Martin-Clash: MotoGP-Transfer-Karussell beschleunigt!
Vor einem Jahr ging es auf dem Transfermarkt der MotoGP außergewöhnlich hoch her. Hintergrund: Ende 2024 liefen über ein Dutzend aller Fahrerverträge aus. Die Folge war ein strategisches Spiel um die begehrten Plätze bei den offiziellen Werksmannschaften, wie es die MotoGP bislang noch nicht erlebt hatte.
Als die großen Deals, allen voran die Vereinbarung des Weltmeisters mit Aprilia, eingetütet waren, kehrte Ruhe ein. Alle großen Namen des Fahrerlagers – Marc Marquez, Jorge Martin, Pecco Bagnaia, Pedro Acosta, Fabio Quartararo, Fabio Di Giannantonio, Maverick Vinales, Enea Bastianini – sie alle waren nun für zwei Jahre an ein Werk gebunden.
2025 sollte die Situation am Transfermarkt daher ausgesprochen übersichtlich bleiben. Bei den Werksteams läuft mit Ende der laufenden Saison lediglich ein Vertrag aus. Luca Marini, 2024 von Ducati ins Honda-Lager gewechselt, unterschrieb damals für zwei Jahre. Sollte kein sportliches Wunder eintreten, wird es eng für den Halbbruder von Valentino Rossi. WM-Rang 13 – zu wenig für den wieder an Kraft zulegenden Giganten aus Japan.
Neben der Vereinbarung von Marini enden auch die Verträge von Johann Zarco (LCR-Honda), Franco Morbidelli (VR46) sowie Jack Miller (Pramac-Yamaha). Interessant auch: Miguel Oliveira unterschrieb an der Seite von Miller bei Yamaha zwar für zwei Jahre, doch ist die Saison 2026 an Resultate gebunden. Da Olivera verletzungsbedingt bislang keine Chance hatte, sich zu beweisen, gilt sein Platz auf der M1 vorerst als gesichert.
Wie bereits mehrfach auf SPEEDWEEK.com berichtet, ist es mehr als nur ein Gerücht, dass Superbike-Weltmeister Toprak Razgatlioglu in die MotoGP will – und dazu sowohl mit Honda als auch mit Yamaha im Gespräch ist. Eine andere Option schien bislang nicht möglich.
Dann jedoch der große Knalleffekt aus dem Lager von Jorge Martin. Als letzte Woche aus dem Umfeld des verletzten Weltmeisters heraussickerte, dass eine Trennung von Aprilia mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird, änderte sich schlagartig alles. Denn mit einem potenziell arbeitsuchenden Champion und einem frei gewordenen Platz in einem reinrassigen Werksteam nahm das Transferkarussell mit einem Schlag doppelte Geschwindigkeit auf.
Auch wenn aus dem Lager von Aprilia weiter keine Kommentare zu dem Angebot des Weltmeisters vorliegen, eine finale Entscheidung erst nach sechs weiteren GP-Events zu treffen – die Mannschaft von Massimo Rivola sieht keine Alternative zu dem bestehenden Vertrag. Während alles auf ein Match unter Juristen hinausläuft, muss sich Rivola Gedanken über einen Nachfolger machen.
Kurzfristig ließe sich Rookie Ai Ogura (Trackhouse) ins Spiel bringen, dennoch bliebe im Aprilia-Konstrukt eine Lücke. Um die zu füllen, kämen ab 2026 mit Marini, Morbidelli und Miller drei etablierte Piloten infrage. Aus dem Lager der Moto2 empfiehlt sich Manuel Gonzalez in überragender Form. Plus – Superbiker Razgatlioglu aus der Türkei.
Fakt ist, durch den sehr wahrscheinlich zusätzlich freien Platz erhöhen sich die Transferoptionen. Die Liste der Varianten erreicht schon jetzt eine beachtliche Länge:
Martin verlässt Aprilia und wechselt zu Honda.
Morbidelli wechselt zu Aprilia, Marini kommt von Honda zurück zu VR46.
Miller kommt zu Aprilia, Morbidelli kehrt zu Pramac – aber auch zur zuletzt ungeliebten Yamaha zurück.
Miller kommt zu Aprilia, Razgatlioglu kommt zu Pramac, Marini geht zu VR46 – und Morbidelli ist raus.
Razgatlioglu kommt zu Aprilia, Miller bleibt bei Pramac, Marini geht zu VR46 – und Morbidelli ist raus.
Oder: Razgatlioglu kommt zu Aprilia, Miller bleibt bei Pramac, Morbidelli bleibt VR46 – und Marini ist raus.
Oder: Es ergibt sich für den Superbike-Champion keine gute Konstellation und der Wechsel wird um ein Jahr verschoben. Denn zur Saison 2027 werden auch wieder die begehrtesten Ducati-Positionen neu ausgeschrieben.
Dem Management von Toprak Razgatlioglu kam die Aprilia-Martin-Affäre jedenfalls nicht zugute. Verhandlungspartner Honda dürfte vom Superbike-Champion ohne GP-Erfahrung auf den, dazu noch jüngeren MotoGP-Weltmeister umschwenken. Mit Aprilia bietet dafür eine frische Option in einer Werksstruktur.
Wechselt «El Turco» 2026 nicht ins MotoGP-Paddock, erhöhen sich die Chancen für Miller, Marini und Morbidelli, weiter im Geschäft zu bleiben.
Und Johann Zarco? Der Held des Frankreich-GP und der gesamten Honda-Mannschaft wird von seinem Arbeitgeber geschätzt für den großartigen Einsatz – für 2026 dürfte allerdings nicht mehr als ein aufgepolsterter frischer Vertrag bei LCR-Honda herauskommen. Dass sich der Racer aus Cannes, dann 35 Jahre jung, nochmals einem neuen Großprojekt – Aprilia – verschreibt, darf bezweifelt werden.
Aus dem zunächst lauen Transfermarkt ist nach dem Zerwürfnis zwischen Jorge Martin und Aprilia wieder ein hochbrisanter Marktplatz geworden.