aspajlt wie hier 12 oder 13 Jahre alt und verschlissen ist, sinkt der Grip, das ist dann ähnliche wie bei Steinen, die man aus einem Fluss oder Bach holt. Sie sind glatt, völlig abgeschmirgelt.

Um wie viel hat sich der Zustand des Belags seit dem letzten Jahr verschlechtert?

Hm, das lässt sich schwer beziffern. Aber wenn du die Quali-Zeit anschaust, dann sind wir 0,2 Sekunden schneller. Ich bin überzeugt, dass die Reifen deutlich besser geworden sind, der Zeitunterschied würde also bei identischem Grip wie 2016 erheblich deutlicher ausfallen.
Die Asphalttemperatur im Qualifying im Vorjahr lag bei 41 Grad.
Wenn ich raten muss, dann sage ich: Durch den schlechter gewordenen Verlag verlieren wir 3 oder 4 Zehntel.

Überraschen dich nach dem Test die Schwierigkeiten, die sich hier präsentieren? Jack Miller fürchtet sogar, dass manche Fahrer zum Reifenwechsel an die Box fahren werden.

Wir hatten starken Verschleiss hier beim Rennen 2016, beim Test vor zwei Wochen war es nicht anders. Das kam nicht überraschend. Aber der Verschleiss ist sogar grösser als beim Test vor zwei Wochen.

Wer seine Reifen für die letzten der 25 Rennrunden am besten schont, wird also gewinnen?

Das hängt davon ab, an welcher Stelle er sich dann befindet. Aber auf einer Piste wie hier, wo man weiß, dass die Rundenzeiten stark sinken, wird sich das beste Reifen-Management der Fahrer am Schluss bezahlt machen.

Wurden die Mischungen nach dem Test noch einmal verändert, wie Crutchlow mutmasst?

Den härtesten Vorderreifen, den wir beim Test probiert haben, diese Mischung haben wir im Programm, und zwar auf der rechten Reifenseite. Da wir nur einen Tag richtig getestet haben, konnten wir nicht mit jedem erdenklichen Reifen Long-runs absolvieren. Wir dachten, wir würden auf der sicheren Seite mit der rechten Reifenhälfte sein. Wir vermuteten, wir würden kaum Verschleiss haben. Das ist aber nicht der Fall, wir sehen sogar bei den harten Mischungen einigen Verschleiss.
Aber ich denke, die Situation wird besser sein als im letzten Jahr.
Denn 2016 hatten wir einen starken Verschleiss, in erster Linie vorne, aber teilweise auch hinten. In diesem Jahr sollte die Situation besser sein.
Denn wir benutzen härtere Reifen als letztes Jahr.

Die Reifen lassen nach fünf, sechs Runden stark nach. Petrucci meinte, die zweite Rennhälfte könnte «verrückt» werden. Miller sagte, der asymmetrische Vorderreifen sei unbrauchbar. Müssen sich die Fahrer Sorgen machen?

Es wird ein Verschleiss stattfinden. Diese Piste verlangt den Hinterreifen viel ab. Petrucci, auch wegen seinem Gewicht, wird das zu spüren bekommen. Auf den meisten Pisten wirkt sich das bei ihm nicht stark aus, aber er beansprucht den Hinterreifen stärker als manche andere Fahrer.
Deshalb gehört er zu den Piloten, die im Rennen den harten Hinterreifen nehmen werden. Aber es besteht kein Grund zur Beunruhigung.
Niemand muss sich Sorgen machen. Die Rundenzeiten werden steigen, in den letzten drei Runden auf jeden Fall. Aber die Reifen werden durchhalten.

 

 

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