MotoGP: Crash kostet Marquez das Podium

Nostalgie und MotoGP-Wirklichkeit: Honda RC213V-S

Kolumne von Thomas Kuttruf
Der weltgrößte Motorradhersteller lässt in Thailand nichts aus um die Marke mit dem Flügel ins beste Licht zur rücken. Eine Replika der unschlagbaren Honda RC213V vergangener Tage zieht auch heute noch viele Blick an.

Rennstrecke Buriram. Besucher des MotoGP-Festivals in Thailand kommen gar nicht umher, die Auftritte der japanischen Motorradgiganten zu übersehen. Kilometer vor der Rennanlage leitet eine XL-Beflaggung zum Tempel des Rennsports. Angekommen, weisen gigantische Promotion-Flächen und Markenzelte den Weg. Honda und Yamaha schenken sich im Übrigen nichts wenn es darum geht, sich gegenseitig in der Marketing-Disziplin zu überbieten.

Zur Orientierung: Der Aufwand, den die Japaner beim Thailand-GP in Sachen «Promo» betreiben, dürfte vergleichbar sein mit der Teilnahme der Werke an der jährlichen Motorrad-Weltausstellung EICMA in Mailand. Ohne Häme, Besucher des Spektakels kommen voll auf ihre Kosten. Und auch wenn sich das Leben in Thailand für 98-Prozent der Kunden in der 150-Kubik-Liga abspielt, das Thema Zweirad wird gelebt und geliebt. Echte Begeisterung, vor allem vieler junger Menschen – und ein fühlbarer Kontrast zur oft überheblich wirkenden Motorradkultur in Europa.

Auch im Fahrerlager selbst wird nicht mit Dekoration gespart. Fast beiläufig wurde neben dem Eingang der Team-Hospitality der Honda-Rennabteilung HRC eine rare RC213V-S platziert. Ein kurioses, aufregendes und auch deshalb ungemein spannendes Rennmotorrad, weil es unweigerlich die Gedanken in Bewegung bringt.

Die Maschine ist auf der einen Seite völlig aus der Zeit gefallen. Denn die RC213V-S entstand bereits Anfang 2015 und damit inmitten einer Rennsportära, als die Marke mit dem Flügel in der Königsklasse dominierte – vergleichbar Ducati ein Jahrzehnt später. Mit dem Unterschied, Honda setzte damals auf nur zwei reine Werks-Protagonisten (Marquez/Pedrosa) und fuhr auch damit souverän zum Titel.

Als wäre den Honda-Racing-Maniacs langweilig geworden, wurde eine käufliche Replik der Werks-MotoGP-RC-V realisiert. Mit dem identischen Antriebskonzept, entkorkt 215 PS stark, 160 Kilo leicht und mit voller Brause aus der HRC-Box knapp über 200.000 Euro teuer, war ein reines Prestige-Motorrad entstanden. Selbstverständlich mit Straßenzulassung. Eine fast schon provokative Botschaft an den Markt: Honda kann alles.

Das Motorrad selbst war und ist dabei mehr als ein strategischer Spielstein. Der Vierzylinder im V-Format ist vor allem auch eine Liebeserklärung der Konstrukteure an den Rennsport. Denn es geht hier nicht um schiere Leistung und fetzige Eckdaten, die RC213V-S steht für Hingabe und eine Technik-Philosophie, die es in dieser Form nur bei Honda gibt. Der Begriff der Perfektion ist hier was zu oberflächlich. Es ist eine Art von Kunst, die sich nicht in einem Lastenheft abbilden lässt.

Als ich vor der Maschine stehe, fällt mir eine Situation aus dem Winter 2002/2003 ein. HRC hatte nach Valencia geladen für einen Ritt auf Rossis-Werksrenner. Während ich gefühlt den ganzen Tag auf meinen 5-Runden-Turn wartete, hatte ich ausgiebig Zeit, das Treiben in einer Nachbarbox zu beobachten. Eine ganze Gruppe von HRC-Technikern war dort um eine RC-V auf einer Hebebühne versammelt. Dutzende Male wurde die linke Fußrastenanlage demontiert.

Es ging offensichtlich um das korrekte Spiel der Lagerung. Stundenlang wurden Hülsen und Buchsen jongliert. Techniker verschwanden, kamen wieder mit neuen Varianten. Ein nicht enden wollendes Spiel einer ganzen Schar japanischer Techniker, die sich partout nicht meiner nur funktionierenden Lagerung zufriedengeben wollten. Es musste perfekt sein. Akribie, die mir bis heute unvergessen ist.

Exakt jene Aura geht auch Ende 2024 von der Maschine im Fahrerlager von Buriram aus. Sie strahlt und zieht all jene an, die in einem Rennmotorrad mehr sehen als ein rohes Instrument, um Rundenrekorde zu knacken.

Seit drei Tagen laufe ich an der RC213V-S vorbei, bewundere und beobachte. Zuletzt Romano Albesiano – den Technik-Chef bei Aprilia Racing, der 2025 in HRC-Diensten stehen wird. Der Italiener stand genauso verträumt vor dem raren Youngtimer wie Dorna-Manager, Presseleute, Ex-Racer, TV-Experten und etliche Techniker, die ihren Beruf lieben. Es ist keine Schande, ganz gleich welches Hersteller-Logo aufs Hemd gestickt wurde.

Tatsache ist aber auch, selbst die größte Hingabe und Fähigkeit, das scheinbar perfekte Gemälde eines Rennmotorrads mit der Erfahrung aus 42 Jahren – HRC wurde als Rennabteilung offiziell 1982 installiert – zu entwerfen, reicht 2024 nicht aus, um in der MotoGP-Welt den Ton anzugeben.

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